Der Priester
auf die Uhr. Noch gut fünf Minuten, bis er die spanische Botschaft anrufen sollte. Damit konnte es also nichts zu tun haben.
»Geht es um die Ermittlung?«
Healy nickte. »Heute Morgen hat ihn der spanische Botschafter angerufen und sich nach den Fortschritten erkundigt. Er sagte, man habe ihn gestern darüber informiert, dass wir jemanden in Gewahrsam genommen hätten. Waren Sie das?«
»Natürlich. Ich habe den Botschaftssekretär Ibañez gleich angerufen, nachdem Brogan mir das über Scully erzählt hatte. Sie hat gesagt, sie hätte das mit Ihnen besprochen.«
»Sagt sie das?«, erwiderte Healy kryptisch. »Tja, der Minister war nicht sehr erfreut darüber. Besonders dann nicht, als ich ihm erzählen musste, dass wir hinsichtlich dieser Person bisher so gut wie keine Fortschritte gemacht haben, wenn Sie verstehen, was ich meine.«
Mulcahy verstand es nicht nur, er versuchte schon herauszubekommen, was er denn nach Healys Ansicht dagegen tun sollte.
»Sie müssen ziemlich sicher sein, dass dieser Scully in die Sache verwickelt ist«, fuhr Healy fort.
»Das ist nicht mein Verdienst. Das war Brogans Arbeit. Ich persönlich habe mit diesem Teil der Ermittlung nicht viel zu tun gehabt.«
»Haben Sie nicht?« Die Falten in Healys Stirn vertieften sich. »Na ja, dann sollten Sie aber langsam mal in die Gänge kommen, bevor wir Ärger mit den Spaniern kriegen.«
Mulcahy biss die Zähne zusammen. »Das habe ich nicht gemeint.«
»Nein? Also, es sollte da lieber keinen Ärger geben, Mike. Ich habe dem Minister gesagt, dass Sie heute Vormittag persönlich zum Botschafter gehen, um mit ihm zu reden und ihm mit aller Ihnen zur Verfügung stehenden Diplomatie zu erklären, warum er nicht damit rechnen soll, dass in nächster Zeit etwas Entscheidendes passiert. Und wenn Sie schon da sind, könnten Sie ihm auch klarmachen, dass Sie der offizielle Verbindungsmann für den Fall sind – auf ausdrücklichen Wunsch der Spanier, wie Sie wissen – und nicht etwa der Minister oder sein Sekretär. Haben Sie mich verstanden?«
»Ja, Sir.« Was sollte man da missverstehen, dachte Mulcahy, dessen Laune sank. Also würde er hier noch ein paar Tage ausharren müssen.
»Gut. So, und wo ist Brogan?«
»Wahrscheinlich vernimmt sie den Verdächtigen unten im Verhörraum.«
»Okay. Ich schau da gleich noch mal rein – will mit eigenen Augen sehen, ob dieser Scully so schuldig wirkt, wie das alle behaupten.«
Siobhan ergriff ihre Handtasche und wollte schnell eine Tasse Kaffee trinken gehen, als das Pling! einer ankommenden E-Mail sie wieder an den Monitor zog. Sie setzte sich, und ihre Schultern sackten herab, als sie sah, dass sie von Vincent Bishop kam, an den sie an diesem Vormittag nicht einmal denken wollte. Trotzdem konnte sie der Verlockung eines möglichen guten Tipps nicht widerstehen, besonders weil der Betreff lautete: »Das wird Ihnen sicher gefallen …«
Sie klickte auf seinen Namen, und die E-Mail öffnete sich, war aber leer. Sie brauchte ein paar Sekunden, um festzustellen, dass sich im Anhang eine pdf-Datei befand. Dann klickte sie darauf und war perplex, als das eingescannte Bild eines Flugtickets von Dublin auf die Seychellen erschien. Abflugtermin war der nächste Montag. Auf ihren Namen. Daneben war eine Buchungsbestätigung für eine Woche in einem Hyper-Luxus-Urlaubsresort namens Banyan Tree. Die war allerdings nicht nur auf ihren Namen ausgestellt, sondern auch auf Bishops.
Der Schlag auf ihre Tastatur erregte in der Redaktion keine sehr große Aufmerksamkeit, die obszöne Schimpfworttirade aus ihrem Mund hingegen schon. Paddy Griffin zog eine Augenbraue hoch, stand auf und schlenderte von seinem Schreibtisch zu ihr.
»Was gibt’s?«, fragte er und beugte sich zu ihrem Monitor hinab.
»Ach verdammt, das interessiert dich nicht, Paddy. Glaub mir.« Sie schloss das Fenster, bevor er es sich ansehen konnte, und beendete dann auch noch hastig das Mail-Programm. »Da will mich bloß jemand verarschen.«
»Inwiefern?«, fragte er enttäuscht. Offenbar glaubte er ihr nicht.
»Vergiss es. Es ist wirklich nichts. Mach schon, zurück an die Arbeit mit dir«, sagte sie, schob ihn etwas beiseite und stand auf. »Ich wollte gerade einen Kaffee trinken gehen, soll ich dir einen mitbringen? Ich lad dich ein.«
Griffin, der noch abhängiger von der täglichen Dröhnung Kaffee war als sie, lächelte, nickte kurz und ließ sie vorbei. Erst draußen auf dem Burgh Quay ließ Siobhan ihrem Zorn wieder freien Lauf. Sie
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