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Der Polizistenmörder

Der Polizistenmörder

Titel: Der Polizistenmörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maj Sjöwall;Per Wahlöö
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seiner fleischigen rechten Faust auf den Tisch, aber es schien nicht so, als ob er damit etwas Besonderes bewirken wollte.
    »Wann hat das denn angefangen?«
    »Im gleichen Moment, als ich ihr kein Geld mehr gab.« Martin Beck schwieg.
    »Aber ich bin noch ziemlich lebendig. Ich glaube, daß ich noch ein paar Jahre so weitermachen kann.«
    Er starrte Martin Beck düster an und fuhr fort: »Mehrere Jahre. Der Teufel mag wissen, wie viele. In dieser Hölle.« Märd trank sein Glas in einer Art Raserei aus.
    »Das Land, das am meisten für seine Bürger getan hat. Sogar im Ausland ist darüber gesprochen worden. Wenn man dann diese Scheißgesellschaft sieht, wundert man sich darüber, wie die es geschafft haben, so viele Lügen und Propaganda zu verbreiten.«
    Er goß sich wieder ein.
    Martin Beck wußte nicht recht, was er tun sollte. Er wollte Märd in nüchternem Zustand halten, aber auch dessen Laune nicht verderben.
    »Saufen Sie nicht so viel«, sagte er versuchsweise.
    »Was?«
    Der Mann schien fassungslos.
    »Was haben Sie gesagt? Hier in meinem eigenen Haus?«
    »Ich habe gesagt, daß Sie nicht so viel saufen sollen. Das ist nichts weiter als ein guter Ratschlag. Außerdem will ich mit Ihnen sprechen und vernünftige Antworten bekommen.«
    »Vernünftige Antworten? Wie soll man denn vernünftig sein, wenn man in dieser Scheiße sitzt? Glauben Sie tatsächlich, daß ich der einzige bin, der hier in diesem wunderbaren Land sitzt und sich zu Tode säuft?« Martin Beck wußte nur allzu gut, daß Märd nicht der einzige war, der sich im gleichep Dilemma befand. Für einen nicht geringen Teil der Bevölkerung schienen Alkohol und Rauschgift die einzige Lösung zu sein. Das galt für junge und alte Menschen.
    »Sie müßten sich nur mal die Kerle draußen in meinem sogenannten Restaurant ansehen. Das Schlimmste dabei ist, daß nicht ein einziger davon beim Trinken glücklich ist. Nein, das macht ungefähr genausoviel Spaß, als wenn man den Gashahn aufdreht und dann wieder zumacht, wenn man genügend groggy geworden ist. Und dann wieder auf mit dem Hahn, wenn man so weit auf den Beinen ist, daß man seine Umgebung deutlich wahrnimmt.«
    Märd starrte dumpf auf sein schmutziges Glas.
    »Früher, wenn ich getrunken habe, hat es mir Spaß gemacht. Das ist der Unterschied. Das war früher, wie gesagt. Damals ging es munter her. Aber nicht hier. In anderen Ländern.«
    »Zum Beispiel in Trinidad-Tobago?« Märd schien völlig unberührt.
    »Aha. Es ist euch geglückt, die Geschichte auszugraben. Das habt ihr gut gemacht. Hätte ich wirklich nicht geglaubt, daß ihr so tüchtig seid.«
    »Oh, wir kriegen eigentlich ‘ne ganze Menge raus. Tatsächlich fast alles.«
    »Das glaubt man kaum, wenn man die Polypen draußen in den Straßen sieht. Ich habe mich oft gefragt, warum man Menschen zu Bullen ausbildet. Im Tivoli in Kopenhagen steht ein mechanischer Mensch, der die Pistole zieht und schießt, wenn man ein Geldstück einwirft. Den könnte man doch leicht so umkonstruieren, daß er den anderen Arm hebt und mit einem Gummiknüppel zuschlägt. Und dann baut man ein Tonband ein, das »Wie geht es?‹ fragt.«
    Martin Beck lachte. »Das ist immerhin ein Vorschlag.« Worüber er eigentlich lachte, war die Vorstellung, was der Reichspolizeichef zu Bertil Märds Vorschlag für die Reorganisation des Polizeikorps sagen würde. Aber das sprach er nicht aus.
    »Ich hatte damals Glück«, erzählte Bertil Märd. »Einen Kerl erschlagen und vier Pfund Bußgeld aufgebrummt kriegen. In vielen Ländern wäre man dafür gehängt worden.«
    »Vielleicht.«
    »Hier natürlich nicht. Aber hier kann auf der anderen Seite ein Haufen Banditen die Existenz eines ganzen Volkes zerstören. Die bekommen nicht mal vier Pfund Bußgeld, sondern werden Regierungspräsidenten und haben Freiflüge zu ihren Banken in Liechtenstein und Kuweit. Doch nichts gegen Liechtenstein und Kuweit. Sind beides gute Länder.«
    Märd stöhnte plötzlich auf und preßte die rechte Handfläche gegen sein Zwerchfell.
    »Was ist denn?« fragte Martin Beck. Märd nahm das Glas und trank es zur Hälfte aus. Er atmete tief, und Martin Beck wartete eine Weile. Dann wurde Märds Blick wieder klar, und er fuhr fort: »Aber Sie wollten ja über Sigbrit sprechen. Sie wurde also von dem Sexidioten, der in ihrer Nachbarschaft wohnte, ermordet. Und nun haben Sie ihn eingelocht und können ihn ins Irrenhaus sperren, wo er sowieso hingehört. Wenn Sie ihn nicht festgenommen hätten,

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