Der Preis des Verrats (German Edition)
gehen“, sagte Reid zu Caitlyn. „Ich werde jemanden holen, der dich zurück zum Büro fährt.“
„Ich fahre mit euch.“
Er schüttelte den Kopf. „Nein.“
„Ich habe dir den Namen des Opfers besorgt und wo ihr die Leiche finden könnt“, beschwor sie ihn. „Ich muss dabei sein.“
„Ich möchte nicht, dass du …“
„Lass sie mitkommen“, warf Agent Tierney ein. Er sah Reid an, nicht Caitlyn, und sie fühlte sich plötzlich wie ein ungewolltes Kind, das darum gebettelt hatte, mitkommen zu dürfen. „Sie kann im Auto bleiben.“
Stirnrunzelnd fuhr sich Reid mit einer Hand durchs dunkle Haar. „Dann los“, sagte er leise.
21. KAPITEL
Der Deep Creek Lake lag versteckt in den herbstlich gefärbten Bergen im Westen von Maryland. Trotz der frischen Temperaturen an diesem Nachmittag glitten Segelboote über das kristallklare Wasser. Caitlyn lehnte sich an die Motorhaube von Agent Tierneys Crown Victoria. Sie fröstelte in ihrem Wollmantel. Die Boote glitten nah am Ufer an ihr vorbei, die Segel blähten sich im Wind. Caitlyn schaute ihnen eine Weile zu, bevor sie ihre Aufmerksamkeit wieder der grausigen Arbeit zuwendete, die ein Stück weiter entfernt von ihr stattfand.
Die Gerichtsmediziner hoben soeben an der Stelle, die Joshua beschrieben hatte, vorsichtig die abgesackte braune Erde aus. Das Grab lag ungefähr fünfzehn Meter hinter einem Lagerschuppen, am Rand eines Waldpfads, der zum Ufer hinunterführte. Ein klar erkennbares X war in die Rinde einer nahen Eiche geschnitzt worden und markierte den Punkt, wo Joshua vermutlich die Leiche von Donna Faust begraben hatte. Reid und Agent Tierney standen mit Agent Morehouse am Rand des Schauplatzes und hatten Caitlyn den Rücken zugewendet.
„Wir haben etwas“, rief einer der Gerichtsmediziner in weißem Overall aus. Er klang aufgeregt. Angst kroch Caitlyn den Rücken hinauf. Sie stieß sich von dem Wagen ab und bewegte sich auf den Fundort zu. Sie sah einige der Todesermittler am Rand der flachen Grube hocken. Mit ihren pinselartigen Bürsten entfernten sie die lose Erde.
„Caitlyn.“ Reid fasste sie behutsam am Arm. „Du solltest eigentlich beim Auto bleiben.“
Sie sah hinunter auf seine Hand an ihrem Mantelärmel. Sie steckte in einem Latexhandschuh, die Fingerspitzen waren schmutzig. Caitlyn schluckte. Also hatte auch Reid in der Erde nach den Überresten der Frau gesucht, die Joshua ermordet hatte.
„Geh zurück zum Auto“, mahnte er.
„Ich kann sie zurück in den District bringen“, bot Agent Morehouse an.
„Sie bleibt.“ Tierney blickte Caitlyn prüfend an, seine großen Hände hatte er in den Waffengürtel um seine Taille gehakt. „Ich glaube, sie sollte aus erster Hand erfahren, was ihr kleiner Bruder angerichtet hat.“
„Knochen.“ Ein Gerichtsmediziner pinselte auf einer Reihe schmutzbedeckter Knochenbögen herum, die zwischen der Erde und den verwesenden Blättern lagen. Der Mann spähte zu den FBI-Agenten und Polizisten hoch, die um das flache Grab herumstanden. „Scheint ein Brustkorb zu sein, der Größe nach vermutlich weiblich.“
Er näherte sich einer Stelle ungefähr dreißig Zentimeter weiter oben und bürstete dort ebenso den Dreck beiseite. „Und hier haben wir einen Schädel.“
Caitlyn starrte auf die runde Schädeldecke, die in der Erde zum Vorschein kam. Sie spürte Reids Hand auf ihrem Rücken und merkte, dass sie weiche Knie bekommen hatte. Sie hielt die Finger fest gegen ihre Lippen gedrückt, schob sich von ihm weg und zwang sich, aufrecht stehen zu bleiben, während sie beobachtete, wie der Rest von Donna Fausts Skelett vorsichtig und schrittweise freigelegt wurde. Die Frau war vor mehr als zwei Jahren hier begraben worden, nachdem Joshua mit ihr fertig gewesen war. Von den Hüftknochen war nichts übrig geblieben – kein Gewebe, kein Fäulnisgeruch von sich zersetzendem Fleisch. Immer noch kämpfte Caitlyn gegen die aufsteigende Übelkeit an.
Ein anderer Gerichtsmediziner durchsuchte die Erde mit Pinzetten. Plötzlich zog er einen harten, pinken Klumpen heraus, an dem noch Blätter klebten.
„Scheint Kaugummi zu sein.“ Er ließ ihn in eine Beweismitteltüte fallen, die er dann weiterreichte, um seine Grabung fortzusetzen.
Caitlyn hatte auf einmal einen Kloß im Hals. Bei dem Gedanken, wie Joshua Kaugummi kaute und Blasen platzen ließ,während er sein Opfer begrub, und dann den Kaugummi der Frau in das notdürftige Grab hinterherspuckte, bekam sie eine Gänsehaut.
„Enthält
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