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Der Preis der Ungleichheit: Wie die Spaltung der Gesellschaft unsere Zukunft bedroht (German Edition)

Der Preis der Ungleichheit: Wie die Spaltung der Gesellschaft unsere Zukunft bedroht (German Edition)

Titel: Der Preis der Ungleichheit: Wie die Spaltung der Gesellschaft unsere Zukunft bedroht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Stiglitz
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Griechenland (und diesen anderen Ländern) besteht darin, dass diese anderen Länder Schulden in Euro haben – einer Währung, die sie nicht direkt kontrollieren –, während die US-Schuldpapiere auf Dollar lauten. Und die Vereinigten Staaten sitzen an der Notenpresse. Aus diesem Grund grenzt die Vorstellung, die Vereinigten Staaten stünden kurz vor der Zahlungsunfähigkeit (wie es eine Ratingagentur behauptete), ans Absurde. Es gibt selbstverständlich eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dass zwecks Schuldenrückzahlung so viele Dollar gedruckt werden müssten, dass diese nicht mehr viel wert sind. Aber dann wäre Inflation das Problem, und gegenwärtig halten die Märkte Inflation nicht für ein ernstes Risiko. Dies lässt sich den sehr niedrigen Zinsen entnehmen, die die Regierung für ihre langfristigen Anleihen zahlen muss, und, mehr noch,
dem Zins, den sie für inflationsgeschützte Anleihen zahlen muss (genauer gesagt, der Zinsdifferenz zwischen gewöhnlichen Anleihen und inflationsgeschützten Anleihen). Der Markt könnte sich irren, aber dann hätten die Ratingagenturen, die die Vereinigten Staaten herabgestuft haben, erklären sollen, weshalb sich der Markt irrt und woher sie die Überzeugung nehmen, das Inflationsrisiko sei viel höher, als der Markt glaubt. Diese Antworten blieben aus.
    Vor dem Euro lauteten die griechischen Schuldtitel auf Drachmen. Heute lauten sie auf Euro. Aber nicht genug damit, dass Griechenland Schulden in Euro hat, hinzu kommt, dass es seine geld- und währungspolitischen Kompetenzen an eine europäische Institution abgegeben hat. Die Vereinigten Staaten wissen, dass die US-Notenbank amerikanische Staatsanleihen kauft. Griechenland kann nicht einmal sicher sein, dass die Europäische Zentralbank (EZB) griechische Anleihen ankaufen wird, die sich im Besitz griechischer Banken befinden. Tatsächlich droht die EZB unentwegt damit, keine Staatsanleihen von Ländern der Eurozone mehr anzukaufen, es sei denn, diese tun das, was die EZB verlangt.

Die Alternative der Rechten
    Die Krise in Europa ist kein Zufall, aber sie wurde nicht durch übermäßige langfristige Schulden und Defizite oder durch den »Wohlfahrtsstaat« verursacht. Ursache der Krise sind vielmehr eine überzogene Sparpolitik – Kürzungen bei den Staatsausgaben, die erwartbar zu der Rezession von 2012 führten – und institutionelle Defizite im Währungssystem des Euros. Bei der Euro-Einführung waren die meisten neutralen Ökonomen skeptisch. Änderungen der Wechselkurse und der Zinsen helfen Volkswirtschaften bei Anpassungsprozessen. Wenn alle europäischen Länder von denselben Schocks erschüttert würden, dann würde eine Wechselkurs- und Zinsanpassung für alle genügen. Die einzelnen europäischen Länder werden jedoch von sehr unterschiedlichen Schocks heimgesucht. Der Euro hat den Ländern zwei Anpassungsmechanismen genommen, ohne etwas anderes an deren Stelle zu setzen. Er ist ein politisches Projekt; die Politiker glaubten, eine gemeinsame Währung würde die Länder enger zusammenführen, doch der Zusammenhalt innerhalb Europas reichte nicht aus, um das zu tun, was getan werden
müsste, um den Euro zu einer funktionierenden Währung zu machen. Die Regierungschefs verständigten sich lediglich auf Defizit- und Verschuldungsgrenzen. Doch wie die Beispiele Spanien und Irland so trefflich zeigen, genügt das nicht. Es gab die Hoffnung, dass das politische Projekt im Lauf der Jahre vorankommen würde. Doch solange alles glattlief, fehlte der Schwung zu weiteren Integrationsschritten; und in der Krise, die sich in verschiedenen Ländern so unterschiedlich auswirkt, fehlt der Wille. Die Länder konnten sich nur darauf verständigen, den Gürtel noch enger zu schnallen, was Europa in eine Double-Dip-Rezession stürzte. Auf die eine Rezession folgt nach kurzem Aufschwung eine weitere.
    Nimmt man ganz Europa in den Blick, sieht man, dass Schweden und Norwegen mit ihren dichtgewebten sozialen Sicherungsnetzen und starken staatlichen Institutionen zu den Ländern gehören, die am besten dastehen – und nicht der Eurozone angehören. Großbritannien steckt nicht in einer Krise, auch wenn sich seine Konjunktur stark abgekühlt hat: Großbritannien blieb dem Euro ebenfalls fern, verfolgt allerdings wie die Eurozone einen Sparkurs.
    Leider wollen viele Kongressabgeordnete, dass die Vereinigten Staaten auf denselben »Spar-und-Staatsverschlankungs«-Zug aufspringen  – also Steuern und Ausgaben senken. Ausgewogene

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