Der Prinz der Rache: Roman (German Edition)
löste sich aus dem Schatten des gegenüberliegenden Hauses. » Nun, wie ist es gelaufen? «
» Wieder war er völlig überrascht, Bruder Melid. «
» Er hatte also wirklich keine Ahnung, dass sein Neffe noch lebte? «
» Ganz sicher nicht « , stellte Lizet fest. Gremm hatte etwas gesagt, was ihn beschäftigte. Was, wenn Vil Merson seinen Tod wieder nur vorgetäuscht hatte? Es hatte drei andere Tote gegeben, bei zweien waren die Angehörigen gekommen, die ihre Söhne vermissten: Goll, den Gesellen mit dem zerstörten Gesicht, und einen Lehrling, den Sohn eines Bäckermeisters.
Und dann war da noch der Meister, Turro, der aber keine Familie hatte, und es waren die anderen Meister der Schmiede gewesen, die meinten, er müsse der dritte Tote sein.
Und dann gab es eben noch die Leiche, nach der niemand fragte, den jungen Mann mit dem Ring in der Tasche. Er war nicht geschmolzen, was vielleicht daran lag, dass der Junge ihn unter sich begraben hatte, als er verbrannte. Nur so war er überhaupt zu identifizieren gewesen. Es sprach also alles dafür, dass es Vil Merson war, der Junge, der aus Gründen, die Lizet nicht kannte, wahrscheinlich seinen Freund Galenes getötet hatte.
Und dennoch, Lizet hatte Zweifel, und er wusste, was zu tun war: Er würde verbreiten lassen, dass der Mörder des Arztes bei dem Feuer umgekommen war. Und dann würde er abwarten, was geschah.
Der Boss war für Vil nicht zu sprechen, nicht in der Nacht des Brandes, nicht in den Tagen danach.
Vil hatte sich von Peker nicht aufhalten lassen, war, als er endlich begriffen hatte, was Ino getan hatte, außer sich vor Wut in den Keller gestürmt, doch hatte er ihn leer vorgefunden. Der Boss, so hieß es, habe wegen dringender Geschäfte die Stadt verlassen.
» Wann ist er wieder da? « , hatte er gefragt.
» Wenn er wieder da ist « , hatte Kratos geantwortet, einer der Handlanger des Bosses.
Vil hatte Glück, dass Peker bei ihm war, denn der hinderte ihn daran, sich auf diesen Schläger zu stürzen, was ihm vermutlich schlecht bekommen wäre.
Skari leistete ihm in der ersten Nacht Gesellschaft, und sie schien ihm nicht zu glauben, dass er allein sein wollte. Lange saßen sie schweigend im Kerzenschein beieinander. Aber irgendwann sagte Skari: » Es ist seltsam. Ich habe dich gesehen, in einer Vision, umringt von Flammen. Doch ist sie nicht eingetreten. Das geschieht sonst nie. «
Er wusste darauf nichts zu erwidern, aber sie schien das auch nicht zu erwarten. Sie schien überhaupt nichts von ihm zu erwarten, sondern war einfach da. Später brach Vil innerlich zusammen, und sie tröstete ihn. Noch später schliefen sie miteinander.
» Sag mir, Skari, warum trauere ich mehr um diesen Schmied als um meine Mutter oder meinen eigenen Vater? « , fragte er, als sie nebeneinander lagen.
» Das tust du nicht « , erwiderte sie. » Du zeigst es nur mehr. «
Am dritten Tag nach dem Brand erschien Peker wieder im Versteck. Er schien aufgeregt.
» Ist Ino zurück? « , fragte Vil, ohne sich mit einer Begrüßung aufzuhalten. » Ist der Boss wieder da? «
Peker schüttelte den Kopf. » Nein, aber ich habe zwei gute Nachrichten, wenn man sie so nennen kann. Also erstens: Der Mörder des Arztes ist bei dem Brand ums Leben gekommen. Das wurde offiziell verkündet. Offenbar halten sie eine der Leichen für dich, doch frag mich nicht, wie sie auf diese Idee kommen. «
Vil runzelte die Stirn. Man hielt ihn für tot? Wer mochte da an seiner Stelle gestorben sein?
» Und die zweite Nachricht ist noch viel besser, Vil. Ich habe nämlich etwas Unglaubliches gesehen, ein Loch, ein Loch im Boden. Und zwar in der Schmiede. «
» Aber die ist doch verbrannt, Pek. «
» Richtig. Ich war dort, habe mich umgesehen. Die Ruine wird bewacht, was ich seltsam fand, denn bis auf die Grundmauern ist nicht viel übrig geblieben. Der Wächter ließ mich hinein, als ich ihm ein paar Kronen zeigte. Also, Vil, da ist ein Schmelzofen in die Luft geflogen, kein Mensch weiß, warum, aber er hat ein Loch in der Erde hinterlassen. «
» Die vierte Pforte zur Halde « , flüsterte Vil.
» Genau. Sie ist wieder offen. Warte – wo willst du hin? «
» Wohin wohl? «
» Vil, es ist heller Tag. Wir müssen warten, bis es dunkel wird. «
» Keine Sekunde will ich noch warten. «
» Ich verstehe, mein Freund, aber du wirst warten müssen – oder hast du ein Seil? «
» Wir besorgen eins. «
» Eben. Gabba ist schon dabei. Er wird herkommen, sobald er es hat – und sobald es
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