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Der Preis des Lebens

Der Preis des Lebens

Titel: Der Preis des Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Endres
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hatte, die der Nachtjäger sich ironischerweise bei der Verteidigung eben jener Dörfler zugezogen hatte.
So oder so waren ihnen die Probleme wie der Herbstnebel aus Egemunde gefolgt, verlangte ihre Reisekasse nach einer Aufbesserung, ehe sie nach Namask kamen.
Schon allein deshalb, da es trotz Lorns nach wie vor guter Kontakte zu den Informanten der Kirche ohne das nötige Kleingeld schwer werden dürfte, an neue, lohnende Aufträge zu kommen. Auch die Pflege, Erneuerung und Aufstockung ihrer Ausrüstung und Vorräte verschlang erfahrungsgemäß eine stattliche Summe, genauso wie der unausweichliche Besuch des Nachtjägers bei einem magischen Heiler, der Lorns Schulter endlich vollständig wiederherstellte. Auch war ihnen beiden klar, dass sie sich nicht ewig von den wenigen betuchten Freunden aushalten lassen konnten, die Visco über die Jahre geblieben waren. Erst recht nicht, nachdem der Herzog von Camvir hinter Viscos nächtliche Besuche im Gemach seiner Tochter gekommen und Lorns und Viscos gestriger Aufbruch vom herzoglichen Schloss in der Folge ein eher überhasteter gewesen war ...
Ja, sie brauchten Geld.
Und Mical Durik hatte Geld.
Dementsprechend hatte der selbst ernannte Pilzkönig und Pächter des kleinen, düsteren Forstes zwischen dem See der Schmetterlinge und den Ruinen von Alabardinan nur wenig Mühe gehabt, den Jagam und seinen bleichen Gefährten am Vorabend dahin gehend zu verpflichten, dass die beiden Durik seinen vermaledeiten Troll vom Hals schafften ...
*
    Eigentlich waren sie eher zufällig am Anwesen des Pilzkönigs vorbei gekommen, nachdem die Soldaten des Herzogs die Verfolgung bei Einbruch der Dunkelheit abgebrochen hatten.
Nun brauchten nicht nur Lorn und Visco, sondern vor allem ihre schnaubenden Reittiere eine Pause, Futter und Wasser.
Da kam das großzügige Anwesen im Schatten der hohen Tannen, Kiefern, Fichten, Eichen und Buchen gerade recht.
»Eine Herberge wäre mir lieber«, sagte Visco mit einem abschätzigen Blick auf das dunkle, zweistöckige Herrenhaus und das halbe Dutzend flacher, strohgedeckter Stallgebäude und Hallen, hinter denen der schier allgegenwärtige Wald bedrohlich wie eine grün gesprenkelte Wand aufragte.
»Wegen der Schankmädchen, die sich was dazu verdienen wollen?« Die hellen Narben in Lorns Gesicht spannten sich. »Ich denke, dass du für heute ausnahmsweise genug hast.«
Viscos Protest blieb ungehört, da Lorn seinen Braunen bereits den Hügel hinab trieb und auf die Pforte in der immergrünen Hecke zuhielt, die das riesige Grundstück an drei Seiten wie ein aufgeplustertes grünes Hufeisen umgab.
Keine halbe Stunde später wussten sie ihre Pferde abgerieben und gut versorgt in einer der Stallungen des weitläufigen Anwesens untergebracht und warteten auf eine Unterredung mit Mical Durik, dem Herrn des Hauses.
Duriks Familie besaß seit über dreihundert Jahren die Verwaltungsrechte an jenem düster vor sich hin brütenden Forst, zu dem das üppige Gut am Waldrand gehörte.
Inzwischen beschäftigte Durik hundertzwanzig Männer und Frauen aus der Umgebung sowie ein Dutzend Förster und Holzfäller. Dazu kamen je nach Jahreszeit bis zu vierzig Saisonkräfte, manchmal auch mehr, im Winter freilich erheblich weniger.
All diese Männer und Frauen halfen Durik dabei, die Pilze und insbesondere die kostbaren Trüffel zu sammeln, die den Reichtum seiner Familie begründeten; Trüffel, die Duriks Zwischenhändler angeblich sogar bis in die Hauptstadt und die Häuser der Aristokratie lieferten. Man munkelte, dass es die Kostbarkeiten aus den schattigen Ecken des uralten Waldes sogar auf die Goldteller der königlichen Familien im In- und im nahen Ausland schafften ...
Allerdings hatte Mical Durik dieser Tage andere Sorgen als die ansonsten freilich geschäftsfördernden Gerüchte über seine Eigenschaft als sporadischer Hoflieferant. Denn wenn er nicht aufpasste, würde Durik dieses Jahr bald mit der Ernte hinterher hinken – was im Falle eines Falles vor allem daran liegen dürfte, dass die Zahl seiner Erntehelfer in den vergangenen zwei Wochen beinahe täglich geschrumpft war.
»Ich weiß nicht, wieso dieser verdammte Troll ausgerechnet in meinen Wald gekommen ist«, erklärte Durik frustriert, nachdem ein schweigsamer Diener Lorn und Visco in ein großes, von Kandelabern ausgeleuchtetes Arbeitszimmer mit dicken Teppichen und schweren Möbeln aus hellem Kiefern- und Eichenholz geführt hatte. Die sehnigen Hände des Pilzkönigs zwirbelten eine rote

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