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Der Preis des Verrats (German Edition)

Der Preis des Verrats (German Edition)

Titel: Der Preis des Verrats (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leslie Tentler
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jemand stirbt .
    Am Ende war Reid zu ihr durchgedrungen. Sie hatte den Schlüssel genommen, den Joshua ihr gegeben hatte, und war, zu einer Zeit, wo sie wusste, dass er nicht zu Hause sein würde, in sein Loft-Apartment am Logan Circle geschlüpft. Ihre groß angelegte Suche war abrupt beendet gewesen, als sie unter dem Kleiderhaufen im Schlafzimmerschrank auf das Notizbuch stieß.
    Was sie in dem Notizbuch las, stieß sie ab und versetzte sie in Angst und Schrecken. Ihr war schlecht geworden von Joshuas handgeschriebenem Tagebuch, in dem er in allen Einzelheiten seine dunklen Geheimnisse preisgab, auch Namen von einigen der toten Frauen. Die derben Zeichnungen neben den Textstellen waren noch schlimmer. Sie zeigten nackte Frauenfiguren, sie waren gefesselt und geknebelt, wurden erniedrigt und gefoltert. Verstümmelt. Sie war, mit Magenkrämpfen und tauben Knochen, ins Bad gewankt und hatte sich übergeben müssen. Verstört hatte Caitlyn das Beweisstück an sich genommen. Nachdem sie eine Stunde lang ziellos durch die Stadt gefahren war, hatte sie sich mit Reid in der FBI-Zentrale getroffen und ihm das Notizbuch überreicht.
    Sie habe das Richtige getan, hatte Reid ihr versichert. Er hatte sie in einen abgelegenen Konferenzraum geleitet, wo sie sich dann an seiner Schulter ausweinte. Sie kannten einander kaum, und trotzdem war diese Verbindung, das Band zwischen ihnen sofort da. Später an jenem Abend, als eine weitere Frau verschwand, richtete Caitlyn unter Reids Anleitung im Fernsehen einen Appell an Joshua und drängte ihn, sich zu stellen.
    Am Ende jedoch forderte Joshua noch ein letztes Opfer, bis das FBI ihn endlich aufhalten konnte.
    Caitlyn hatte schon immer von Joshuas Krankheit gewusst – von der Schizophrenie und der Borderline-Störung, die man bei ihm diagnostiziert hatte, von den ganzen Antipsychotika –, aber niemals hatte sie geglaubt, er könnte zum Killer werden. Mit achtundzwanzig hatte er sein Studium immer noch nicht abgeschlossen, war stattdessen ständig in irgendwelchen psychiatrischen Kliniken. Damals konnte es passieren, dass Joshua wochenlang vollkommen normal erschien, und dann plötzlich, von einem Tag zum anderen, wurde er verschlossen und mürrisch. In diesen Phasen war seine drei Jahre ältere Schwester Caitlyn oft der einzige Mensch, mit dem er sprach.
    Joshuas Psychiatrie-Akte war vertraulich, und ihre Eltern sprachen selten über seinen Zustand, sondern schirmten ihn so weit wie möglich vor den Augen der Öffentlichkeit ab. Als sich das FBI wegen seiner Verbindung zu den getöteten Frauen für Joshua zu interessieren begann, hatte Senator Cahill alles getan, was er konnte, um die Ermittlungen in andere Richtungen zu lenken. Im ganzen District hatte er Leute, die ihm noch etwas schuldig waren, um Hilfe gebeten. Und Caitlyn wurde angewiesen, mit niemandem zu sprechen.
    Was ihr Vater getan hatte, war falsch, das gab sie zu. Aber es geschah aus Liebe und aus dem unerschütterlichen Glauben heraus, Joshua könnte zu so etwas Abscheulichem niemals fähig sein. Auch wenn sie nicht seine leiblichen Kinder waren, vergötterte Braden seinen Adoptivsohn und seine Adoptivtochter. Verteidigte sie, lud Schuld auf sich, nur für sie. Am Ende hatte Caitlyn fertiggebracht, was er nicht konnte – sie hatte Joshua dem FBI ausgeliefert. Aber sie war zu spät gewesen, um den Tod einer weiteren Frau zu verhindern, und zu machtlos, den sehr öffentlichen Zerfall ihrer Familie aufzuhalten.
    Ihr Vater war gestorben, entehrt durch Joshuas Verbrechen. Er hatte sie gehasst für das, was sie getan hatte.
    Hör auf damit, dachte sie. Sie hatte sich auf das Chippendale-Sofa mit der geschwungenen Rückenlehne gesetzt und zog die Füße unter sich. Hör auf, dich mit der Vergangenheit aufzuhalten und mit Dingen, die du nicht kontrollieren kannst . Caitlyn starrte weiter auf die Mattscheibe, der Ton des Fernsehers war zu leise, um etwas verstehen zu können. Sie versuchte, die beunruhigenden Gefühle, die ihr wie ein Stein auf der Brust lagen, fortzuschieben – und ihre Gedanken über Reid Novak –, aber ohne viel Erfolg.
    Reid hatte sich professionell verhalten bei Joshuas Prozess, reserviert – ganz anders als der Mann, der zu ihr gekommen war und sie um Hilfe bei der Jagd nach dem Killer gebeten hatte. Und auch ganz anders als der Mann, der sie getröstet hatte. Dann war er einfach verschwunden, jede Verbindung zwischen ihnen zerbrach. Was hatte sie erwartet?
    Und jetzt sollte ein Nachahmungskiller frei

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