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Der Preis des Verrats (German Edition)

Der Preis des Verrats (German Edition)

Titel: Der Preis des Verrats (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leslie Tentler
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wenig länger. Das Opfer in dem Stadthauskeller spiegelte auf gespenstische Weise die Frauen wider, die Cahill ihnen zurückgelassen hatte. Stirnrunzelnd nahm Reid das Foto zur Hand und untersuchte es genauer. Für ihn löschte die Schachfigur jeden Zweifel aus. Das hier war kein Zufall.
    Er fragte sich, wie lange es dauern würde, bis eine zweite Leiche auftauchte.

5. KAPITEL
    Die Schnappschüsse waren in einer Pappschachtel verstaut, hinten, oben im Schrank, fast außer Reichweite. Er hatte sie nach der Beerdigung dort verstaut, denn er hatte es nicht ertragen, ihr schönes Gesicht auf den Fotos zu sehen. Ihre gemeinsame Zeit war lächerlich kurz gewesen. Eines Tages würde er die Fotos seiner Tochter geben, die zu klein gewesen war, um sich an sie zu erinnern. Er hingegen brauchte keine Andenken.
    Ihr Bild hatte sich in seine Seele gebrannt.
    Manchmal stellte er sich vor, wie es wäre, ihr zu begegnen – während der Ferien zwischen den dicht gedrängten Besuchern im Einkaufszentrum von Georgetown oder zwischen all den Büromenschen, die an einem hektischen Dienstagmorgen zur Arbeit eilten. Ihm wurde dann leichter ums Herz, bis die Realität ihn wieder beim Kragen packte.
    Sie ist fort. Lass los .
    Einmal war er einer Frau fünf Blocks lang gefolgt, vollkommen verzaubert von ihrem blonden Haar und der Weise, wie es sich im Licht der Morgensonne bewegte. Sie hatte eine marineblaue Jacke getragen, so eine im Militärstil, die schmerzlich vertraut wirkte. Atemlos hatte er sie eingeholt. Seine Kehle war wie zugeschnürt gewesen und sein Herz hatte ihm bis zum Hals geklopft vor lauter hoffnungsvoller Erwartung. Er hatte nach ihr gegriffen, sie herumgewirbelt, damit sie ihn ansah. Aber die Augen, die Nase, die Neigung des Kinns – nichts stimmte. Kam nicht einmal in die Nähe ihrer Schönheit.
    Erschrocken war die Frau zurückgewichen, als er ihr eine unbeholfene Entschuldigung anbot, mit rotem Gesicht und Tränen der Enttäuschung in den Augen. Wie dumm von ihm.
    Er wusste es doch besser, er wusste, dass dieser kranke Scheißkerl sie getötet hatte, und trotzdem suchte er weiter nach ihr. Seine Kinder wurden jetzt überwiegend von Nannys großgezogen, und seine Schwiegereltern bemühten sich um das Sorgerecht. Für ihre Kinder . Die Kinder waren das Einzige, wasihm von ihr geblieben war. Seine Hand schloss sich fester um das feuchte Glas. Es war halb voll mit Gin und Tonic, überwiegend Gin.
    Sie hatte einen brutalen Tod erlitten. Verängstigt. Frierend. Vor einer ganzen Weile schon war ihm klar geworden, dass er in diesem verfallenen Gebäude mit ihr zusammen gestorben war. Der Bastard hatte sie beide zugrunde gerichtet. Manchmal glaubte er, sein Schmerz und seine Wut wären die einzigen Dinge, die ihn noch an diese Welt banden.
    Er ließ das Glas auf der Kommode stehen, langte hinauf in das Fach des Schranks, wo er den stabilen Karton ertastete, dessen Inhalt für all das stand, was sein Leben einmal ausgemacht hatte. Einen Augenblick lang überlegte er, ob er sich seinen Erinnerungen hingeben sollte, aber er nahm die Box nicht herunter. Er wollte sie nicht öffnen. Noch nicht. Der Karton erschien ihm wie ein Sarg. Die matten, statischen Aufnahmen von ihr waren tot. Doch er wollte warme Haut an seinem Körper spüren, das Gefühl, wie seidiges Haar durch seine Finger glitt. Wenn er seine Augen schloss, konnte er beinahe ihr heiseres Lachen hören. Was er wollte, waren Antworten.
    Er wollte weiter nach ihr suchen.

6. KAPITEL
    Caitlyn fuhr auf der zweispurigen Landstraße nach Hause. Der Abend mit Sophie und Rob war entspannend gewesen, auch wenn sie länger geblieben war, als sie vorgehabt hatte. Nach dem Dinner in einem kleinen Restaurant hatten sie ein klassisches Konzert besucht. Es hatte unter freiem Himmel stattgefunden, als Teil des Middleburg Fall Arts Festival. Die Digitaluhr am Armaturenbrett des BMW zeigte an, dass es bereits nach neun war. Eine undurchdringliche Dunkelheit hatte sich am Himmel ausgebreitet, die nicht einmal das Licht der vereinzelten Straßenlaternen durchdrang. Caitlyn, die im District of Columbia aufgewachsen war, war sich nicht bewusst gewesen, wie dunkel die Nacht sein konnte ohne das endlose Stadtgebiet um sie herum.
    An dem aus Feldsteinen und Holz errichteten Schild, das die Rambling-Rose-Farm ankündigte, bog sie nach links auf den langen Privatweg ab, der zu ihrem Haus führte. Die Scheinwerfer des Wagens beleuchteten die hochgewachsenen Eichen und Ahornbäume entlang der

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