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Der Priester

Der Priester

Titel: Der Priester Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerard O'Donovan
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ihr, die von einer Batterie Bogenlampen an den Rändern der Senke in grelles Licht getaucht wurde. Darin befanden sich acht bis zehn, von Kopf bis Fuß in geisterhafte, weiße Overalls gehüllte Beamte. Einige standen, andere fotografierten, ein paar suchten auf Knien den Boden ab. Über einem dicken Betonrohr, das sich unten durch die Kuhle zog, hatte die Spurensicherung ein weißes Zelt errichtet. Siobhan blieb für einen Moment das Herz stehen, als sie überlegte, was sich darunter befinden könnte und wie sie von ihrem Standort unbemerkt an eine Stelle kam, von der sie einen Blick hineinwerfen konnte. Wahrscheinlich lag es an ihrer überschäumenden Fantasie, dass sie die Bewegung hinter sich nicht bemerkte. Die lauernde Gestalt. Den langen Arm, der ausgestreckt wurde, um sie zu ergreifen.
    Trotz ihrer routinierten Proteste machten sie kurzen Prozess mit ihr. Der junge Polizist, der sie erwischt hatte, war zwar ziemlich freundlich. Wahrscheinlich hatte er so wie sie einen Riesenschreck gekriegt, als in der Dunkelheit plötzlich eine fremde Person vor ihm stand. Doch der Sergeant, zu dem er sie brachte, war eine ganz andere Nummer – kurzgeschorene Haare, roter Hals und ebensolche Flecken im Gesicht. Einer von der Sorte, die gerne Fragen stellte, auf die er die Antwort längst kannte.
    »Was zum Teufel haben Sie denn hier zu suchen?« Sein Sligo-Akzent war so breit wie sein Nacken. Er beäugte ihren Presseausweis vom Sunday Herald, als würde ihm etwas Stinkendes an der Hand kleben.
    »Ich mache nur meine Arbeit, Sergeant. Soweit mir bekannt ist, ist das nicht verboten.«
    Während er über eine vernichtende Erwiderung nachdachte, sah Siobhan sie: drei Gestalten – zwei Männer und eine Frau –, die fünfzig Meter vor ihnen aus der Dunkelheit kamen und auf die Senke zugingen. Einer der Männer trug ebenfalls einen weißen Overall und erläuterte den anderen beiden angeregt etwas. Dabei unterstützte er seine Worte mit ausladenden Gesten. Die anderen beiden waren in Zivil, ohne Zweifel Detectives. Als sie an die Senke kamen und über den Rand hinabblickten, waren die Silhouetten ihrer Gesichter vor dem hellen Scheinwerferlicht deutlich zu sehen. Siobhan meinte, eins zu kennen, war allerdings nicht vollkommen sicher.
    »Wenn Sie sich nicht langsam entscheiden, werden wir die ganze Nacht hier verbringen, Sergeant«, sagte sie. »Äh, ist das da drüben nicht Inspector Brogan? Wir kennen uns ganz gut.« Sie lächelte ihn strahlend an, um die Lüge zu überspielen.
    Der Sergeant sah in Richtung ihres ausgestreckten Fingers. Er folgte ihm mit skeptisch hochgezogener Augenbraue, sah Siobhan an und dann wieder zu Brogan hinüber.
    »Und woher kennt sie Sie?«
    »Ach, wir sind alte Bekannte. Von ganz früher. Ich bin sicher, dass sie gern mit mir reden würde. Könnten Sie vielleicht rübergehen und sie kurz fragen?«
    »Sie ist beschäftigt«, sagte der Sergeant und gab ihr den Presseausweis zurück.
    Er hatte recht. Genau in diesem Moment erschienen neben Inspector Brogan die weiß verhüllten Köpfe von zwei Männern in Overalls über dem Rand der Senke. Sie kletterten heraus, drehten sich um und zogen etwas hoch, das wie eine Leichtmetalltrage aussah. Ihnen folgten zwei weitere Träger, die die Arme nach oben ausstreckten, um die Trage möglichst waagerecht zu halten. Vorsichtig bugsierten die vier ihre lange, schmale Ladung nach oben, und erst als alle oben standen, sah Siobhan, was auf der Trage festgeschnallt lag. Es war eine Leiche in einem Leichensack. Ohne jeden Zweifel.
    »Heilige Mutter Gottes«, sagte der Sergeant neben ihr leise, bekreuzigte sich und führte ein unsichtbares Kruzifix an die Lippen. Wie Siobhan und die anderen uniformierten Polizisten, die etwas abseits standen, blickte er vollkommen erstarrt auf die Bahrenträger, die vor den Detectives warteten. Derjenige, der gerade noch etwas erzählt hatte, öffnete den Reißverschluss und gestikulierte hastig in Richtung des Kopfs oder des Oberkörpers der Leiche. Doch dann fiel dem Sergeant die Fremde in ihrer Mitte wieder ein, und er sah Siobhan mit unheilschwangerem Blick an.
    »Ich kann mir wie gesagt nicht vorstellen, dass Inspector Brogan jetzt gestört werden möchte.«
    »Da könnten Sie recht haben«, gestand Siobhan ein, öffnete ihre Handtasche und steckte den Notizblock, den Stift und die Visitenkarten wieder hinein. Sie hatte überlegt, ob sie etwas rufen oder sonst irgendetwas tun sollte, um an einen Originalton von Brogan zu kommen,

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