Der Preis des Verrats (German Edition)

überlegen. Hunter kam hierher zurück, weil er hoffte, Ms Cahill wieder gegenüberzutreten. Stattdessen stieß er auf Bliss Harper. Noch eine attraktive Blondine.“
    Reid musste zugeben, dass das Szenario Sinn ergab. Dennoch, das Bild war nicht vollständig. „Unserem Wissen nach besitzt Hunter keinen weißen Lieferwagen wie den, der bei der Beinahe-Entführung von Caitlyn verwendet wurde.“
    „Vielleicht hat er ihn geklaut. Oder ihn frisch von der Straße weg gekauft.“
    Reid dachte einen Moment lang nach. „Was haben dir die Ärzte in der Psychiatrie über Hunter erzählt?“
    „Sie hatten gar keine Chance, ihr psychologisches Gutachten zu vervollständigen, bevor er entwischt ist, aber er ist eindeutig verhaltensgestört.“
    „Gestört genug, um einen Mord zu begehen?“
    „Ich konnte sie nicht so weit kriegen, mir das zu bestätigen.“
    „Schon irgendeine Nachricht wegen des Bewachungsteams für Caitlyn?“
    Mitch schüttelte den Kopf. „Noch nicht. Wo ist sie überhaupt?“
    Reid fand, sein Partner brauchte nicht zu wissen, dass sie in seinem Apartment wohnte. Stattdessen sagte er: „Bei Megan und ihrer Familie.“
    Es war ja keine komplette Lüge, redete er sich ein. Im Moment war sie bei ihnen. Reid hoffte nur, seine Schwester hatte nicht die Gelegenheit genutzt, um Caitlyn gehörig die Meinung zu sagen. Sie hatte schon genug durchgemacht. „Ich muss zurück. Danke für den Anruf.“
    Mitch begleitete ihn zur Tür. „Kein Problem. Ich habe mir gedacht, du würdest den Tatort hier aus erster Hand sehen wollen. Hey, bist du okay?“
    „Mir geht es gut“, log Reid.
    „Du hast morgen früh deine Waffentauglichkeitsprüfung, nicht wahr?“
    „Um acht Uhr.“
    „Viel Glück.“ Mitch nickte Agent Morehouse zu, der gerade am anderen Ende des Raums mit einem der Polizisten sprach. Er war offenbar direkt von zu Hause weg an den Tatort gerufen worden, denn er trug dunkle Trainingskleidung. Er sah aus wie der Center-Spieler eines Basketballteams an der Highschool.
    „Ich werde einen Laufburschen verlieren, aber meinen richtigen Partner zurückbekommen“, sagte Mitch.
    Sobald Reid aus der Tür war, schritt er die Verandastufen hinunter und an den Übertragungswagen vorbei. Die Medienleuteriefen nach ihm, wollten einen Kommentar zu dem, was sich im Haus abspielte. Doch Reid beachtete die Reporter nicht weiter. Das war nicht schwer, denn sein Verstand war ohnehin mit anderen Dingen beschäftigt. Dinge, die eigentlich über die laufende Ermittlung oder auch Caitlyn hinausgingen.
    Die erste Nachricht war gestern auf seinem Handy hinterlassen worden. Die zweite kam an diesem Morgen.
    Es ist wichtig, dass Sie sich mit uns in Verbindung setzen, Mr Novak. Wir möchten gerne baldmöglichst einen Termin für Sie bei Dr. Isrelsen ausmachen. Es geht um die Ergebnisse Ihrer Kernspin-Untersuchung .
    Reid hatte die Ereignisse der letzten zwei Tage als Ablenkung benutzt. Aber wenn sich seine schlimmsten Ahnungen bewahrheiteten, dann würde er davor nicht ewig davonrennen können.

28. KAPITEL
    Als Reid in sein Apartment zurückkam, fiel sein erster Blick auf Caitlyn. Sie schien gerade geduscht zu haben. Ihre Haare waren noch feucht, und ihre Haut war rot von dem heißen Wasser, was sehr hübsch aussah. Sie saß in dem einfachen Baumwollpyjama, den sie vor ein paar Stunden im Einkaufszentrum gekauft hatte, zwischen Maddie und Isabelle auf der Couch. Sobald er durch die Tür trat, stand Megan auf und verkündete: „Okay, Mädels, Onkel Reid ist zurück. Sucht eure Sachen zusammen. Wir gehen jetzt Abend essen.“
    „Danke, dass ihr geblieben seid“, sagte Reid zu seiner Schwester, als sie anfing, ihre Familie einzusammeln.
    „Ist alles in Ordnung?“
    „Ja.“ Reid nickte, gleichwohl fiel sein Blick wieder auf Caitlyn, die Isabelle half, ihre vielen Spiralbücher und Anstecker in den Hello-Kitty-Rucksack zu schieben. Die Zeit mit seinen Nichten schien sie etwas entspannt zu haben, und ihm graute förmlich davor, ihr von der neuesten Wendung der Ereignisse zu erzählen.
    „Schön, Sie kennengelernt zu haben, Caitlyn“, sagte Cooper, als er seiner ältesten Tochter den Mantel hinhielt, damit sie ihre Arme hineinschieben konnte.
    „Gleichfalls.“
    Reid entging der Blick nicht, den sich Megan und Caitlyn zuwarfen. Ihm kam es so vor, als hätten die beiden Frauen tatsächlich miteinander gesprochen, während er fort war, statt wie zwei Boxer in ihren Ringecken zu bleiben und darauf zu warten, dass die Glocke die