Der Preis der Ewigkeit
sollte ich?“ Finster starrte ich ihn an, während ich von einem Ende des Raums zum anderen tigerte. Er sollte es bloß nicht wagen, näher zu kommen. Doch er trat nur einen Schritt vor, um die Tür hinter sich zu schließen. „Du hörst mir doch auch nicht zu. Warum? Weil ich jung bin? Weil ich ein Mädchen bin? Woran liegt’s, Henry? Warum bin ich plötzlich nur noch jemand, auf den du Anspruch erhebst?“
Er stieß den Atem aus, als er es endlich begriff. Gut. „Du weißt, dass ich nicht so über dich denke.“
„Hättest mich aber in letzter Zeit fast vom Gegenteil überzeugt.“
„Das ist nicht fair. Ich versuche, meine Familie zusammenzuhalten, und das kann ich nur erreichen, indem ich eine Sprache spreche, die mein Bruder versteht.“
„Ach, dann ist er also der Frauenfeind?“
„Ja“, sagte Henry schlicht. „Partnerschaft war noch nie ein Konzept, das er verstanden hat. Nicht in seiner Ehe, nicht im Rat, nicht einmal unter seinen Geschwistern. Es ist nicht fair, aber er ist der Anführer des Rats und wir müssen nach seinen Regeln spielen.“
Ich verdrehte die Augen und ließ mich aufs Bett fallen. „Na toll. Mein Leben lang sehne ich mich nach einer Familie, und als ich endlich eine kriege, besteht sie aus Leuten, für die ich der letzte Dreck bin.“
Vorsichtig trat Henry ein paar Schritte auf mich zu, blieb aber stehen, als ich ihm einen bösen Blick zuwarf. „Ich wünschte, du hättest mir von deiner Abmachung mit Kronos erzählt.“
„Bis vor zwei Tagen hast du im Koma gelegen“, erinnerte ich ihn.
„Ja, aber seitdem hast du reichlich Gelegenheit gehabt, es mir zu sagen. Und mir scheint, als wären die Feinheiten eurer Vereinbarung erst vor wesentlich kürzerer Zeit festgemacht worden.“
Mit seinem steten Blick beobachtete er mich und ich sah weg. Ich konnte es nicht leugnen.
„Ich bin nicht wütend auf dich, Kate“, versicherte er mir sanft. „Ich kann mir nicht vorstellen, was du durchgemacht hast, während sie dich gefangen gehalten haben, und wenn ich ehrlich bin, hätte ich dasselbe getan, wäre ich an deiner Stelle gewesen. Aber genauso wie du meine Partnerin bist, bin ich dein Partner. Ungeachtet der Umstände hätte das eine Entscheidung sein sollen, die wir gemeinsam treffen.“
Mir stiegen Tränen in die Augen. Nicht weil ich wütend auf ihn war, sondern weil er recht hatte. „Es tut mir leid. Ich hatte Angst, du würdest sofort auf ihn losgehen, und du bist immer noch so geschwächt …“
„Entschuldigung angenommen“, versprach Henry. „Und ich bitte dich, auch meine Entschuldigung anzunehmen. Ich werde dich nicht gehen lassen, Kate, weil ich dich liebe. Nicht weil ich glaube, du würdest mir gehören. Jeder, der auch nur fünf Minuten mit dir verbracht hat, weiß es besser, als so etwas zu denken.“
„Abgesehen von meinem Vater, wie’s aussieht“, murmelte ich und Henry seufzte.
„Nun ja. Es wäre leicht, all das Walter in die Schuhe zu schieben. Schließlich ist er es, der Calliope nie den Respekt und die Liebe hat zukommen lassen, die sie verdiente.“
„Man sollte meinen, daraus hätte er gelernt.“
„Ja, sollte man meinen.“ Er setzte sich aufs Bett, und ich rückte nicht fort, versuchte nicht, ihn davon abzuhalten. „Ich will unseren Sohn genauso dringend zurückhaben wie du, Kate, aber das ist nicht der richtige Weg.“
Wieder wurden meine Augen feucht. Wann würde ich endlich nicht mehr ständig kurz davorstehen, in Tränen auszubrechen? Wenn ich endlich Milo im Arm hielt? Wenn Calliope besiegt war? Wenn Kronos wieder in seiner persönlichen Ecke der Hölle eingesperrt war?
„Ohne ihn weiß ich nicht, wie ich ich selbst sein soll“, wisperte ich. „Alles, was ich mache … Es ist – es ist, als würde es mich ständig in eine bestimmte Richtung ziehen, und wenn ich diesem Sog nicht folge, funktioniere ich einfach nicht. Dann bin ich völlig leer. Er braucht mich. Er braucht uns, und wir unternehmen nichts, um ihn zurückzuholen. Wir haben ihn praktisch im Stich gelassen.“
Henry legte sich auf die Seite, das Gesicht in meine Richtung gewandt. „Glaubst du das wirklich?“, flüsterte er und umschloss meine Finger mit seinen Händen. „Ich bin mir sicher, dass Milo es nicht so empfindet. Du hast selbst gesagt, du glaubst, er merkt es, wenn du da bist.“
Mit der freien Hand rieb ich mir die Augen. „Ich will ihn wiederhaben, Henry. Ich will, dass wir eine Familie sind.“
„Das sind wir.“ Er küsste mich auf die Stirn,
Weitere Kostenlose Bücher