Der Präsident
außergewöhnliches Ereignis fest.
Jack drehte sich herum. Neben ihm stand plötzlich der Gerichtsdiener, ein wahrer Berg von einem Schwarzen.
»Seit siebenundzwanzig Jahren bin ich schon hier, aber noch nie war der Präsident in der Gegend. Und jetzt gleich zweimal in einem Jahr. Kaum zu glauben.«
Jack lächelte ihn an. »Nun, wenn Ihr Freund einige hunderttausend Dollar in Ihre Wahlkampagne gesteckt hätte, würden Sie sich vermutlich auch hier blicken lassen.«
»Sie haben ziemlich einflussreiche Leute gegen sich.«
»Das ist schon in Ordnung, ich habe einen riesigen Boxhandschuh dabei ...«
»Samuel. Samuel Long.«
»Jack Graham, Samuel.«
»Den werden Sie auch brauchen, Jack. Einen mit Blei drin.«
»Was meinen Sie, Samuel? Wird mein Kumpel hier drin einen fairen Prozess bekommen?«
»Hätten Sie mich das vor zwei, drei Jahren gefragt, ich hätte gesagt, ja, da können Sie Gift drauf nehmen.« Er blickte hinaus auf die Menschenmassen. »Wenn Sie mich heute fragen, ich weiß es nicht. Es ist egal, vor welchem Gericht man steht. Ob Oberster Gerichtshof oder Verkehrsgericht. Die Dinge ändern sich. Und nicht bloß die Gerichte. Alles. Jeder. Die ganze verrückte Welt verändert sich, und keiner weiß, was alles passieren kann.«
Beide schauten wieder aus dem Fenster.
Die Tür zum Gerichtssaal öffnete sich, und Kate trat herein. Instinktiv fuhr Jack herum und schaute sie an. Heute trug sie nicht ihre Gerichtskleidung, sondern einen schwarzen Faltenrock, der eng an den Hüften anlag und von einem schmalen, schwarzen Gürtel gehalten wurde. Die Bluse war schlicht und bis zum Hals zugeknöpft. Das Haar hatte sie aus der Stirn gekämmt; es hing ihr auf die Schultern. Die Wangen waren von der Eiseskälte gerötet, über dem Arm trug sie einen Mantel.
Zusammen setzten sie sich an den Tisch der Verteidigung. Diskret zog sich Samuel zurück.
»Gleich ist es soweit, Kate.«
»Ich weiß.«
»Hör zu, Kate, ich hab’s dir schon am Telefon gesagt: Es ist nicht so, dass er dich nicht sehen will. Er hat Angst. Angst um dich. Der Mann liebt dich über alles.«
»Jack, du weißt, was passiert, wenn er nicht bald mit der Sprache rausrückt.«
»Vielleicht, aber ich habe ein paar Hinweise, denen ich nachgehen muss. Der Fall der Staatsanwaltschaft ist nicht ganz so bombensicher, wie jeder glaubt.«
»Woher weißt du das?«
»Vertrau mir einfach. Hast du den Präsidenten draußen gesehen?«
»Wie könnte man ihn übersehen? Aber das passt mir ganz gut. Niemand hat mich beim Hereingehen auch nur im geringsten beachtet.«
»Neben ihm wirkt einfach jeder wie ein Mauerblümchen.«
»Ist Luther schon da?«
»Bald.«
Kate öffnete die Handtasche und kramte nach einem Kaugummi. Lächelnd schob Jack ihre zitternden Finger beiseite und holte die Packung für sie heraus.
»Kann ich nicht wenigstens am Telefon mit ihm sprechen?«
»Ich werde sehen, was ich tun kann.«
Die beiden saßen nebeneinander da und warteten. Jack legte seine Hand auf Kates Hand. Sie schauten hinauf zu der gewaltigen Richterbank, vor der in wenigen Minuten alles beginnen sollte. Im Augenblick aber warteten sie nur. Zusammen.
Der weiße Kastenwagen bog um die Ecke, rollte an dem Halbkreis der Polizisten vorbei und kam nur wenige Schritte von der Tür entfernt zum Halten. Seth Frank hielt sein Auto unmittelbar hinter dem Wagen an und stieg aus, das Funkgerät in der Hand. Zwei Beamte stiegen aus dem Transporter und überprüften die Umgebung. Es sah gut aus. Die gesamte Menschenmenge drängte sich vor dem Gebäude, um den Präsidenten zu begaffen. Der Einsatzleiter wandte sich um und nickte einem weiteren Mann im Kastenwagen zu. Wenige Sekunden später stieg Luther Whitney aus. An Armen und Beinen war er gefesselt, über dem Anzug trug er einen dunklen Regenmantel. Seine Füße berührten den Boden, und von zwei Beamten flankiert begann er den Weg ins Gerichtsgebäude.
In diesem Augenblick kam die Menschenmenge an die Ecke. Sie folgte dem Präsidenten, der zielstrebig den Gehsteig entlang auf seine Limousine zuschritt. Als er an der Ecke des Gerichtsgebäudes vorbeimarschierte, blickte er herüber. Auch Luther, dessen Augen bis dahin stur zu Boden blickten, schaute hinüber, als hätte er Richmonds Anwesenheit gefühlt. Einen entsetzlichen Augenblick lang trafen sich die Blicke der beiden Männer. Noch bevor er wusste, was geschah, drangen die Worte über Luthers Lippen.
»Mieser Scheißkerl.« Er murmelte es leise, doch beide Beamten
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