Der Prediger von Fjällbacka
waren, dein Blut zu analysieren.«
»Ja, aber das konnte doch wohl auch nicht gestimmt haben«, erwiderte Gabriel lachend.
»Nein, nicht wenn es um den Mörder geht. Aber . es stimmte auch nicht mit Jacobs überein.«
»Was jetzt, wie meinst du das? Wie stimmte es nicht? Auf welche Weise denn?«
»Sie konnten sehen, daß du nicht Jacobs Vater bist.«
Das Schweigen, das den Worten folgte, glich einer Explosion. Gabriel erblickte sein Gesicht erneut im Spiegel, und nun erkannte er sich nicht einmal mehr wieder. Ein Fremder saß ihm gegenüber, der ihn mit offenem Mund und weit aufgerissenen Augen anstarrte, und er konnte ihn nicht einmal ansehen, sondern wandte den Blick ab.
Laine wirkte, als wären alle Sorgen der Welt von ihren Schultern gefallen, und auf ihrem Gesicht lag ein Leuchten. Er wußte, daß es Erleichterung war. Kurz kam ihm der Gedanke, wie schwer es für sie gewesen sein mußte, ein solches Geheimnis all die Jahre mit sich herumzuschleppen, doch dann schlug die Wut mit aller Kraft zu.
»Was, zum Teufel, sagst du da?« brüllte er so laut, daß sie zusammenfuhr.
»Sie haben recht, du bist nicht Jacobs Vater.«
»Und wer, verdammt noch mal, ist es?«
Schweigen. Langsam ging ihm die Wahrheit auf. Flüsternd sagte er, während er gegen die Stuhllehne zurücksank: »Johannes.«
Laine brauchte es nicht zu bestätigen. Plötzlich war alles glasklar für ihn, und er verfluchte seine eigene Dummheit. Daß er es nicht früher bemerkt hatte. Die verstohlenen Blicke, das Gefühl, daß jemand in seiner Abwesenheit im Haus gewesen war, Jacobs zuweilen unheimliche Ähnlichkeit mit dem Bruder.
»Aber warum .?«
»Warum ich eine Affäre mit Johannes gehabt habe, meinst du?« Laines Stimme hatte jetzt einen kalten, metallischen Unterton. »Weil er all das war, was du nicht warst. Ich war für dich nur die zweite Wahl, eine Ehefrau, genommen aus praktischen Erwägungen, eine, die ihren Platz kannte und dafür sorgen würde, daß dein Leben sich so gestalten würde, wie du es dir vorgestellt hast, mit sowenig Reibungen wie möglich. Alles hatte organisiert, logisch, rational zu sein - einfach leblos!«
Ihre Stimme wurde weicher. »Johannes tat nichts, was er nicht selber wollte. Er liebte, wenn er es so wollte, haßte, wenn er es wollte, lebte . Mit Johannes zusammen zu sein war, als würde man eine Naturkraft erleben. Er hat mich wirklich wahrgenommen, hat mich gesehen, ist nicht nur an mir vorbeigegangen auf dem Weg zum nächsten Geschäftstreffen. Jede Liebesstunde mit ihm war, als würde man sterben und erneut geboren werden.«
Gabriel zitterte angesichts der Leidenschaft, die er in Laines Stimme vernahm. Sie legte sich, und Laine betrachtete ihn nüchtern.
»Ich bedauere es wirklich, daß ich dich, was Jacob betrifft, all die Jahre hinters Licht geführt habe, glaube mir, das tue ich wirklich, und dafür bitte ich dich aus ganzem Herzen um Verzeihung. Aber - ich gedenke nicht um Verzeihung zu bitten, weil ich Johannes geliebt habe.«
Impulsiv beugte sie sich vor und legte ihre Hände auf die von Gabriel. Er widerstand dem Wunsch, sie wegzureißen, ließ sie einfach liegen.
»Du hattest so viele Chancen, Gabriel. Ich weiß, daß vieles von dem, was Johannes ausmachte, auch in dir steckt, aber du läßt es nicht heraus. Wir hätten viele gute gemeinsame Jahre haben können, und ich hätte dich geliebt. In gewisser Weise habe ich es schließlich sogar getan, trotz allem, aber ich kenne dich gut genug, um zu wissen, daß du es mir jetzt nicht erlauben kannst, das auch weiter zu tun.«
Gabriel gab keine Antwort. Er wußte, daß sie recht hatte. Sein Leben lang hatte er dagegen angekämpft, im Schatten seines Bruders zu leben, und Laines Verrat traf ihn an seiner verwundbarsten Stelle.
Er erinnerte sich an die Nächte, als er und Laine am Krankenbett des Sohnes gewacht hatten. Damals hatte er gewünscht, daß er als einziger dort neben Jacob sitzen könnte, damit der Sohn sah, wie unwichtig alle anderen waren, einschließlich Laine. Nur um sie beide ging es, all die anderen zählten nicht. Jetzt konnte er darüber nur lachen. Eigentlich war er es gewesen, der in diesem Zusammenhang der Schwarze Peter war. Johannes hatte das Recht gehabt, an Jacobs Seite zu sitzen, seine Hand zu halten, ihm zu sagen, daß alles gut werden würde. Und Ephraim, der Jacobs Leben gerettet hatte. Ephraim und Johannes. Die ewige Zweisamkeit, in die Gabriel nie vordringen konnte. Nun erschien sie ihm unüberwindlich.
»Und
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