Der Preis der Ewigkeit
gewusst, dass Nicholas in Calliopes Gewalt war und dass sie allein mit Ava gesprochen hatte. Eigentlich hätte mir klar sein müssen, dass Ava alles tun würde, um ihn zu schützen. Ich hätte etwas zu ihrer Unterstützung unternehmen müssen, bevor sie gezwungen gewesen war, mich zu verraten.
Doch damit war es jetzt vorbei. Sie hatte ihre Fehler begangen und ich meine. Ich würde alles in meiner Macht Stehende tun, um die meinen wiedergutzumachen, und ich konnte nur hoffen, dass sie dasselbe tun würde.
„Wir alle werden unser Bestes geben“, erklärte meine Mutter und drückte wieder meine Hand, den Blick bedeutsam auf mich gerichtet. Ich nickte leicht. Ich würde es versuchen.
„Dann soll es so sein“, beschloss Walter und irgendwo in den Tiefen des Palasts erklang ein Donnergrollen. „Kate und James werden versuchen, Rhea zu einer Allianz mit dem Rat zu überzeugen.“
„Und wir werden uns in die Kriegsvorbereitungen stürzen“, ergänzte Dylan mit funkelnden Augen.
„Nein“, widersprach Walter. „Vorbereitet haben wir uns lange genug. Jetzt werden wir kämpfen.“
Die nächsten drei Tage verbrachte ich bei Henry und kam langsam wieder zu Kräften. Er lag in einem schmucklosen Zimmer ein paar Türen weiter, und ich hatte mich neben ihm zusammengerollt, während meine Mutter uns umsorgte. Fast hatte ich ihn verloren – würde es vielleicht noch, wenn ich Kronos nicht dazu bringen könnte, den angerichteten Schaden zu beheben –, und ich würde nicht von seiner Seite weichen, bis es nicht mehr anders ginge.
Endlos heulte der Wind um den Olymp und irgendwo weit unter uns hörte ich den Ozean gegen den Rest der Welt anbranden. Trotz des strahlenden blauen Himmels über mir und des Sonnenuntergangs zu meinen Füßen rollte Tag und Nacht Donner durch die Luft, und selbst wenn ich gewollt hätte, Schlafen wäre unmöglich gewesen.
Meine verbleibende Zeit teilte ich zwischen der Gegenwart und meinen Visionen von Milo auf. Henry hielt sein Versprechen; jedes Mal, wenn ich erschien, war er dort. Manchmal hielt er Milo im Arm, manchmal wachte er an der Wiege über seinen Schlaf. Stundenlang standen wir Seite an Seite und betrachteten ihn, während Milo unsere Blicke erwiderte. Auf geheimnisvolle Weise wusste er, dass ich dort war, da war ich mir mittlerweile sicher. Ich war neidisch, dass Henry ihn halten konnte, aber wenigstens hatte er so die Möglichkeit, unseren Sohn kennenzulernen. Wenn das Schlimmste einträfe, hätte Milo wenigstens diese Momente mit ihm.
„Du kommst doch zurück zu mir, oder?“, fragte ich an dem Abend, als meine Mutter schließlich verkündet hatte, ich sei gesund genug für meine Reise. Am kommenden Morgen würden James und ich uns auf die Suche nach Rhea machen, und je nachdem, wie es lief, war dies möglicherweise für eine Weile die letzte Nacht mit Milo und Henry, die mir vergönnt wäre.
„Was meinst du damit?“, wollte Henry wissen. „Ich bin doch hier.“
„Ich meine, im richtigen Leben“, entgegnete ich. „Wirst du aufwachen? Ich weiß, dass Kronos dich schwer verletzt hat, aber – du bist hier, und wenn du dich vielleicht richtig doll anstrengen würdest …“
Henry küsste mich auf die Stirn, die Hand in meinen Nacken gelegt. „Ich werde immer für dich hier sein, meine Liebe. Nichts wird daran etwas ändern.“
Tief atmete ich ein, um nicht vor Milo in Tränen auszubrechen. Selbst wenn er schlief und es nie erfahren würde – ich wüsste es. „Bitte wach auf“, flüsterte ich. „Wir brauchen dich. Nicht – nicht bloß so. Wir brauchen dich . Ohne dich können wir Kronos nicht besiegen.“
„Und mit mir genauso wenig. Nicht ohne Calliope“, erinnerte er mich.
„Aber wir versuchen es. Er hat eine ganze Metropole voller Menschen ausgelöscht. Athen ist wie vom Erdboden verschluckt, und er wird wieder und wieder töten, bis er bekommt, was er will.“
„Und was, denkst du, ist das?“, fragte Henry und ich verlor den Mut. Ich konnte ihm unmöglich von dem Handel erzählen, den ich mit Kronos geschlossen hatte. Es war zu kompliziert, und wenn er mir entglitte, hätte ich nicht mit der Gewissheit leben können, dass dies eins der letzten Dinge wäre, die ich zu ihm gesagt hätte.
„Ich weiß es nicht“, log ich. „Der Rat glaubt, er will sie umbringen, weil sie ihn im Tartaros gefangen gehalten haben.“
„Vielleicht.“ Behutsam strich er mir durchs Haar, seine Berührung so sanft wie eine Sommerbrise. „Alles, was ich will, bist
Weitere Kostenlose Bücher