Der Präsident
fällen müssen. Er musste an sich halten, um nicht die Treppe hinunterzustürmen und ihr den Kragen umzudrehen. Aber eines schwor er sich: Bill Burton wollte dafür sorgen, dass diese Frau leiden musste, und wenn es das letzte sein sollte, was er tat. Aus dem sicheren Schoß ihrer machtvollen Position würde er sie reißen und sie direkt in die beschissene Wirklichkeit schleudern, und jeden Augenblick davon würde er genießen.
Gloria Russell überprüfte im Spiegel ihr Haar und den Lippenstift. Sie wusste, dass sie sich töricht wie ein verliebter Teenager aufführte, doch Tim Collin besaß eine so naive und doch maskuline Ausstrahlung, dass sie tatsächlich von ihrer Arbeit abgelenkt wurde. So etwas war noch niemals vorgekommen. Doch es war eine historische Tatsache, dass Männer in machtvollen Positionen sich nebenher auch etwas Spaß gönnten. Russell war keine überzeugte Feministin und fand daher nichts dabei, es ihren männlichen Gegenstücken gleichzutun. Sie betrachtete es einfach als eine Vergünstigung, die mit ihrer Position einherging.
Während sie aus dem Kleid und der Unterwäsche und in ihr durchsichtigstes Nachthemd schlüpfte, erinnerte sie sich daran, weshalb sie den jungen Mann verführte. Aus zwei Gründen brauchte sie ihn. Zum einen wusste er über den Mist Bescheid, den sie mit dem Messer gebaut hatte, und sie musste zweifelsfrei sicherstellen, dass er es für sich behielt. Zum anderen brauchte sie seine Hilfe, um das Beweisstück zurückzubekommen. Das waren triftige, vernünftige Gründe – und dennoch, heute Nacht, so wie in all den Nächten zuvor, dachte sie nicht im entferntesten vernünftig.
Im Augenblick fühlte sie sich, als könnte sie den Rest ihres Lebens jede Nacht mit dem Mann ins Bett steigen, ohne der Gefühle überdrüssig zu werden, die nach jeder Vereinigung ihren Körper durchfluteten. Ihr Gehirn wusste tausend Gründe aufzuzählen, warum sie besser damit aufhören sollte, doch der Rest ihres Körpers wollte diesmal nicht hören.
Ein wenig zu früh klopfte es an der Tür. Rasch machte sie ihre Haare fertig, überprüfte abermals das Make-up und schlüpfte hastig in die Stöckelschuhe, während sie bereits den Gang entlangeilte. Als sie die Eingangstür öffnete, glaubte sie, jemand hätte ihr einen Dolch in die Brust gestoßen.
»Was wollen Sie denn hier?«
Burton stellte einen Fuß in die halb geöffnete Tür und stemmte eine Hand dagegen.
»Wir müssen uns unterhalten.«
Unbewusst suchte Russell hinter ihm nach dem Mann, mit dem sie heute Nacht ins Bett zu gehen gedacht hatte.
Burton bemerkte den Blick. »Tut mir leid, heute gibt es kein Schäferstündchen, Chefin.«
Sie versuchte, die Tür zuzuschlagen, konnte den hundertzwanzig Kilo schweren Burton jedoch keinen Millimeter bewegen. Mit niederschmetternder Leichtigkeit schob er die Tür auf, trat herein und schlug sie hinter sich zu.
In der Diele stehend musterte er die Stabschefin, die mittlerweile verzweifelt zu verstehen versuchte, was er hier wollte, und gleichzeitig danach trachtete, heikle Zonen ihres Körpers zu bedecken. Beides verlief erfolglos.
»Raus hier, Burton! Wie können Sie es wagen, hier einzudringen? Das werden Sie bereuen.«
Burton trat ins Wohnzimmer, wobei er sie wie beiläufig zur Seite schob.
»Entweder reden wir hier oder anderswo. Das liegt an Ihnen.« Sie folgte ihm ins Wohnzimmer.
»Wovon, zum Teufel, sprechen Sie? Ich habe gesagt, Sie sollen verschwinden. Sie vergessen wohl, wo Sie in der offiziellen Hierarchie stehen, was?«
Er wandte ihr den Blick zu. »Gehen Sie immer so angezogen an die Tür?« Collins Interesse an ihr konnte er verstehen. Das Nachthemd war kaum geeignet, die sinnliche Figur der Stabschefin zu verbergen. Wer hätte das gedacht? Trotz vierundzwanzig Jahren mit derselben Frau und vier Kindern, die dieser Ehe entstammten, hätte Burton sich diesen Reizen kaum verschließen können, wenn er die halb nackte Frau vor sich nicht so abgrundtief verabscheut hätte.
»Scheren Sie sich zum Teufel! Fahren Sie geradewegs zur Hölle, Burton.«
»Dort enden wir wahrscheinlich alle, also warum ziehen Sie sich nicht etwas an, wir unterhalten uns, und ich verschwinde wieder. Aber vorher gehe ich nirgendwo hin.«
»Sind Sie sich eigentlich bewusst, was Sie tun? Ich kann Sie zerquetschen.«
»Ach ja!?« Erholte die Fotos aus der Tasche seines Jacketts hervor und warf sie auf den Tisch.
Russell gab sich Mühe, ihnen keine Beachtung zu schenken, doch schließlich hob sie
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