Der Prinz der Rache: Roman (German Edition)
erklärte Skari schlicht.
» Verdammt, Skari! « , fluchte er.
» Nein « , sagte sie.
» Was? «
» Nein, wir werden heute Nacht nicht miteinander schlafen. «
» Aber ich hatte doch gar nicht vor … « , begann Vil und verstummte. Seit sie an seiner Seite durch die Nacht ging, hatte er daran gedacht. Er hatte im vergangenen Jahr versucht, sie zu vergessen, aber als er ihr schmales Gesicht und ihre weißen Haare erblickt hatte, hatte er eingesehen, dass es ihm nicht gelungen war. Er verzehrte sich geradezu nach einer innigen Umarmung mit ihr, nein, eigentlich nach weit mehr als einer Umarmung.
Skari lachte plötzlich. » Siehst du, du willst es gar nicht « , spottete sie. Dann blieb sie stehen und legte ihm ihre schmale Hand auf die Brust. » Du bist gewachsen « , stellte sie fest und brachte ihn dadurch nur noch mehr aus dem Konzept.
Er stöhnte und schwieg, statt sich weiter um Kopf und Kragen zu reden.
Sie trat nahe an ihn heran, sah ihm in die Augen und hauchte: » Du bist jetzt größer als ich. «
Er hätte sich nur vorbeugen müssen, um sie zu küssen, aber irgendetwas hielt ihn zurück.
Sie trat wieder zurück, ließ die Hand aber mit verträumtem Gesichtsausdruck noch auf seiner Brust liegen. Dann seufzte sie und sagte: » Es ist Zeit. Grüße deine Schwester von mir. Wir sehen uns bald wieder, Vil. «
» Das hoffe ich « , stammelte er.
Sie legte den Kopf schräg und grinste. » Ich habe es gesehen. «
Dann drehte sie sich um und tänzelte in der Morgendämmerung davon.
Vier Tage später bezogen Vil und Tiuri das Haus, das ihr Onkel ihnen überlassen hatte. Es lag in der Scherengasse, einer der besseren Straßen im Osten des Katzenviertels.
» Nett « , meinte Peker, als sie es besichtigten, » ein bisschen schmal und eng, aber vielleicht trotzdem ideal für unsere Art von Geschäften. «
Vil nickte. Es würde ein bisschen Arbeit erforderlich sein, um aus der Schlosserei einen Laden zu machen, und Tiuri verlangte nachdrücklich, dass das obere Geschoss ganz neu geweißt werden müsse, aber ja, es bot genug Platz für ihn und seine Schwester und einen Laden.
» Wir sollten im Keller eine falsche Wand einziehen, für die etwas heiklere Ware, die wir verkaufen wollen « , meinte Gibean. » Ich kenne da übrigens ein paar Handwerker, die keine Fragen stellen. «
Vil nickte und lächelte. Ein eigenes Haus, wer hätte das vor einem Jahr für möglich gehalten?
Er ließ Gibean freie Hand, und schon nach einer Woche war das Haus nicht wiederzuerkennen: Es war außen und innen frisch gestrichen, die letzten Reste der Werkstatt waren verschwunden, und ein Schreiner aus der Nachbarschaft war gerade dabei, die Theke und die Regale einzupassen, während irgendwelche » Freunde « von Gibean Möbel für den Wohnbereich heranschleppten, die für dieses Haus und diese Gegend deutlich zu vornehm waren.
» Es geht ja doch voran « , stellte Doma Hamar fest, die stämmige Gattin des benachbarten Metzgers, die die Fortschritte täglich mit unübersehbarem Misstrauen begutachtete. » Es ist schade, dass unser lieber Schlosser, der mit seiner Familie hier letzte Woche so überhastet ausgezogen ist, das nicht sehen kann. «
» Sicher teuer « , meinte der Metzger, ein dürrer kleiner Südländer, der wohl nicht einmal die Hälfte des Körpergewichts seiner Gattin auf die Waage brachte.
» Eigentlich nicht « , meinte Vil. Gibean hatte es irgendwie geschafft, dass die meisten der Handwerker praktisch umsonst arbeiteten. Auch die Möbel hatten so gut wie nichts gekostet. Er wollte gar nicht wissen, wo er sie herhatte.
» Und was gedenkt Ihr zu verkaufen, Herr Nachbar? «
» Gemischtwaren, zu guten Preisen « , antwortete Vil lächelnd.
Die beiden tauschten einen vielsagenden Blick. Offenbar gab es etwas, was ihnen auf der Seele lag, was sie aber nicht aussprechen wollten. Die Frau gab schließlich dem Mann einen Stoß, so dass er einen halben Schritt vortrat und fragte: » Dieses hübsche Mädchen, ich meine, sie ist recht jung, ist sie, ich habe das schöne Bett gesehen, ich meine, hat sie vor, hier … zu arbeiten? «
Vil starrte den Mann ungläubig an. » Tiri? Nein, bei allen Himmeln, sie ist meine Schwester! «
» Ah, eine Schwester! «
Die beiden sahen plötzlich sehr erleichtert aus. » Wisst Ihr, wir fürchteten, also, weil sie so jung und hübsch ist, und nicht weit von hier die verrufene Gegend beginnt, aber dies hier eine durch und durch anständige Straße ist, ach … wir müssen Euch um
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