Der Präsident
gesehen, wie er aus der U-Bahnstation flüchtete, etwa zu der Zeit, als du und der andere Kerl niedergeschlagen wurden. Er ist ein wandelnder Albtraum. Und dabei sah er aus wie der nette Junge von nebenan.«
»Bist du sicher, dass er entkommen ist?«
Laurie bedachte ihn mit einem merkwürdigen Blick. »Er ist aus der U-Bahnstation entkommen, wenn du das meinst. Aber es ist nur eine Frage der Zeit, bis sie ihn kriegen.« Sie schaute aus dem Fenster und ergriff ihre Handtasche. »Die Bullen aus Washington möchten mit dir reden, sobald es dir besser geht.«
»Ich glaube nicht, dass ich eine große Hilfe bin. Ich erinnere mich an kaum etwas, Laurie.«
»Zeitweilige Amnesie. Wahrscheinlich kommt dein Gedächtnis wieder.«
Sie zog die Jacke an. »Ich muss los. Irgendjemand muss schließlich die Reichen und Berühmten in Middleton beschützen, während du hier Schäfchen zählst.« Sie lächelte. »Lass das nicht zur Gewohnheit werden, Seth. Wir haben uns ernsthaft Sorgen gemacht, ob wir uns wohl einen neuen Kommissar suchen müssen.«
»Wo könntet ihr schon einen so netten Kerl wie mich auftreiben?«
Laurie lachte. »Deine Frau kommt in etwa einer Stunde wieder. Aber du brauchst sowieso ein bisschen Ruhe.« Sie wandte sich der Tür zu.
»Übrigens, Seth, was hast du überhaupt um diese Zeit in der Farragut West gemacht?«
Frank antwortete nicht sofort. Er litt nicht unter Amnesie. Sehr deutlich erinnerte er sich an die Ereignisse der vergangenen Nacht.
»Seth?«
»Ich ... ich weiß es nicht, Laurie.« Er schloss die Augen, öffnete sie wieder. »Ich erinnere mich einfach nicht.«
»Mach dir keine Sorgen. Das wird schon wieder. Inzwischen wird man Graham schnappen. Wahrscheinlich klärt sich dann ohnehin alles auf.«
Nachdem Simon gegangen war, fand Frank keineswegs Ruhe. Jack war da draußen. Und vermutlich hatte er anfangs geglaubt, die Polizei hätte ihm eine Falle gestellt, obwohl Jack wissen musste – sofern er die Zeitung gelesen hatte –, dass Seth Frank in die Falle getappt war, die man eigentlich für ihn, Jack, aufgestellt hatte.
Doch nun hatten sie den Brieföffner. Das war der Inhalt der Schachtel gewesen, dessen war Frank sicher. Was für eine Chance hatten sie ohne das Beweisstück, diese Leute festzunageln?
Erneut versuchte Frank, sich aufzurappeln. In seinem Arm steckte eine Infusionsnadel. Der Druck auf sein Gehirn zwang ihn, sich sofort wieder hinzulegen. Er musste hier raus. Und er musste sich mit Jack in Verbindung setzen. Im Augenblick hatte er weder eine Ahnung, wie er das eine, noch das andere anpacken sollte.
»Du hast gesagt, du brauchst meine Hilfe? Was kann ich tun?« Kate sah Jack unmittelbar ins Gesicht. Ihre Züge verrieten keine Schuldgefühle.
Jack setzte sich neben sie aufs Bett. Er wirkte besorgt. »Ich habe ernsthafte Zweifel, ob ich dich da überhaupt mit hineinziehen soll. Tatsächlich überlege ich gerade, ob es nicht ein Fehler war, dich anzurufen.«
»Jack, während der letzten vier Jahre war ich ständig von Vergewaltigern, Räubern und Mördern umgeben.«
»Ich weiß. Aber zumindest hast du gewusst, wer sie waren. In dem Fall könnte es jeder sein. Links und rechts von mir werden Leute umgebracht, Kate. Schlimmer könnte es kaum kommen.«
»Ich gehe nicht, bevor du mich helfen lässt.«
Zögernd wandte Jack den Blick von ihr ab.
»Jack, wenn du mich nicht lässt, melde ich dich bei der Polizei. Denn das wäre das geringere Risiko für dich.«
Er sah sie an. »Das würdest du wirklich tun, nicht wahr?«
»Da kannst du Gift drauf nehmen. Ich breche jede Menge Gesetze, indem ich hier bei dir bin. Wenn du mich mitmachen lässt, vergesse ich, dass ich dich heute gesehen habe. Andernfalls ...«
Trotz all der entsetzlichen Gefahren, die ihm durch den Kopf gingen, lag etwas in ihren Augen, das ihn froh sein ließ, sie im Augenblick hier zu haben.
»Na gut. Ich brauche dich als Verbindung zu Seth. Außer dir ist er der einzige, dem ich trauen kann.«
»Aber du hast das Paket verloren. Wie kann er uns helfen?« Kate konnte ihre Antipathie für den Fahnder des Morddezernats einfach nicht unterdrücken.
Jack erhob sich und lief auf und ab. Schließlich hielt er inne und schaute zu ihr hinunter. »Du weiß, dass dein Vater ein Perfektionist war? Dass er immer einen Reserveplan hatte?«
Trocken erwiderte Kate: »Daran erinnere ich mich.«
»Nun, auf diese Eigenschaft baue ich.«
»Wie meinst du das?«
»Ich meine«, sagte Jack, »Luther hatte auch hierfür
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