Der Präsident
die Bilder auf. Mit einer Hand musste sie sich am Tisch abstützen, um die zitternden Beine zu entlasten.
»Sie und Collin sind ein hübsches Paar. Wirklich. Ich denke, die Medien werden das angemessen zum Ausdruck bringen. Könnte einen interessanten Aufmacher der Woche abgeben. Meinen Sie nicht auch? Stabschefin vögelt sich mit jungem Secret-Service-Agenten die Seele aus dem Leib. Man könnte es auch den ›Fick, der um die Welt ging‹ nennen. Das klingt doch ziemlich reißerisch, was?«
Russell schlug ihn, härter als sie jemals jemanden geschlagen hatte. Schmerz schoss durch ihren Arm. Es fühlte sich an, als hätte sie gegen einen Baumstamm gedroschen. Burton packte ihre Hand und drehte sie ihr auf den Rücken, bis sie vor Schmerz nach Luft schnappte.
»Hören Sie zu, Lady, ich weiß über die ganze Scheiße Bescheid. Wirklich über alles. Über das Messer. Wer es hat. Wichtiger noch, wie er es bekommen hat. Und über die Post von unserem diebischen Spanner. Egal, wie man es dreht oder wendet, wir haben ein mächtiges Problem, und da Sie von Anfang an alles versaut haben, halte ich einen Kommandowechsel für angebracht. Also ziehen Sie jetzt diese Nuttenklamotten aus und kommen dann wieder her. Wenn Sie wollen, dass ich Ihren geilen kleinen Arsch rette, werden Sie genau tun, was ich Ihnen sage, verstanden? Denn wenn Sie das nicht tun, schlage ich vor, wir finden uns zu einem Plausch beim Präsidenten ein. Liegt ganz bei Ihnen, Stabschefin!« Das letzte Wort spie Burton aus, so dass unverhohlen seine ganze Abneigung gegen sie zur Geltung kam.
Langsam ließ er ihren Arm los, thronte aber weiterhin über ihr wie ein Turm. Seine riesenhafte Gestalt schien ihre Denkfähigkeit zu hemmen. Behutsam rieb Russell den Arm und starrte beinahe ängstlich zu ihm hinauf, während sie sich der Hoffnungslosigkeit der Lage bewusst wurde.
Sie rannte ins Badezimmer und übergab sich. Damit schien sie zunehmend Zeit zu verbringen. Das kalte Wasser im Gesicht konnte schließlich die Wellen der Übelkeit verdrängen, so dass sie sich aufsetzen und danach ins Schlafzimmer schleppen konnte.
Während die Gedanken durch ihren Kopf rasten, zog sie lange Hosen und einen dicken Pullover an. Das Negligé warf sie aufs Bett. Es war ihr zu peinlich, das Kleidungsstück anzusehen, während es hinabschwebte. Ihr Traum von einer Nacht der Freuden war mit erschreckender Plötzlichkeit zerschmettert worden. Statt in die roten Stöckelschuhe schlüpfte sie in ein Paar brauner Pantoffeln.
Als sie das Blut aufsteigen spürte, tastete sie ihre Wangen ab. Sie fühlte sich, als hätte ihr Vater sie mit der Hand eines Jungen unter dem Rock erwischt. Das war tatsächlich geschehen, und es hatte vermutlich dazu beigetragen, dass sie sich völlig auf ihre Karriere konzentriert und alles andere hintangestellt hatte. So beschämt hatte sie der Vorfall damals. Ihr Vater hatte sie als Hure beschimpft und sie so sehr verprügelt, dass sie eine Woche lang nicht zur Schule gehen konnte. Ihr ganzes Leben lang hatte sie gebetet, dass sie nie wieder derart bloßgestellt würde. Bis heute Abend waren ihre Gebete erhört worden.
Russell zwang sich, gleichmäßig zu atmen. Als sie ins Wohnzimmer zurückkehrte, bemerkte sie, dass Burton das Jackett abgelegt hatte und dass auf dem Tisch eine Kanne Kaffee stand. Sie schielte auf den stabilen Schulterhalfter mit dem tödlichen Gegenstand.
»Milch und Zucker, richtig?«
Es gelang ihr, ihm in die Augen zu blicken. »Ja.«
Burton goss den Kaffee ein und nahm ihr gegenüber Platz.
Den Blick auf die Tasse geheftet, meinte sie: »Wie viel hat Ihnen Ti- ... Collin erzählt?«
»Über Sie beide? Eigentlich gar nichts. Das ist nicht seine Art. Ich glaube, Sie haben es ihm ziemlich angetan. Sie haben ihm den Kopf verdreht und mit seinen Gefühlen gespielt. Haben Sie gut hinbekommen.«
»Sie verstehen aber auch überhaupt nichts, was?« Russell schoss geradezu aus dem Sessel hoch.
Burton blieb nervenaufreibend ruhig. »Ich verstehe soviel: Wir sind knapp einen Zentimeter von einem Abgrund entfernt, dessen Boden ich noch nicht einmal erkennen kann. Ganz ehrlich, mir ist scheißegal, mit wem Sie schlafen. Darum bin ich nicht hier.«
Russell setzte sich wieder hin und zwang sich, den Kaffee zu trinken. Endlich begann ihr Magen sich zu beruhigen.
Burton beugte sich vor und ergriff, so sanft es ihm möglich war, ihren Arm.
»Hören Sie, Ms. Russell. Ich bin nicht hier, um Sie zu verscheißern und Ihnen zu erzählen, dass
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