Der Preis des Verrats (German Edition)
ließ vermuten, dass das Opfer einen ähnlichen gesellschaftlichen Status hatte wie Joshua Cahills bevorzugte Zielobjekte. „Wissen wir, wie viele von den Dingern verkauft wurden?“
„Weniger als tausend, landesweit – keine Ahnung im Moment, wie viele davon hier vor Ort. Hey, noch eine Runde“, rief Mitch dem vorbeieilenden Barkeeper zu. „Und ein Weißwein für die Rothaarige am Ende der Bar.“ Er blickte Reid an. „Willst du noch ein Bier?“
„Nein danke.“ Reid hob seine Flasche, zum Zeichen, dass sie noch halb voll war.
„Leichtgewicht.“
Reid hatte noch nie viel getrunken – und war bestimmt nicht in der Lage, mit Mitch mitzuhalten, der immer noch soff wie ein Verbindungsstudent. Sie waren Partner, seit Reid nach seinem Studium mit fünfundzwanzig Jahren beim FBI angefangen hatte. Jetzt, neun Jahre später, nahm er zur Kenntnis, dass sich Mitch nicht sehr verändert hatte … abgesehen von der Tatsache, dass sein Partner zwanzig Pfund zugelegt hatte, zynischer geworden war und vor Kurzem eine hässliche Scheidung durchgemacht hatte – seine zweite. Die Frau nahm den Wein an, den der Barkeeper ihr brachte. Sie warf ihr Haar über die Schulter und lächelte kühl zu Mitch herüber, der ihr mit seinem Whiskeyglas zuprostete.
„Wahrscheinlich so ’ne richtige Eiskönigin, aber trotzdem einen Versuch wert, oder?“ Sein Mund verzog sich zu einem Grinsen. „Wo wir gerade von Eisköniginnen reden, wie geht’s denn Ms Cahill?“
„Ihr geht’s gut … den Umständen entsprechend“, antwortete Reid und überhörte Mitchs spitze Bemerkung. „Sie betreibt ein Reittherapieprogramm für behinderte und benachteiligte Kinder.“
„’ne große Farm?“
„Ungefähr neunzig Morgen, denke ich. Da draußen sieht es wie auf dem englischen Lande aus – üppig und grün.“
Mitch knurrte. „Für Geld kriegt man alles.“
Reid wusste, dass Mitch wegen seiner letzten Scheidung reichlich Geldsorgen hatte. „Wie geht’s denn mit dem Haus? Wirst du es behalten können?“
„Vermutlich, wenn ich umschulden kann.“ Mitch blickte finster drein, in Gedanken versunken. „Eileen möchte offenbar sehen, wie ich es verliere. Es ist so ungefähr das Einzige, was sie durch die Scheidung nicht in die Finger bekommen hat.“
Nach weiteren zwanzig Minuten verabschiedete sich Reid,damit Mitch sich mit der Rothaarigen beschäftigen konnte, die einen zweiten Drink angenommen hatte und etwas freundlicher geworden war. Während er sich durch die dichte Menge zum Ausgang der Bar schob, bemerkte er erneut das schwache Klopfen hinter seinen Schläfen, das ein paar Minuten zuvor begonnen hatte. Er versuchte es zu ignorieren. Es sind nur Kopfschmerzen . Jeder konnte die bekommen in einer brechend vollen Bar mit lauter Musik und Stimmengewirr.
Nichts, worüber man sich Sorgen machen musste.
Als er den Ausgang erreichte, spürte er erleichtert die kalte Nachtluft auf seinem Gesicht und wandte sich nach links in Richtung Seitenstraße, wo er seinen Geländewagen geparkt hatte. Aber als er auf den Schlüsselanhänger klickte, um die Tür zu öffnen, wurde der Schmerz in seinem Schädel plötzlich stärker und hartnäckiger. Reid schloss die Augen und berührte seine Stirn mit der rechten Hand. Er lehnte sich gegen den Wagen, um sich zu fangen.
Eine Minute später klang der schwindelerregende Schmerz ab. Kurz überkam ihn die Furcht, der Tumor wäre zurück – dass er irgendwie von Neuem gewachsen oder dass bei der Operation nicht alles davon entfernt worden wäre.
Er schüttelte die irrationalen Gedanken ab. Seine letzte Kernspin-Untersuchung war hundertprozentig in Ordnung gewesen.
Reid öffnete die Tür des Geländewagens und rutschte auf den Ledersitz. Er fühlte sich wieder okay. Die Kopfschmerzen waren gekommen und gegangen wie ein kurzes, heftiges Sommergewitter. Dennoch saß er für einige Augenblicke still in dem Wagen, starrte durch die Windschutzscheibe und dachte an seine lange Genesung. Der Tumor war zwar nicht bösartig gewesen, doch er hatte in einer zentralen Hirnregion gelegen, sodass es unumgänglich gewesen war, ihn zu entfernen. Die Operation war aufwendig, ein großer Eingriff, und es hatte Monate gedauert, bis er sein Leben zurückhatte. In dieser Zeit war er schwach gewesen, zerbrechlich gar, etwas, was er niemals wieder sein wollte.
Das Tatortfoto, das er Caitlyn gezeigt hatte, lag auf dem Beifahrersitz. Reid versuchte, seine Gedanken auf etwas anderes zu richten, und betrachtete das Foto ein
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