Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Priester

Der Priester

Titel: Der Priester Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerard O'Donovan
Vom Netzwerk:
an der Uni herumgelaufen sind, sahen aus, als ob sie direkt vom Laufsteg kommen.«
    Brogan sagte nichts, war immer noch sauer auf sich selbst, weil sie das Thema nicht vertieft hatte. Scully war ein hinterhältiges, arrogantes Arschloch. Wie hatte er es bloß geschafft, sie davon abzulenken?
    »Jedenfalls«, fuhr Maura fort, »hab ich dann weiter nachgehakt, worauf sie in seiner Akte nachgeguckt und mir das Thema seiner Doktorarbeit genannt hat. Sie werden’s kaum glauben, aber das Thema ist Irlands Inquisition: Der Einfluss Bernardo Guis auf die irischen Annalen .«
    Sie verhaspelte sich etwas, aber Brogan verstand, was gemeint war. »Die Inquisition?«
    »Ich weiß, das hab ich auch gleich gedacht«, sagte Maura mit strahlendem Gesicht. »Da wurden doch Menschen auf Scheiterhaufen verbrannt, oder? Ich musste gleich an die junge Jesica denken.«
    »Tja«, meinte Brogan nur, die dagegen kämpfte, sich von ihren wild rotierenden Gedanken überwältigen zu lassen. Sie versuchte, ruhig zu bleiben und zu überlegen. Natürlich hatte sich bei der Inquisition alles um Religion gedreht, so weit erinnerte sie sich noch an das, was sie in der Schule gelernt hatte. Aber das war doch in Spanien gewesen, nicht in Irland, oder? Herrje, Spanien? Gab es da womöglich irgendwelche Verbindungen?
    »Hat sie sonst noch etwas darüber gesagt?«
    »Nein, mehr wusste sie nicht, aber sie hat mir die Telefonnummer von Scullys Doktorvater gegeben oder wie das bei einer Frau dann heißt.« Maura sah wieder in ihre Notizen. »Das ist eine Dr. Aoife McAuliffe, Dozentin für Mittelalterliche Geschichte. Die hab ich dann auch noch angerufen. Sie scheint wohl so um die fünfzig zu sein, der Stimme nach zu urteilen, und ist ziemlich hochnäsig. Erst wollte sie mit gar nichts rausrücken. Ich hatte den Eindruck, dass Scully ihr Liebling ist und sie ihn für ihren Starstudenten hält oder so was.«
    »Also hat sie nichts Schlechtes über ihn gesagt?«
    »Kein Wort«, sagte Maura. »Sie hat die ganze Zeit gefragt, warum und weshalb er vernommen worden ist. Und ob Scullys Rechte womöglich verletzt werden. Statt mir irgendwas zu erzählen.«
    »Dann haben Sie von ihr nichts erfahren?« Brogan wollte endlich weiterkommen. Sie atmete flacher und schneller, weil sich ihr Brustkorb vor Angst zusammenzog.
    »Tja, genau das ist es ja. Ich hab ihr natürlich nicht gesagt, weshalb wir ihn festgenommen haben. Und das war auch gut so, weil sie mir sonst bestimmt nicht alles erzählt hätte, als sie hinterher doch noch ein bisschen auftaute.«
    »Und was war das?«
    »Eigentlich bloß, dass er sich im Rahmen seiner Studien mit der Verfolgung von Ketzern und Hexen im Mittelalter auch hier in Irland beschäftigt hat. Weil es ihm um die Verbindung zur, äh, größeren Inquisition auf dem Kontinent ging. Aber echt, Chefin, ich hab höchstens die Hälfte von dem verstanden, was die mir da erzählt hat. Meistens ging es um Dame Alice Kettle oder Kittler oder so, die bei lebendigem Leib auf dem Scheiterhaufen verbrannt wurde oder werden sollte … Das hab ich nicht verstanden. Die Sache ist die, dass ich sie dann irgendwann unterbrochen und nach diesem Bernardo Wasweißich gefragt habe, der im Titel von der Doktorarbeit vorkommt.«
    »Gui«, sagte Brogan und fragte sich, warum sie sich an den Namen erinnerte. Hatte sie den vorher schon mal irgendwo gehört? »Bernardo Gui.«
    »Ja, der«, sagte Maura. »Also, Sie werden’s nicht glauben, aber nach Frau Dr. McAuliffe ist das derjenige, der damals bei der Inquisition in Spanien die Regeln aufgestellt hat, wie man Leute foltern soll, damit sie ein Geständnis ablegen.«
    »Ach, verdammt noch mal.« Brogan sprang auf und zog die Jacke von der Stuhllehne.
    »Was ist, Chefin?«
    »Wir haben denen unten gerade gesagt, sie sollen Scully nach Hause schicken.«
    In dem Moment, als Siobhan die Tür aufmachte, hörte sie ihn – den tiefen Piepton des Anrufbeantworters. Ohne nachzudenken, folgte sie seinem Ruf, zog den Schlüssel aus der Tür, ging direkt ins Wohnzimmer, ohne das Licht anzuschalten, und drückte die Play-Taste. Sie zuckte sofort zurück, als ein voller Gitarrenakkord aus dem Lautsprecher klang und die hohe Männerstimme einsetzte: wieder Roy Orbison und unheimlicher denn je zuvor.
    Nach kurzem Zögern wollte sie auf die Stopp-Taste schlagen, um den Anrufbeantworter auszustellen, in ihrer Hektik warf sie ihn jedoch zu Boden. Als sie sich hinkniete, um ihn zwischen Papierkorb und Tisch hervorzukramen, lief der Song

Weitere Kostenlose Bücher