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Der Priester

Der Priester

Titel: Der Priester Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerard O'Donovan
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dem Telefon und dem Computer, das Einzige waren, was sich auf dem Schreibtisch befand.
    Brogan hielt sich die Hand vor den Mund und hüstelte. »Genau genommen sind das Papiere, die wir aus unserem eigenen Aktenarchiv für Sie zum Durchsehen rausgesucht haben, bis die Ergebnisse von PULSE da sind. Das sind alles sexuelle Belästigungen aus dem letzten Jahr. Im rechten Karton sind die, bei denen wir genug Informationen hatten, um Ermittlungen aufzunehmen. Die, die zu einem vorzeigbaren Ergebnis geführt haben, also zu einer Festnahme oder gar zur Anklageerhebung, befinden sich in dem kleinen, roten Aktendeckel ganz unten. Der große Karton links enthält Fälle, bei denen keine weiterführenden Ermittlungen eingeleitet wurden, weil es entweder gar keine verwertbaren Hinweise gab oder nur so wenige, dass die Erfolgsaussichten zu gering waren, als dass es den Aufwand bei unseren knappen Mitteln gelohnt hätte.«
    Mulcahy sah in den rechten Karton. Allein darin befanden sich an die hundert Akten. Und der Karton mit den Berichten, nach denen keine Ermittlungen aufgenommen wurden, war noch viel voller.
    »Die können aber doch nicht alle aus dem letzten Jahr sein, oder?«
    »Ich fürchte schon«, sagte Brogan. »Ich hab Ihnen ja im Krankenhaus schon erzählt, wie das bei uns aussieht. Sexualverbrechen ist einer der wenigen Bereiche, in dem Irland derzeit noch Wachstum vorweisen kann. Und da bei uns sämtliche Daten zusammengetragen werden, bekommen wir von jedem Vorfall, der gemeldet wird, eine Aktenkopie.«
    Mulcahy schüttelte den Kopf. Wie konnte eine so kleine Einheit wie die Sitte die ganze Arbeit schaffen? Doch eigentlich hatte er die Antwort direkt vor Augen. Sie schafften sie nicht.
    »Yep, das ist genau das, was ich mir vorgestellt hatte«, sagte er. »Dann hau ich lieber mal rein, bevor die nächste Welle reinrollt und ich vollkommen unter den Akten verschwinde.«
    Auf dem Flur traf Brogan Cassidy, der gerade von der Toilette kam.
    »Und wie gefällt ihm sein neues Büro, Chef?«
    »Langsam glaube ich, du willst den Mann absichtlich auf die Palme bringen, Andy. Hattest du wirklich nichts Besseres für ihn?«
    »Hier oben nicht«, sagte Cassidy grinsend. »Wenn ihm das allerdings nicht passt, haben wir noch viel Platz unten im Keller.«
    »Sehr witzig. Geh ein bisschen vorsichtiger mit ihm um. Er kann dich zum Frühstück verspeisen. Er hat einen ziemlich guten Draht zu Healy.«
    »Da wär ich mir nicht so sicher, Chef«, sagte Cassidy. »Ich hab ein paar Nachforschungen angestellt. Wie sich herausgestellt hat, kannte ich seinen alten Herrn. Der war damals auch ein Arschloch erster Klasse.«
    »Jetzt mach mal halblang, Andy«, unterbrach Brogan ihn scharf. »Was hat sein alter Herr damit zu tun?«
    »Das wollt ich dir doch grad erklären. Er war Inspector bei der alten ›A‹-Division draußen in Clondalkin, als ich auch da war. Ein alter Schleimer, der einem bei jeder Gelegenheit in den Rücken gefallen ist. Der Scheißkerl hat mir damals meine erste Chance auf eine Beförderung versaut …«
    Brogan schüttelte ungeduldig den Kopf und schluckte einen Fluch herunter. »Für solchen Scheiß hab ich echt keine Zeit. Es interessiert mich nicht, wer sein Vater war. Und wer Mulcahy ist übrigens auch nicht, abgesehen davon, dass er in meinem Revier herumläuft und Healy höchstwahrscheinlich haarklein erzählt, was hier abläuft. Also pass auf, was du in seiner Gegenwart sagst und tust, klar?«
    »Klar, Chef.« Cassidy kaute einen Moment lang auf seiner Unterlippe. »Na ja, ich wollte nur sagen, irgendwas stimmt mit dem nicht, obwohl er so charmant rüberkommt. Ein Kumpel hat mir gerade gesteckt, dass er gar nicht mehr bei der Drogenfahndung ist. Er soll nur vorübergehend beim National Bureau of Criminal Investigation sein.«
    Brogan zog eine Augenbraue hoch. Sie wusste nicht, was sie davon halten sollte. »Aber das ist doch Healys Bereich, oder?«
    »Schon, aber es wäre ein mächtiger Abstieg für einen verdammten Ex- EU -Drogenfahndungskommissar, oder wofür er sich da hält, findest du nicht?«
    Brogan schüttelte den Kopf. »Ich kann nur sagen, dass ich lieber wüsste, woran ich bin, weil ich unbekannte Größen für gefährlich halte.«
    Wie immer, wenn sie etwas auch nur im Entferntesten Abstraktes zu ihm sagte, verzog Cassidy das Gesicht.
    »Jedenfalls«, fuhr sie fort, »hat er erst mal genug zu tun, so dass er uns nicht ins Gehege kommt.«
    »Er geht die Resterampe durch, oder?« Cassidy rieb sich die

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