Der Prediger von Fjällbacka
ist, aber ich habe nichts gefunden, was mir das Gegenteil beweist, und deshalb bin ich es dem MöllerMädchen schuldig, die Sache zu untersuchen, auch wenn man mich dafür zum Idioten erklärt.«
Martin verstand Patriks Überlegungen jetzt besser. Und war sogar geneigt zuzugeben, daß er vielleicht recht hatte. »Aber wie willst du mit diesen schwachen Gründen eine Exhumierung erreichen, und dann noch so schnell?«
Patriks Miene wirkte grimmig, als er erklärte: »Mit Hartnäckigkeit, Martin, mit Hartnäckigkeit.«
Sie wurden von Patriks Handy unterbrochen. Er nahm ab und sprach nur in kurzen Silben, während Martin ihn gespannt ansah und herauszufinden suchte, worum es ging. Nach ein, zwei Minuten beendete Patrik das Gespräch und legte das Telefon weg.
»Wer war das?«
»Es war Annika. Das Labor hat wegen des DANN-Tests zurückgerufen, den wir von Märten Frisk erbeten haben.«
»Und?« Martin hielt die Luft an. Er hoffte innig, daß sie sich beide geirrt hatten. Daß es Tanjas Mörder war, den sie dort in Haft hatten.
»Die Proben stimmten nicht überein. Das Sperma, das an Tanja gefunden wurde, stammt nicht von Märten Frisk.«
Erst jetzt, als Martin die Luft langsam in einem einzigen Atemzug ausstieß, begriff er, daß er sie angehalten hatte.
»Scheiße auch. Aber das kam ja wohl kaum überraschend, oder?«
»Nein, aber man konnte ja immerhin hoffen.«
Düster schweigend saßen sie ein Weilchen da. Dann ließ Patrik einen schweren Seufzer hören, als wollte er Kraft holen für die Aufgabe, die sich noch immer wie der Mount Everest vor ihnen auftürmte.
»Ja, dann heißt es wohl nur, in Rekordzeit die Exhumierung zu erreichen.«
Patrik nahm das Handy auf und schritt zu Werke. Er würde überzeugender wirken müssen als je zuvor in seinem ganzen Berufsleben. Und nicht einmal er war sich seines Vorhabens auch nur annähernd sicher.
Ericas Stimmung näherte sich rasch dem Tiefpunkt. Der Mangel an Beschäftigung trieb sie durchs Haus, mal hier was wegräumend, mal da was zurechtrückend. Der Streit, den sie mit Anna gehabt hatte, bewirkte, daß ihr der Kopf schwer war wie nach einem Trinkgelage, was die Stimmung noch weiter drückte. Außerdem tat sie sich selbst etwas leid. Zwar hatte sie es irgendwie begrüßt, daß Patrik zurück zur Arbeit gegangen war, aber sie hatte nicht damit gerechnet, daß er so darin versinken würde. Auch wenn er zu Hause war, sah sie, daß sein Gehirn ständig mit dem Fall beschäftigt war, und während sie zugleich den Ernst der Sache begriff, mit der er beschäftigt war, und auch Verständnis für Patrik hatte, gab es da eine dünne klägliche Stimme in ihr, die egoistisch wünschte, daß sich seine Aufmerksamkeit mehr auf sie konzentrierte.
Sie rief Dan an. Vielleicht war er zu Hause und hatte Zeit, auf einen Kaffee vorbeizukommen. Seine älteste Tochter ging an den Apparat und sagte, der Papa sei mit Maria im Boot draußen. Typisch. Alle waren mit ihren Dingen beschäftigt, und sie saß hier mit einem Bauch wie ein Ballon und drehte Däumchen.
Als das Telefon klingelte, stürzte sie sich so eifrig darauf, daß sie es fast vom Bord gerissen hätte.
»Hier Erica Falck.«
»Ja, hallo. Ich möchte Patrik Hedström sprechen.«
»Er ist auf der Dienststelle. Kann ich mit etwas behilflich sein, oder möchten Sie seine Handynummer?«
Der Mann am anderen Ende zögerte.
»Ja, es ist so, daß ich die Nummer von Patriks Mutter bekommen habe. Unsere Familien kennen sich seit langem, und als ich das letzte Mal mit Kristina sprach, meinte sie, ich soll mich doch mal bei Patrik meiden, wenn wir in der Nähe sind. Und jetzt, wo ich mit meiner Frau gerade nach Fjällbacka gekommen bin, da …«
Eine großartige Idee, dachte Erica. Die Lösung für ihre Beschäftigungsprobleme lag plötzlich direkt vor ihr.
»Könnt ihr nicht vorbeikommen? Patrik ist wohl gegen fünf zu Hause, da können wir ihn überraschen. Und wir haben Zeit, uns miteinander bekanntzumachen. Ihr seid Jugendfreunde, hast du gesagt?«
»Also, das wäre wirklich phantastisch. Ja, wir sind als Kinder ziemlich viel zusammen gewesen. Als Erwachsene haben wir uns wohl nicht gerade oft gesehen, aber so ist es ja manchmal. Die Zeit läuft einem davon.« Er lachte ein leicht kollerndes Lachen.
»Ja, aber dann ist es ja höchste Zeit, daß wir dem Abhilfe verschaffen. Wann könnt ihr hier sein?«
Er murmelte zu jemandem im Hintergrund und war dann wieder zurück, um Bescheid zu geben.
»Wir haben nichts
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