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Der Priester

Der Priester

Titel: Der Priester Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerard O'Donovan
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Hände, als hätte er sie nicht lange genug unter den Trockner gehalten. »Ich weiß immer noch nicht, ob es gut ist, ihm diese Arbeit zu geben. Was ist, wenn er was Wichtiges übersieht?«
    »Könnte passieren. Andererseits könnte er mit seinem unvoreingenommenen Blick vielleicht was entdecken, das uns entgangen wäre.« Brogan drehte sich um und ging ein paar Schritte in Richtung ihres Büros. »Hör zu, Andy, wir stehen unter Druck und müssen zügig Ergebnisse abliefern. Er ist auf jeden Fall ein kluger Bursche und ein erfahrener Ermittler. Wenn etwas in den Akten ist, stehen die Chancen, dass er es entdeckt, ebenso gut wie bei jedem anderen.«
    »Er wirkt nicht sehr glücklich mit seiner neuen Aufgabe.«
    Brogan folgte Cassidys Blick den Flur entlang. Durch die offene Tür sah sie, wie Mulcahy konzentriert und mit gerunzelter Stirn Akten aus den Kartons nahm und sie auf seinem Schreibtisch sortierte.
    »Ach, das geht schon. Er weiß, dass er sich einen gewissen Background erarbeiten muss, wenn er hier etwas erreichen will. Selbst wenn es nur für kurze Zeit ist.«

5
    »Gott, du schon wieder? Kommst du denn nie raus aus diesem verdammten Saftladen?«
    »Das könnte ich dich auch fragen.« Siobhan Fallon warf ihre Tasche auf den Schreibtisch und schaltete den Monitor an, während sie Paddy Griffins Antwort abwartete. Wie erwartet war außer ihr und dem Nachrichtenchef niemand in der Redaktion.
    »Klar könntest du das«, erwiderte Griffin schließlich. »Aber bei mir haben eigentlich alle akzeptiert, dass ich kein Privatleben habe, sondern nur die Zeitung. Du hingegen, als junge und dazu noch recht ansehnliche Starreporterin …«
    Griffins Worte troffen vor Ironie, sein graues, faltiges Gesicht kräuselte sich jedoch gut gelaunt. Der Mittsechziger, der kurz vor der Rente stand, lehnte sich auf seinem Drehstuhl zurück wie ein Salonlöwe in einer Hotellobby, wobei seine langen, dünnen Gliedmaßen wie Pfeifenreiniger aus den Röhren seines zerknitterten Leinenanzugs ragten. Diese Pose hatte er schon eingenommen, lange bevor Computer zum Hauptwerkzeug eines Journalisten geworden waren. Manche Leute meinten, er wäre vernarrt in seine Chefreporterin, doch in Wahrheit handelte es sich um eine viel tiefergehende Beziehung. Er war nicht hinter ihrem Körper her, aber er erkannte in ihr denselben Hunger und dieselbe Verbissenheit, die ihn selbst in seinen besten Tagen ausgezeichnet hatten. Er lebte auf in ihrer Gegenwart, nährte sich wie ein Nachtmahr von der Energie, die sie verströmte.
    »Es gab wohl nichts mehr, was du dir noch hättest kaufen können, was?«
    »Es gab wohl nichts mehr, womit ich das hätte zahlen können, meinst du wohl.«
    Siobhan drückte den Bauch gegen die Lehne von Griffins Stuhl, drückte ihm freundschaftlich die Schulter und starrte auf den Computermonitor vor ihm. Er sah aus, als hätte er das Büro nicht verlassen, seit er den Druck ihres Artikels am Samstagabend freigegeben hatte. Als wäre er die ganze Nacht dageblieben, um die eingehenden Meldungen durchzusehen und nach irgendetwas zu suchen, aus dem sich eine halbwegs anständige Story für die nächste Sonntagsausgabe machen ließ.
    »Gibt’s was Neues?«
    »Bis Donnerstag ist das längst wieder vergessen«, stöhnte er. »Herrgott, manchmal vermisse ich die Arbeit für eine Tageszeitung. Hier war den ganzen Tag lang weniger los als im Schlüpfer einer Nonne. Langsam frag ich mich, wieso ich überhaupt hergekommen bin.«
    Siobhan wusste, dass mehr dahintersteckte. Griffin war eine Legende in Dubliner Pressekreisen. Er war überall gewesen, hatte alles gesehen, Auslands- und Kriegsberichterstattung für die Irish Independent gemacht, Verbrechen und Politik für die Irish Times , und er hatte sogar kurz als Redaktionsleiter für die Irish Press gearbeitet, bis der in den Neunzigern die Luft ausgegangen war. Er betrachtete den Sunday Herald auch nicht als Abstieg. Nein, jeder Ort, an dem Nachrichten ein- und ausgingen und der ihm die Möglichkeit bot, sie zu drucken, war für Paddy Griffin ein guter Ort.
    »Ich hab dich heute Morgen wieder im Radio gehört«, sagte er. »War wie immer gut.«
    »Danke. Hinterher bin ich noch für die Pat Kenny Show dageblieben, aber selbst denen ist das ein bisschen zu langweilig gewesen. Sie haben nur drei Minuten darüber berichtet.«
    »Besser als nichts, oder?«
    »Ja, auch wieder wahr. Wie läuft das Thema denn bei den Agenturen?«
    »Oh, bei den Nachzüglern geht’s immer noch hoch her.«

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