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Der Priester

Der Priester

Titel: Der Priester Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerard O'Donovan
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– und sie gefiel ihm wirklich, vermutlich sogar besser, als Ford glaubte. Donald Murtagh, der Chief Superintendent der Southern Region, war der Mann in Irland, mit dem er bei der Geheimdienstarbeit in Madrid am engsten zusammengearbeitet hatte. Jahrelang hatten sie gemeinsam gegen den Drogenschmuggel an Irlands ungeschützter Südküste gekämpft. Er hatte großen Respekt vor ihm und war auch immer gut mit ihm klargekommen.
    »Danke, Liam. Vielleicht ruf ich Murtagh mal an.«
    »Mach das mal«, sagte Ford wieder grinsend. »Die Kollegen da unten wären froh, wenn du mit an Bord kommst. Viele von denen kennen dich noch von ganz früher.«
    »Da ist nur ein Haar in der Suppe.«
    »Und was?«
    »Ich müsste ins verdammte Cork ziehen.«
    Ford prustete einmal laut heraus, bevor er sein Bier austrank. »Da hättest du aber ein Glück. Man nennt es nicht umsonst die Perle des Südens.«
    »Soweit mir bekannt ist, nennt es niemand die Perle des Südens.«
    Mulcahy signalisierte dem Barkeeper, dass er Ford noch ein Bier geben sollte, und versuchte, nicht weiter daran zu denken, wie perfekt dieser Job für ihn wäre. Selbst der Umzug nach Cork wäre spannend, weil die Südküste, was den Drogenschmuggel betraf, direkt an der Front lag. Ford erzählte derweil eine Zeitlang erregt von seinem eigenen Einsatz bei der National Drugs Unit in Dublin Castle und schloss mit einer amüsanten Geschichte über einen bekannten Kleindealer, der auf der Flucht vor einer Festnahme von einem Auto angefahren worden war.
    »Der hatte sich drei Rippen und ein Schlüsselbein gebrochen, und sein Kiefer war in so viele Teile zersprungen, dass man ihm den Mund mit Draht fixieren musste. Der redet erst mal eine Weile mit niemandem mehr. Er geht auch nirgends hin, außer zum Arzt – im Futter seiner Jacke haben wir dreiundfünfzig Kokainpäckchen gefunden.«
    Mulcahy lachte immer noch, als er jemanden mit ausländischem Akzent laut etwas sagen hörte. Er drehte sich auf seinem Hocker um und sah, wie ein korpulenter, schwarzer Mittvierziger an den Tresen trat und dort einen Kaffee und ein Sandwich bestellte. Er sprach mit runden, afrikanischen Vokalen, noch auffälliger war allerdings, dass er ein Priester war. Der schimmernde weiße Kragen bildete einen starken Kontrast sowohl zu seiner Haut als auch zu seinem dunkelgrauen Anzug.
    Mulcahy drehte den Kopf ein Stück weiter, um zu sehen, wer noch zu dem Priester gehörte, und sah in einer Nische eine Gruppe Geistlicher. Ihren Stimmen zufolge waren sowohl Europäer als auch weitere Afrikaner darunter. Die meisten hatten schon Tassen und Teller mit halbgegessenen Sandwiches vor sich stehen. Priester in einem Pub – das war heutzutage ein seltsamer Anblick, selbst wenn sie nur Kaffee tranken. Wahrscheinlich fand irgendwo in der Nähe eine religiöse Konferenz statt, und sie machten gerade Mittagspause.
    »Wartest du darauf, dass sie uns Dispens für das nächste geben?«, fragte Ford, hielt sein Bierglas hoch und nickte in Richtung der Geistlichen.
    Mulcahy drehte sich wieder um und betrachtete sein kaum angefangenes, zweites Bier. »Für mich erst mal nicht«, sagte er und trank einen Schluck. Irgendetwas machte ihm im Hinterkopf zu schaffen. »Aber nimm ruhig noch eins, Liam. Ich bin einfach nicht …«
    Und während er das sagte, rastete irgendetwas in seinem Gehirn ein, und es war ihm klar. Er knallte sein Glas auf den Tresen und erntete dafür diverse neugierige Blicke. Mulcahy beachtete sie jedoch nicht, er sah einen der Männer an, die ihm gegenüber in der Nische saßen. Noch ein Priester oder – er trug ein violettes Hemd – vielleicht sogar ein Bischof? Mulcahys Aufmerksamkeit hatte jedoch der Gegenstand auf sich gezogen, der auf dem violetten Hemd hing: ein goldenes Kreuz an einer Kette. Es war groß und aufdringlich, etwa fünfzehn Zentimeter lang mit flacher Oberfläche, ohne Figur oder irgendwelche Verzierungen.
    »Äh, alles klar, Chef?«, fragte Ford mit amüsiert besorgter Miene.
    »Ja, nein, ich meine …« Er sah Ford an, dann zu dem Geistlichen hinüber, dann wieder zu Ford. »Sorry, Liam. Danke für den Tipp, aber mir ist grad was Wichtiges eingefallen. Ich muss dringend los. Ich melde mich bei dir, okay?«
    Er wartete nicht auf eine Antwort, klopfte sich nur instinktiv auf die Tasche mit den Zigaretten und dem Feuerzeug und verließ mit schnellen Schritten den Pub.
    Ford starrte ihm kopfschüttelnd nach und goss den Rest von Mulcahys Bier in sein Glas.
    Mulcahy stürmte mit so

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