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Der Portwein-Erbe

Titel: Der Portwein-Erbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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tief in die Nacht hörte er sich Songs der Stones und Beatles an, besonders ›Lovely Rita‹
     vom Album ›Sergeant Pepper’s Lonely Hearts Club Band‹ faszinierte ihn. Friedrichs  |196| Plattensammlung war unerschöpflich. Und da waren noch die übervollen Bücherregale zu entdecken: Mit Portugal hatte er sich
     bislang noch nicht beschäftigt.
     
    Als er einige Tage später von der Untersuchung im Krankenhaus zurückkam, musste er in einer Staubwolke hinter einem Kleinwagen
     herfahren, der vor ihm die Piste zur Quinta hinaufkroch. Am Steuer saß eine Frau, die sich mehrmals umschaute, denn Nicolas
     fuhr dicht auf, um ihr Gesicht zu erkennen, bekam aber nur welliges, kastanienbraunes Haar zu sehen. War Dona Madalena eingetroffen?
     Dann würde es endlich so weit sein, die anstehenden Fragen zu klären.
    Es war eine herbe Enttäuschung, als eine junge Frau ausstieg, nachdem sie ihren Wagen vor dem Haupthaus geparkt hatte. Das
     konnte unmöglich Dona Madalena sein. Doch ihr Aussehen, ihr Blick und ihre ganze Erscheinung entschädigten Nicolas für die
     Enttäuschung. Es gefiel ihm, wie sie ihn anlächelte, es gefiel ihm, wie sie erstaunt erst ihn und dann den Geländewagen musterte,
     als wundere sie sich, dass er ausstieg. Was ihm aber nicht gefiel, war, dass Gonçalves kam und sie ins Büro zerrte, wo er
     auf sie einredete.
    Nicolas setzte sich an seinen Schreibtisch, erstaunt sah die Frau herüber. Sie mochte etwas jünger sein als er, hatte ein
     offenes, schmales Gesicht und eine ausgeprägte Mimik. Es war ein Gesicht, in dem sich lesen ließ. Ob sie von der Sonne gebräunt
     oder von Natur aus ein dunkler Typ war, ließ sich nicht sagen. Während Gonçalves redete, betrachtete sie den unaufgeräumten
     Schreibtisch. Nicolas glaubte zu wissen, worüber die beiden sprachen, denn sie fuhr zurück, sah Gonçalves erschrocken an,
     legte eine Hand vor den Mund, dann blickte sie über die Schulter zu ihm und fragte etwas. Sicher sprach der Verwalter von
     Friedrichs Tod und erklärte, wer an Friedrichs Schreibtisch saß. Nicolas |197| hätte zu gern gewusst, was der Verwalter über ihn sagte.
    Das Gespräch dauerte zehn Minuten, dann erhob sich Gonçalves und wies auf die Tür. Das war eine klare Aufforderung zu gehen,
     der die junge Frau mit einem Lächeln folgte. Auch Nicolas stand auf und trat auf den Korridor. Diese Frau durfte er auf keinen
     Fall gehen lassen, ohne sie anzusprechen, doch Gonçalves trat ihm in den Weg. Irgendwann, Gonçalves, haue ich dir fürchterlich
     aufs Maul, schwor sich Nicolas, als ihn eine Welle heißer Wut überschwemmte. In seinem Zorn hielt er den Verwalter am Kragen
     fest.
    »
Hello, do you speak English?
«, fragte er die Besucherin und versuchte sein charmantestes Lächeln.
    »Das auch, aber Deutsch spreche ich besser«, antwortete sie, und ihr Blick bedeutete Gonçalves, dass er gehen konnte. Mit
     dumpfem Hass stierte ihn der Verwalter an. Wenn er jetzt auf der Stelle kündigte, wäre es Nicolas mehr als recht. Er würde
     es ohne ihn schaffen. Aber Gonçalves tat ihm den Gefallen nicht und blieb stehen.
    »Sie sprechen Deutsch?«, fragte er erstaunt. »Wieso das? Warum?«
    »Wir haben dieselbe Nationalität, Herr Hollmann«, sagte sie. »Senhor Frederico war Ihr Onkel? Mein aufrichtiges Beileid.«
    Nicolas griff neben die ausgestreckte Hand, weil er sich nicht vom Anblick ihrer Augen losreißen konnte. Dann hielt er sie
     zu lange fest. Er wurde verlegen wie selten, wusste nicht, was oder ob er etwas antworten sollte, also ergriff sie das Wort.
    »Ihr Onkel war ein wunderbarer Mensch, sein Tod ist ein großer Verlust für uns alle, auch für mich.« Sie bemerkte, dass Gonçalves
     stehen geblieben war. »
Pode deixar a gente, seu Gonçalves, está todo perfeito, obrigada
«, sagte sie kurz und beobachtete mit kaum merklich hochgezogenen Brauen, wie der Verwalter sich widerwillig trollte.
    |198| Nicolas konnte die Augen nicht von dieser Frau lassen. Er wurde unsicher, das Gefühl wurde so körperlich, dass er fürchtete,
     sie könnte ihm ansehen, wie wunderbar er sie fand und was in ihm vorging. Er wollte sie gern hierbehalten. Er wollte sie kennenlernen,
     und gleichzeitig genierte er sich. Teufel, das war sein Wort, Teufel auch. »
Diabo
«, sagte er leise.
    »Was sagten Sie? Senhor Gonçalves erwähnte, Sie sprächen kein Portugiesisch.
Diabo?
Ich kannte Ihren Onkel, ich kann gar nicht verstehen, was passiert ist. Wir haben uns Anfang des Jahres erst getroffen,

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