Der Preis des Verrats (German Edition)
sich mit einer Bürste durch das nasse Haar fuhr.
„Ich weiß, Sie … haben geholfen …, in dem Capital-Killer-Fall. Sie haben damals Beweise für die Schuld Ihres Bruders geliefert.“ Megan schüttelte den Kopf. „Und ich weiß auch, dass ich nicht böse auf Sie sein sollte wegen der Ermittlungen, aber ich kann mir nicht helfen.“
Ihre grauen Augen waren Reids so ähnlich und schauten Caitlyn genauso unverwandt an. „Wissen Sie, Ihr Vater hat Reid durch die Hölle geschickt. Er hat beinah seine Stelle bei der VCU verloren, alles, wofür er die letzten neun Jahre gearbeitet hat.“
„Ich weiß“, sagte Caitlyn leise. Kummer und Reue stürzten auf sie ein.
„Reid ist krank gewesen.“
„Auch das weiß ich.“
„Es geht ihm jetzt besser, aber das hält mich nicht davon ab, mich wie eine Glucke zu benehmen.“ Megan seufzte, während sie nachdenklich an dem Bierlabel zupfte und es von der Flasche pulte. „Unsere Mutter starb an einem Hirntumor, als Reid und ich noch Kinder waren. Deshalb stehen wir uns ziemlich nahe.“
Caitlyn dachte an die handschriftliche Notiz, die sie auf Reids Schreibtisch gefunden hatte. Angst wallte in ihr auf, aber sie sagte nichts. Sie hatte nicht gewusst, dass seine Mutter an derselben Krankheit gestorben war – so war die Diagnose für die ganze Familie sicher noch viel entsetzlicher gewesen.
„Manchmal glaube ich, die Ermittlungen im Capital-Killer-Fall haben den Tumor in seinem Kopf wachsen lassen.“ Megan zuckte mit den Schultern. „Ziemlich verrückt, ich weiß. Aber Reid nahm die Untersuchungen so persönlich. Jedes Opfer ist ihm an die Nieren gegangen. Ich mache mir Sorgen, dass das noch einmal passiert.“
Ihr Blick schien zu sagen: Und ich habe Angst, dass er sich dieses Mal wegen Ihnen in den Fall verstrickt .
„Reid nimmt seine Arbeit ernst. Er hat eine wichtige Aufgabe.“
Megan nickte. „Er ist gut in dem, was er tut – er ist sogar großartig, laut seinen Vorgesetzten. Er hat mehr Belobigungen bekommen als irgendein anderer Agent in seinem Alter. Aber ihm fehlt, was unser Dad ‚professionellen Abstand‘ nennt.“
Und genau das macht Reid so anders, dachte Caitlyn. Es trennte ihn von Männern wie Mitch Tierney, der Verdächtige und Opfer mit fast demselben Zynismus behandelte. Aber zugleich wusste sie, dass es schwer sein musste, jeden Tag zu erleben, was diese Männer erlebten, ohne abzustumpfen. Diese harte, schützende Schale war auch notwendig.
„Reids Hirntumor“, fragte sie, „war er erblich?“
„Sie wissen, wie nervös Ärzte werden, wenn sie solche Aussagen treffen sollen.“ Megan stellte die jetzt leere Flasche auf den Waschtisch und wischte sich die Hände an ihrem Rock ab. „Es war derselbe Tumor-Typ wie bei unserer Mutter. Reid hatte aber Glück. Seiner war gutartig und operabel. Trotzdem war es ein schwerer Eingriff. Die Genesung schritt ziemlich langsam voran.“
„Er hat mir erzählt, wie viel Glück er hatte, dass Sie bei ihm waren“, sagte Caitlyn. Sie fand, seine Schwester sollte das wissen.
Megan senkte den Kopf. „Haben Sie gewusst, dass er eine Verlobte hatte?“
Der stechende Schmerz traf Caitlyn vollkommen unvermittelt. „Was ist passiert?“
„Als sie sich kennenlernten, war der Capital-Killer-Fall bereits abgeschlossen. Sie fingen an, sich zu treffen, und zogen zusammen, noch bevor sie verlobt waren. Aber Andrea beendete die Beziehung, nachdem die Ärzte den Tumor gefunden hatten. Sie konnte nicht mit dem Gedanken umgehen, dass Reid behindert sein oder gar sterben könnte, wenn die Operation fehlschlug.“
„Wie schrecklich“, murmelte Caitlyn. Sie verstand nicht, wie eine Frau, die behauptete Reid zu lieben, ihn dann im Stich lassen konnte, wenn er sie am meisten brauchte. Die Frage ging ihr über die Lippen, bevor sie es überhaupt gemerkt hatte. „Liebt er sie immer noch?“
„Ich glaube nicht. Ich weiß, dass sie keinen Kontakt mehr zueinander haben.“
„Warum erzählen Sie mir das alles?“
„Weil Reid eine Menge durchgemacht hat. Er soll nicht noch einmal verletzt werden.“ Die zwei Frauen starrten einander einige bedeutsame Sekunden lang an. Dann trat Megan einen Schritt zur Tür. „Ich werde mal nach den Mädchen sehen. Ich bin in einer Minute zurück, um Ihnen beim Anziehen zu helfen.“
Sie ließ Caitlyn allein mit ihren Gedanken zurück. Caitlyns Erinnerungen wanderten zu ihrem Verlobten, der nach Joshuas Festnahme mit ihr Schluss gemacht hatte. Sie und Reid hatten beide eine
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