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Der Portwein-Erbe

Titel: Der Portwein-Erbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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Betriebs?«, fragte er schroff,
     aber von der Antwort hing ab, ob er sich die Quinta überhaupt ansehen würde. Schulden durfte er sich auf keinen Fall aufhalsen.
    »Wir werden uns mit dem Steuerberater zusammensetzen, oder ich komme mit ihm zusammen rauf, dann werden wir auch Dona Firminas
     Küche genießen und schauen uns die Bilanzen der letzten Jahre an. Der
consultor fiscal
spricht zwar kein Englisch, so wie ich, aber ich biete mich als Übersetzer an. Es laufen einige Kredite zu äußerst niedrigen
     Zinsen, die dienten zur Finanzierung von Trockenmauern und zur Neuanlage von Weinbergen, auch im Keller wurde modernisiert,
     neue Tanks, Kühlung. Der größte Teil wurde aus EG-Fördermitteln bestritten, bis zu 60 Prozent. Die brauchen nicht zurückgezahlt
     zu werden. Alles in allem übernehmen Sie ein gesundes Unternehmen.«
    Pereira erklärte und erläuterte, Nicolas fragte nach, machte Notizen und notierte Namen und Telefonnummern. So sehr er auch
     suchte, er fand kein Haar in der Suppe. Und genau dieser Umstand machte ihn stutzig. Das Ganze war gegen die Regeln: Nichts
     im Leben ging glatt über die Bühne, überall gab es einen Haken.
    »Es gefällt mir, wie Sie fragen«, meinte Pereira, und seine Sympathie schien echt zu sein. »Ihre Art erinnert mich sehr an
     Chico, ich meine an Ihren Onkel. Wir standen uns persönlich nahe. Besonders ähnlich, das hörte ich bereits am Telefon, sind
     Ihre Stimmen, geradezu verblüffend. Wenn Sie sprechen, scheint er mir gegenüberzusitzen. Er saß oft auf diesem Stuhl, auf
     dem Sie jetzt sitzen.«
    »Woher kennen Sie ihn oder vielmehr kannten Sie ihn?«, fragte Nicolas.
    »Uns verband eine lange Freundschaft. Ich habe ihn auf einer Versammlung in Lissabon getroffen.« Pereira grinste. »Er hat
     damals in einer Kooperative im Alentejo gearbeitet,   |71| auf der Versammlung ging es um die Rechte der Landarbeiter. Wir sind ins Gespräch gekommen, damals hat jeder mit jedem geredet,
     man war sich einig. Wir waren ein Volk, bis auf die Kreise, die mit dem Regime sympathisierten. Unter uns entstanden die Grenzen
     später, als einige gleicher wurden als andere. Ich denke da an die Schweine aus George Orwells ›Farm der Tiere‹. Ich stamme
     aus einer traditionellen und konservativen Familie, müssen Sie wissen, genau wie Chico – und Sie. Ich bin nach Porto gegangen,
     da haben wir uns später wieder getroffen. Ich half beim Aufbau seiner Quinta, das war für einen Ausländer damals nicht leicht.
     Daher kenne ich seinen Werdegang.«
    Pereira ging zu einem Sideboard, wo er aus einem eingebauten Kühlschrank ein Flasche holte, deren Etikett Nicolas bekannt
     vorkam: Nur wenige Linien umrissen einen Berg, ein Haus und einen Fluss, schwarz auf weiß, klar, eindeutig – es wurde deutlicher,
     was Friedrich ihm hinterlassen wollte.
    Der Anwalt blieb mit der Flasche und zwei Gläsern in der Mitte des Raums stehen und betrachtete die Wände, die Bücherregale
     und Aktenschränke. Nicolas gewann den Eindruck, dass Pereira und Hassellbrinck einiges gemeinsam hatten; das mussten sie wohl
     auch, schließlich waren sie Kollegen und arbeiteten international zusammen.
    Pereira stellte die Kristallgläser auf den Tisch und nestelte an der Flasche, dann reichte er sie Nicolas.
    »Machen
Sie
das, Sie werden sich daran gewöhnen müssen. Wissen Sie, dass ich ihn gefragt habe, weshalb er gerade Ihnen die Quinta hinterlässt?
     Er habe seine Gründe, das war die knappe Antwort. Und Sie sollten wissen, dass er diese Verfügungen erst im Februar dieses
     Jahres getroffen hat. Aber wem sonst hätte er seinen Besitz hinterlassen sollen?«
    »Dieser ... Madalena Barbalho, immerhin war sie seine Frau.«
    |72| »Sie waren nicht verheiratet.« Pereira hob nur den Kopf, ausdruckslos die Augen. »Den Besitz hinterlässt man keinem Fremden,
     so weit war Chico Portugiese, immerhin hat er 30 Jahre hier gelebt, und die Familie hat ihm immer etwas bedeutet. Über die
     Entwicklung war er nicht glücklich, glauben Sie mir, er hätte es lieber anders gehabt. Aber sich mit seinem Bruder das Baugeschäft
     teilen? Unvorstellbar! Wir haben stundenlang darüber geredet, vor vielen Jahren, es ist ihm nicht leicht gefallen, er mochte
     seinen Bruder, aber sie kamen nicht miteinander aus. An eine Zusammenarbeit war nicht zu denken, eine gemeinsame Führung,
     eine Doppelspitze im selben Konzern? Es wäre einer Selbstaufgabe gleichgekommen, für Ihren Onkel ein zu großes Opfer. Für
     wen hätte er es

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