Der Preis des Verrats (German Edition)
rabenschwarzes Haar, das ihm in die Augen hing, war immer noch struppig und zerzaust. Er hatte sich ein Kinnbärtchen wachsen lassen. Caitlyn fragte sich, ob das ein Versuch war, irgendwie tougher, gerissener auszusehen. Der hässliche orange Gefängnisoverall, den Joshua trug, biss sich mit seiner olivfarbenen Haut. Auf der Vordertasche des Overalls war eine Zahlenreihe aufgedruckt.
„Hallo, Caity.“ Joshua hob die Hand zu einem kleinen Winken. Seine Bewegung wurde von den Handschellen begrenzt, die an seinem Platz am Tisch befestigt waren. „Schön, dich zu sehen.“
Caitlyn zuckte unwillkürlich zusammen, als der Wärter die Tür hinter ihr schloss und sie beide allein ließ.
„Willst du dich setzen?“
Steif ließ sie sich ihm gegenüber nieder. Ihr Mund fühlte sich trocken an, und sie merkte, dass ihr Herz raste. „Wie geht es dir, Joshua?“
„Danke, gut.“ Er rasselte mit den Handschellen, die ihn an den Tisch banden, und schenkte ihr ein schwaches Lächeln. „Den Umständen entsprechend.“
Seine dunklen Augen huschten über sie hinweg. Caitlyn bekam eine Gänsehaut und verkrampfte die Hände im Schoß. Die Tischplatte verbarg ihre weißen Knöchel vor ihm.
„Du hast dich kein bisschen verändert.“
„Du irrst dich“, flüsterte sie. „Das habe ich doch.“
Ernst dachte er darüber nach. „Ich hoffe, du konntest zumindest dein Leben weiterleben.“
Sie hob kaum merklich ihr Kinn, sagte aber nichts.
„Ich habe gehört, du leitest jetzt ein Reittherapieprogramm.“ Joshua rutschte auf seinem Stuhl hin und her. War er genauso nervös wie sie? „Das macht Sinn. Ich weiß noch, wie sehr du deine Pferde immer geliebt hast.“
Caitlyn betrachtete Joshuas sanfte Züge, versuchte, irgendein Monster auszumachen, das sich in seinem Inneren versteckthielt. War es immer noch da, oder hatten die Medikamente und die Psychiater schließlich geschafft, es auszutreiben? Reid glaubte fest daran, dass Joshua sich nicht verändert hatte.
„Wie geht’s Mom?“
„Sie ist … jetzt in einem Heim.“ Als Joshua überrascht die Stirn runzelte, fügte sie hinzu: „Ich musste sie vor einigen Monaten dorthin bringen. Sie leidet aller Wahrscheinlichkeit nach an fortgeschrittenem Alzheimer, obwohl sich die Spezialisten in der Diagnose nicht einig sind.“
„Das tut mir leid.“ Er sah wirklich betroffen aus. „Das wusste ich nicht.“
Was immer Caroline befallen hatte, Caitlyn wusste eines ganz sicher. Die Verbrechen ihres Bruders waren der Auslöser gewesen.
„Für Mom wird gut gesorgt“, sagte sie und unterdrückte den Groll, der sich in ihr regte. „Sie ist in der Vinings Care Facility in Foggy Bottom. Das Haus in Georgetown verkaufe ich, damit ich die Kosten decken kann.“
Er seufzte. „Ich weiß, wie hart das alles für dich gewesen sein muss, Caity.“
„Was ist mit den Familien der Opfer, denen du das Leben genommen hast?“, fragte sie leise. Sie konnte sich nicht länger zurückhalten. „Ich bin sicher, es war für sie viel härter.“
„Ich war krank.“ Joshua fing ihren Blick auf. „Ich muss mit dem leben, was ich getan habe. Jeden Tag. Und ich werde für den Rest meines Lebens dafür bezahlen. Ohne Möglichkeit auf Bewährung bedeutet, ich werde niemals hier herauskommen. Verstehst du das? Ich muss zumindest so etwas wie Vergebung von dir erhalten.“
„Du hättest mir davon erzählen können, Joshua.“ Sie starrte auf ihre Hände herunter und versuchte fortzufahren. „Du hättest mir erzählen können von diesem Trieb oder diesem Verlangen, das du verspürt hast. Vielleicht hätte ich …“
„Mir geholfen?“
Caitlyn sah ihn an.
„Du hast mein Tagebuch gelesen. Meine Fantasien gesehen, was ich mit Frauen anstellen will. Was ich später dann mit ihnen angestellt habe . Glaubst du wirklich, du hättest mich aufhalten können?“
„I…Ich weiß nicht.“
Er lachte kurz und hämisch auf, schüttelte den Kopf, als ob es ihn amüsierte, was sie sagte. Mit ruhiger Stimme setzte er hinzu: „Ich hatte dieselben Fantasien auch über dich.“
Die Temperatur in dem kleinen Raum schien um zwanzig Grad zu fallen. Caitlyns Atem ging pfeifend. Sie starrte Joshua an. Seine dunklen Augen hatten sich verändert, schienen schwarz und pupillenlos. „Du warst meine Muse, Caity. Hast du das nicht gewusst?“
„Hör auf damit.“
„Du willst die Wahrheit wissen. Ich erzähle sie dir gerade.“
Caitlyn holte Luft und machte weiter. „Aber du hast mir niemals … wehgetan. Du
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