Der Preis des Verrats (German Edition)
verengten sich fast unmerklich. Caitlyn hatte bei Reid bereits dieselbe Mimik bemerkt. Und zwar immer kurz bevor er seine Zweifel oder seine Bestürzung über etwas ausdrücken wollte. Die Familienähnlichkeit zwischen den beiden Geschwistern war auffällig.
„Nach alldem, was Reid wegen der Cahills durchmachen musste, würde ich gerne wissen, warum“, sagte Megan.
„Ich bin Teil seiner Arbeit.“
„Er ist im Moment nicht im Dienst. Angeblich.“
Caitlyn holte kurz Luft. Sie verstand Megans Feindseligkeit nur allzu gut.
„Nun ja, da Sie mich jetzt offenbar einiges fragen wollen, vielleicht könnte ich währenddessen duschen?“ Caitlyn wies auf ihre verletzte Hand. „Es ist nämlich so, ich könnte wirklich etwas weibliche Unterstützung gebrauchen.“
27. KAPITEL
„Haben Sie noch Kontakt zu Ihrem Bruder?“
Megans Frage drang durch das Rauschen des fließenden Wassers hindurch an Caitlyns Ohr. Sie beendete ihre Dusche, griff nach dem Hebel des Wasserhahns und drehte das Wasser ab. Für einen kleinen Augenblick blieb sie mitten in der dichten Wasserdampfwolke stehen, bevor sie antwortete.
„Nein. Jedenfalls nicht bis vor Kurzem.“ Sie nahm das große Handtuch in Empfang, das Megan ihr durch den geschlossenen Duschvorhang reichte. „Reid hat mich vor einigen Tagen ins Springdale Penitentiary gebracht, um mit ihm zu sprechen.“
„Warum?“
„Weil Joshua offenbar noch weitere Frauen getötet hat. Mehr als die, für die er verurteilt wurde.“ Caitlyn bemühte sich, nicht daran zu denken, was Joshua zu ihr gesagt hatte. Darüber, dass sie seine Muse wäre und was er mit ihr hatte tun wollen. Sie schob den Duschvorhang zurück. Das gestreifte Handtuch hielt sie verschämt vor ihren Körper. „Er hat versprochen, die Fundorte der Leichen zu verraten. Aber nur, wenn ich ihn besuchen komme.“
Die Betroffenheit stand Megan ins Gesicht geschrieben. Sie setzte sich auf den Rand des Waschtischs und nippte an einem Bier, dass sie sich aus Reids Kühlschrank organisiert hatte. „Hat er es getan?“
„Einen Fundort hat er verraten. Ich werde ihn wiedersehen müssen, um die anderen zu erfahren.“
„Wie viele gibt es denn noch?“
„Sie sind sich nicht sicher.“
„Ich kann mir das nicht vorstellen“, gestand Megan.
„Das müssen Sie auch nicht“, antwortete Caitlyn. „Ihr Bruder ist ja ein guter Mensch.“
Wasser rann von Caitlyns Haar herunter und tropfte auf die Kunststoffwanne der Dusche. Megan betrachtete sie schweigendüber den Kopf ihrer Bierflasche hinweg. Dann stand sie auf, stellte die Flasche neben das Waschbecken und half Caitlyn in Reids Bademantel. Mit der gesunden rechten Hand griff Caitlyn nach dem Handtuch und tupfte ihr schulterlanges Haar trocken. Selbst in dem beschlagenen Spiegel war der Bluterguss an ihrer Schläfe zu sehen.
„Wie sind Sie vorhin in die Hosen hineingekommen?“, fragte Megan und runzelte die Stirn, als sie Caitlyns langsame, vorsichtige Bewegungen beobachtete. Sie zeigten, welche Schmerzen Caitlyn hatte. „Hat Reid …“
Caitlyn schüttelte den Kopf. „Ich habe es größtenteils allein geschafft, aber es hat ewig gedauert. Ich weiß die Hilfe zu schätzen.“
„Entschuldigung, das geht mich wirklich nichts an“, sagte Megan. Sie klang verlegen. Doch auf einmal schien sie ein wenig aus sich herauszugehen. „Reid ist zwar der Polizist in der Familie, aber es heißt immer, ich wäre die wahre Vernehmungsspezialistin. Mein Bruder würde mich erwürgen, wenn er wüsste, dass ich Sie gefragt habe …“
Plötzlich bemerkte sie ihren Ausrutscher und unterbrach sich. Caitlyn wusste, woran sie dachte – dass Joshua seine Opfer erwürgt hatte.
„Es tut mir leid, das habe ich nicht so gemeint.“
„Ist okay. Ich bin daran gewöhnt.“
Megan hatte Caitlyn ihrer Familie vorgestellt – wenn auch recht kühl –, bevor sie zusammen ins Badezimmer gegangen waren. Die Familie hatte beschlossen zu warten und ihr Abendessen später in dem mexikanischen Restaurant einzunehmen, und so saßen Megans Ehemann und die Töchter jetzt im Wohnzimmer vor dem Flachbildfernseher und sahen sich eine Sitcom an. Das jüngere der beiden Mädchen erzählte aufgeregt von seinem Schultag. Die Stimme der Kleinen drang durch die Badezimmertür.
„Maddie und Isabelle sind absolut bezaubernd“, sagte Caitlyn, um das Thema zu wechseln.
„Sie sind anstrengend“, gestand Megan. „Aber sie sind es auf jeden Fall wert.“
„Natürlich.“
Megan beobachtete, wie Caitlyn
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