Der Preis der Ungleichheit: Wie die Spaltung der Gesellschaft unsere Zukunft bedroht (German Edition)
Unternehmen müsste (einschließlich aller Steuern) 50 000 Dollar bezahlen, dann beliefe sich der Gewinn auf 50 000 Dollar. Wenn der Eigentümer jetzt eine Sondersteuer auf den Gewinn in Höhe von 5 Prozent zahlen müsste, würde dies zwar seinen Nettoertrag um 2500 Dollar mindern, es würde sich aber weiterhin für ihn lohnen, den Arbeiter einzustellen. Das Bemerkenswerte an gegenteiligen Behauptungen ist die Tatsache, dass sie elementaren ökonomischen Grundsätzen widersprechen: Eine Investition oder ein Arbeitsplatz, die vor der Steuererhöhung rentabel waren, werden danach nicht unrentabel.
Zu einem Zeitpunkt, zu dem mittelständische Unternehmen nur beschränkten Zugang zum Kreditmarkt haben, mag die Sorge bestehen, dass eine stärkere Besteuerung von Millionären deren Fähigkeit verringert, wünschenswerte Investitionen zu tätigen (schlicht deshalb, weil ihnen nach Steuern weniger Geld zum Ausgeben bleibt). Ironischerweise behaupten die Banken, die in der Großen Rezession so großzügig unterstützt wurden, dies sei nicht der Fall: Solide mittelständische Unternehmen mit aussichtsreichen Projekten könnten ihren Kreditbedarf auch weiterhin decken. Nach Darstellung der Banken ist die unzureichende Kreditversorgung der mittelständischen Wirtschaft nicht darauf zurückzuführen, dass die Banken (die unter der stillschweigenden Bedingung so großzügig unterstützt wurden, dass sie im Gegenzug Kredite in ausreichendem Maße zur Verfügung stellen) ihren Verpflichtungen nicht nachgekommen wären; es liege vielmehr daran, dass sich in der Rezession keine attraktiven neuen Chancen für Kreditgeschäfte böten. Aber selbst wenn die Investitionsfähigkeit tatsächlich gelitten haben sollte, gäbe es bessere Wege, damit umzugehen, als den Großbanken einen Blankoscheck auszustellen und zu hoffen, dass ein Teil des Geldes irgendwie nach unten durchsickern und schließlich Arbeitsplätze schaffen wird. 30
Der Mythos vom gescheiterten Konjunkturpaket
Die Befürworter strenger Spardisziplin entgegnen denjenigen, die erhöhte Staatsausgaben fordern, solche Ausgaben würden die Konjunktur nicht beleben. Sie beginnen ihre Kritik mit der Feststellung, das im Februar 2009 verabschiedete Konjunkturpaket im Volumen von fast 800 Milliarden Dollar habe die Wirtschaft nicht vor einer tiefen Rezession bewahrt – und das Gleiche gelte für eine Erhöhung der Staatsausgaben. Aber das Paket wirkte : Ohne den Stimulus hätte die Arbeitslosigkeit mehr als zwei Prozent höher gelegen und wäre auf über zwölf Prozent gestiegen.
Die Regierung machte allerdings mehrere Fehler. Erstens unterschätzte sie die Tiefe und die Dauer des Abschwungs. Sie glaubte, ohne das Konjunkturpaket würde die Arbeitslosigkeit auf höchstens zehn Prozent steigen. Volkswirte im Dienst der Regierung, von denen einige mit der Entstehung der Spekulationsblase in Verbindung standen, unterschätzten deren Größe. Sie konnten einfach nicht glauben, dass die Immobilienpreise derart aufgebläht waren; daher vermuteten sie, die Preise würden nur vorübergehend zurückgehen und der Konsum wieder anspringen, sobald sich die Preise erholt hätten. Da die Unternehmen mit einem zügigen Aufschwung rechneten, würden sie ihre tüchtigen Mitarbeiter nicht einfach vor die Tür setzen. Die Realität sah anders aus: Die Preise waren gigantisch überhöht gewesen, und da sie auch fünf Jahre nach dem Platzen der Blase noch immer 30 Prozent unter dem Niveau vor der Krise liegen – in einigen Gegenden mehr als 50 Prozent unter
dem Vor-Krisen-Niveau –, zeigt sich immer deutlicher, dass der Immobiliensektor noch auf Jahre hinaus darniederliegen wird, selbst wenn sich der Finanzsektor wieder vollständig erholen sollte. 46 Das ist ein Problem, weil vor der Krise etwa 40 Prozent aller Investitionen in Immobilien flossen.
Zweitens beging die Regierung den Fehler, zu glauben, das Hauptproblem wäre die Finanzkrise – ohne dass sie die tiefere Notwendigkeit eines Strukturwandels erkannte. Die enormen Produktivitätszuwächse im verarbeitenden Gewerbe, die den Anstieg der Nachfrage weit übertrafen, bedeuteten zwangsläufig, dass in dem Sektor Arbeitsplätze abgebaut werden würden – so wie die gewaltigen landwirtschaftlichen Produktivitätssteigerungen in den Jahren vor der Weltwirtschaftskrise zur Folge hatten, dass Arbeitskräfte aus der Landwirtschaft in die Industrie abwandern mussten. Infolge der Globalisierung wird zudem ein wachsender Prozentsatz der
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