Der Priester
Parkgate Street hinauf und zwischen den monumentalen Steinsäulen hindurch in den Phoenix Park raste.
»Wollen Sie nicht einmal wissen, warum?«, sagte Cassidy schließlich, als sie blindlings in den dunklen Park schossen. Mulcahy schaltete das Fernlicht ein und sah ihn kurz an, gerade so lange, wie er Zeit hatte, bis er den Wagen durch einen Kreisel bugsieren musste.
»Nein«, sagte er kalt. »Sie haben mich in die Scheiße reingeritten. Warum sollte ein Grund, ganz egal, ob er gut oder schlecht ist, mich da interessieren.«
»Vielleicht ist dies auch nicht der richtige Zeitpunkt«, sagte Cassidy. Und Mulcahy grunzte nur, als er das Gaspedal wieder durchtrat, anderthalb Kilometer die schnurgerade Fahrbahn entlangraste, bis er am Phoenix Monument das Lenkrad scharf nach links einschlug und durch die noch tiefere Dunkelheit der Acres Road schoss. Ohne jede Vorwarnung schaltete er die Scheinwerfer aus, bremste und ließ den Wagen in schwarze Bewegungslosigkeit rollen. Mulcahy unterbrach Cassidys überraschtes Keuchen mit einem bestimmten »Psst!«. Er beugte sich vor, versuchte den Weg vor sich zu erkennen und lenkte den Wagen in eine schmale Zubringerstraße. Dort verlangsamte er bis auf Schneckentempo. Dünne Birken ragten wie endlos gespiegelte Gitterstangen empor und versperrten ihnen nach vorne und rechts die Sicht. Links von ihnen erstreckte sich die weitläufige Rasenfläche in Richtung Süden, und die Lichter der Vororte glitzerten am Horizont wie tief am Himmel stehende Sterne. Vor einer rot-weißen, geschlossenen Metallschranke hielt er an.
Genau in diesem Moment, als hätte eine höhere Macht beschlossen, sie zu unterstützen, teilte sich die dichte Wolkendecke, und ein großer Mond erleuchtete die sie umgebende Landschaft. Als sie so über einen riesigen, leeren Parkplatz blickten, schienen beide Männer von dem, was sich in der Ferne zeigte, vor Ehrfurcht ergriffen zu sein: ein steiler, grasbewachsener Hügel erhob sich aus der Ebene, mit einer langen Treppe an einer Seite und dem riesigen Metallkreuz, das sich fünfzig, vielleicht sechzig Meter in den Nachthimmel reckte, die beiden Arme stolz ausgebreitet, deren kalter, harter Stahl im Mondlicht weiß glänzte. Und am Fuß der Treppe stand – noch exponierter, als sie es waren – ein einsamer, weißer Lieferwagen.
»Da ist er.« Mulcahy wandte sich an Cassidy, und seine Stimme überschlug sich vor Anspannung.
»Was zum Teufel hat er vor?«, flüsterte Cassidy. Aber beider Vorstellungskraft reichte nicht, um sich das auszumalen.
»Sehen Sie da jemanden?«, fragte Mulcahy. Er wusste jedoch, dass es zu weit weg war. Aus dieser Entfernung verschwamm der Fuß des Kreuzes in der Dunkelheit. »Vielleicht sind sie noch im Lieferwagen, wir müssen schnell hin. Zu Fuß, sonst bemerkt er uns, und dann haben wir es mit einer Geiselnahme zu tun.«
Mulcahy öffnete die Tür, doch Cassidy legte ihm eine Hand auf den Arm.
»Warten Sie. Ich ruf eben noch Verstärkung, dann gehen wir los.«
Geduckt liefen sie am Südrand des Parkplatzes entlang, waren dort vor dem dunklen Gras so gut wie unsichtbar, weil sich die Wolkendecke wieder geschlossen hatte. Anfangs schien jeder Schritt, jeder Atemzug ihre Anwesenheit herauszuschreien, doch dann gewöhnten sie sich daran. Und als sich das Kreuz immer näher vor ihnen erhob, hörten sie im Wind auch andere Geräusche als ihre eigenen. Seltsame Geräusche: ein unregelmäßiges metallisches Hämmern und ein schwaches Klirren, das Mulcahy an eine Bö erinnerte, die durch die Takelage blies. Als sie sich dem Fuß des Hügels näherten, winkte er Cassidy mit der flachen Hand, damit er sich duckte, worauf sich beide auf dem Rasen niederkauerten und den nur noch etwa zwanzig Meter entfernten Lieferwagen nicht aus den Augen ließen. Darin rührte sich nichts. Das Hämmern über ihnen stoppte, und sie hörten, wie etwas Schweres über eine Betonfläche gezogen wurde, bevor der Wind dieses Geräusch wieder davontrug.
»Was immer er auch macht, das passiert alles da oben«, flüsterte Mulcahy und deutete auf den Hügel.
»Ich gehe auf dieser Seite die Grasböschung rauf und guck mir das an. Sie gehen zum Lieferwagen und kümmern sich um Siobhan, wenn sie da drin ist. Wenn nicht, kommen Sie die Treppe rauf und helfen mir da oben. Wenn er mich sieht und abhaut, wird er Ihnen entgegenkommen. Okay?«
Mulcahy sah Cassidy noch einen Moment hinterher, als der zum Lieferwagen schlich, dann fing er an, den Hügel hinaufzuklettern. Der
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