Der Preis des Verrats (German Edition)
hatte jetzt keinen Sinn. Morehouse konnte das Haus ohne ihn durchsuchen, und die Zeit, die ihm noch blieb, Caitlyn lebend zu finden, lief davon wie Wasser aus einer gesprungenen Vase. Reid rieb sich mit einer Hand über die Augen und nahm auf einmal das dumpfe Pochen wahr, das in seinem Kopf einsetzte.
Er fuhr an der Ausfahrt vorbei und steuerte weiter in den District hinein.
Währenddessen versuchte er, seine Angst in Schach zu halten und klar zu denken. Caitlyn wäre für Cahill etwas Besonderes – er würde wollen, dass Mitch sie an einen besonderen Ort brachte. Die verfallene Fabrik am Potomac in Southwest Washington wäre eine naheliegende Möglichkeit gewesen, wenn sie nicht vor einem Jahr abgerissen worden wäre. Aber es gab noch einen anderen Ort. Als ihm die verstümmelte Puppe in den Sinn kam, drückte Reid noch härter auf das Gaspedal.
Er folgte seinem reinen Instinkt. Wenn er sich irrte, konnte die dadurch verlorene Zeit verheerende Folgen haben.
Kurz darauf passierte er die Francis Scott Key Bridge. Das aufgewühlte Wasser des Flusses unter ihm war dunkel. Reid dachte daran, die Cops anzurufen und eine Einheit zu dem Haus in Georgetown zu schicken, aber er fürchtete, das Sirenengeheul der Streifenwagen könnte Mitch in Panik versetzen, ihn dazu verleiten, seinen Plan schneller voranzutreiben. Wenn er und Caitlyn überhaupt da waren.
Als Reid auf die Wisconsin Avenue Richtung Montrose Park einbog, sandte sein Handy einen schrillen elektronischen Ton aus. „Novak.“
„Da ist niemand zu Hause“, bestätigte Morehouse und klang furchtbar aufgeregt. „Aber der Keller, er ist eingerichtet wie so eine Art Folterkammer. Auf dem Boden liegt eine blutbefleckte Matratze, Seile …“
„Holen Sie die Kriminaltechniker dahin. Dokumentieren Sie jedes Detail.“
Reid hörte das Zittern in seiner Stimme. Plötzlich schien alles um ihn herum in absolute Schwärze getaucht. Er wischte sich mit einer Hand über den Mund. Spürte, wie sein Herz in der Brust hämmerte, als er sich vorstellte, wie Caitlyn gefesselt wurde, gefoltert und vergewaltigt von dem Mann, dem Reid sein Leben anvertraut hatte. Er schlug mit seiner Faust auf das Lenkrad ein, woraufhin ein heftiger Schmerz durch seinen verletzten Arm schoss.
Verdammt noch mal, Mitch .
Seine Selbstvorwürfe wühlten Reid auf bis ins Mark. Er hätte es wissen müssen, hätte die Anzeichen erkennen müssen, dass Mitch einen psychischen Zusammenbruch durchmachte. Nur weil Reid krank gewesen war und abgelenkt – das war keine Entschuldigung. Auch nicht, dass Mitch klug genug war, jegliches verdächtige Verhalten in der Nähe von Leuten, die es am ehesten bemerken würden, zu verbergen.
Mitch hatte das Messer und den Schmuck in David Hunters Hotelzimmer platziert. Auch wenn die Handschrift auf Hunters Abschiedsbrief echt zu sein schien, hatte Mitch den Mann vermutlich gezwungen, die Nachricht zu schreiben, und hatte dann den tödlichen Schuss in Hunters Schädel abgegeben. Als erfahrener Polizist verstand Mitch Zusammenhänge wie Flugbahn der Kugel, Blutspritzer und andere forensische Details. Er würde wissen, was er tun musste, damit es aussah, als ob die Wunde selbst zugefügt worden wäre. Aber wenn Mitch sich so viel Mühe gegeben hatte, Hunter die Schuld für die Morde in die Schuhe zu schieben, warum hatte er sich jetzt ein weiteres Opfer genommen?
Es ergab keinen Sinn.
Reid übersah absichtlich die schwachen Auren, die um die schmiedeeisernen Straßenlaternen herum erschienen, als er die Ausläufer von Montrose Park erreichte. Sein Fahrzeug raste am Flussufer und dem Waldstück entlang, bevor er in das wohlhabende Wohnviertel einbog. Das stattliche Anwesen der Cahills stand in Dunkelheit gehüllt. Das Innere des Hauses war ebenso finster, kein Licht drang aus dem Erdgeschoss oder aus den Mansardenfenstern im obersten Stock. Eine Buchsbaumhecke und ein kunstvoll geschmiedeter Eisenzaun umgaben den Vorgarten des Hauses.
Caitlyn musste hier sein. Wenn Reid sich irrte, wenn er wertvolle Zeit verschwendet hatte …
Er fuhr am Haus vorbei, parkte ein Stück die von Bäumen gesäumte Straße hinunter. Sein rechter Arm fühlte sich steif an,als er aus dem Cherokee stieg und zu Fuß dem gepflasterten Gartenweg folgte, der zur Rückseite des Hauses führte. Er hielt sich nahe an der Hauswand und blickte rasch durch den Garten und in den Innenhof, dessen Mauern von üppigen Efeuranken bewachsen waren. Ein Stück einer metallenen Stoßstange blitzte
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