Der Preis der Liebe
nachstanden. Ein hässlicher Bluterguss breitete sich um sein Auge aus, und in der Nähe seines Mundwinkels hatte sich Schorf gebildet, weil dort die Lippe aufgeplatzt war.
Sie unterdrückte einen plötzlichen Anflug von Mitgefühl. Auch wenn er sich ihretwegen geschlagen haben mochte - das bedeutete gar nichts. Im Grunde wusste sie nicht einmal, ob der Kampf tatsächlich mit ihr zu tun gehabt hatte. Mr. Knighton war sie ganz sicher nicht so wichtig, dass er sich mit irgendjemandem ihretwegen geprügelt hätte. Und was Griffith betraf -nun, er wurde von seinem Stolz getrieben, das war alles. Doch sein Stolz schien recht stark ausgeprägt zu sein - ungewöhnlich für einen Berater.
„Ich suchte nichts anderes als das, was ich von Anfang an zugegeben habe“, antwortete er schließlich und schaute sie ernst an. „Außerdem hat das nichts mit uns zu tun, mit meinem Heiratsantrag. Ich möchte dich heiraten. Reicht dir das nicht?“
Der Schmerz schnürte ihr fast die Kehle zu, nicht nur wegen seiner Weigerung, ihr die Wahrheit zu sagen, sondern auch wegen des gefühllosen, nüchternen Tonfalls, in dem er seinen Antrag machte. Er tat so, als müsse sie vor Dankbarkeit vor ihm auf die Knie fallen, weil er beabsichtigte, eine alte Jungfer wie sie zu heiraten. Nun, darauf konnte er bis in alle Ewigkeiten warten.
„Obwohl ich mich ungeheuer geschmeichelt fühle, dass du dich dazu herablassen willst, mich zu ehelichen ...“, begann sie unterkühlt.
„Was soll das heißen, ich lasse mich herab?“ unterbrach er sie.
Tränen brannten in ihren Augen, aber sie riss sich zusammen. Sie würde nicht noch einmal vor ihm weinen! „Deinem Antrag mangelt es ein wenig an Begeisterung.“
„Zum Donnerwetter, Rosalind!“ brauste er auf. „Was möchtest du von mir?“
Sie wurde blass. „Die Wahrheit. Und ein Zeichen, dass ich dir etwas bedeute.“ Sein Blick nahm einen anderen Ausdruck an, und sie beeilte sich hinzuzufügen: „Nein, nicht nur, was meine körperlichen Vorzüge betrifft. In dieser Hinsicht hast du mehr als deutlich gemacht, dass ich dir etwas bedeute.“
„Ich kann mich nicht entsinnen, dass du von Knighton auch etwas Derartiges verlangt hast“, entgegnete er bissig. „Ihn hast du nicht um die Wahrheit gebeten, und er sollte dir nicht beweisen, dass du ihm etwas bedeutest!“
Sie verspürte einen Stich in der Herzgegend. Das kommt daher, dass ich ihn nicht heiraten will. Ich möchte deine Frau werden.
Bei Gott, das entsprach der Wahrheit. Sie wollte wirklich, dass dieser Schuft sie heiratete. Beschämt gestand sie sich ein, dass sie dafür fast alles hergegeben hätte - ihre Hoffnungen für Juliets Zukunft, ihre Familie, ja sogar ihren Traum, Schauspielerin zu werden. Aber nur, wenn er sie ehrlich und aufrichtig begehrte.
Das Problem war nur, dass er das nicht tat. Ein anderer Mann hatte ihm sein vernachlässigtes Spielzeug weggenommen, deshalb wollte er es jetzt wieder zurückhaben. Allerdings nicht so sehr, dass er ihr dafür die Wahrheit gesagt oder ihr gezeigt hätte, dass sie ihm etwas bedeutete. Nicht einmal das war sie ihm wert.
Niedergeschlagen ging sie zur Tür und öffnete sie. „Ich habe das von Mr. Knighton nicht verlangt, weil er mir bereits etwas angeboten hatte, was mir fehlte - seine Bereitschaft und die Fähigkeit, meiner Familie zu helfen.“ Sie schluckte. „Du hingegen bietest mir gar nichts, nicht einmal einen guten Grund dafür, warum ich dich heiraten sollte. Wenn ich die Wahl zwischen zwei Männern habe, die sich nichts aus mir machen - einem Gentleman, dessen Antrag meiner Familie den weiteren Aufenthalt in diesem Haus sichert, der mich aber sonst höflich und einfühlsam behandelt, und einem egoistischen Ränkeschmied, der mich mit Beleidigungen überschüttet und der mir nur aus einer Verstimmung heraus die Ehe anbietet -, dann wäre ich doch wohl eine Närrin, wenn ich mich für den Ränkeschmied entscheiden würde.“
Seine Augen verengten sich zu Schlitzen. „Aus einer Verstimmung heraus? Die Einzige, die hier verstimmt ist, bist du, Rosalind. Ich habe dir heute Nachmittag, als es angebracht gewesen wäre, keinen Antrag gemacht. Und deshalb bestrafst du mich jetzt dafür, indem du mir einen Korb gibst. Habe ich Recht?“ Ihr Herz krampfte sich zusammen. Was hatte es überhaupt für einen Sinn, mit ihm zu streiten? Er würde sie nie verstehen, weil er viel zu sehr mit sich selbst und seinen Gefühlen beschäftigt war. „Nein, Mr. Knighton hatte Recht. Du bist ein
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