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Der Prinz der Rache: Roman (German Edition)

Der Prinz der Rache: Roman (German Edition)

Titel: Der Prinz der Rache: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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eine andere als die vom Vortag, und Vil fragte sich, was sie wohl gekostet haben mochte – wirkte sie gefasst. Er konnte ihr den tiefen Kummer dennoch ansehen.
    » Du musst darauf achten, was du tust, Vil, und mit wem du dich abgibst, hier noch mehr als dort oben, denn du bist nun der älteste Mann der Mersons, der Erbe des Hauses Gremm. «
    Er hatte zu starke Kopfschmerzen, um zu widersprechen, dabei war es doch gewiss nicht seine Idee gewesen, sich verprügeln zu lassen.
    Sie strich ihm mit der Hand zart über die Stirn, eine Geste, die ihn überraschte. » Es ist hier schlimmer, als ich dachte. Gerade deshalb müssen wir beide Stärke zeigen, um deiner Geschwister willen. « Sie seufzte: » So, wie es aussieht, sind wir hier unten auf uns allein gestellt, von den Wachen ist jedenfalls keine Hilfe zu erwarten. «
    » Sed hat mir geholfen. «
    » Das ist wahr. Er mag ein nützlicher Verbündeter sein, solange wir hier sind, aber vergiss niemals, woher er kommt – und wo du herkommst, Viltor! «
    Er nickte, eingeschüchtert von der jähen Härte in ihrer Stimme.
    Dann strich sie ihm wieder sanft mit der Hand über die geschundene Stirn. » Wir haben dir auch noch Reis und Fisch aufgehoben, für später, mein Sohn. Jetzt ruh dich aus und schöpfe Kraft. Und morgen wirst du gehen und das zurückfordern, was dir geraubt wurde. «

Esrahil Gremm ging hinunter zum Hafen, aber der Goldmeerfahrer, auf dessen Rückkehr er seit Tagen wartete, war immer noch nicht eingetroffen. Er hatte einen unruhigen Tag und eine weitere schlaflose Nacht hinter sich, und das Gedränge und Geschiebe auf den stets zu kleinen Kais und in den Gassen rund um den Hafen machte es nicht besser.
    Er überquerte den Platz der Kapitäne und strich gedankenverloren über die wuchtig bebauten Stege, die sich jedes Jahr weiter hinaus ins Meer schoben. Als er jünger gewesen war, hatte man vom Platz der Kapitäne aus auf das Meer hinausblicken können, jetzt sah er nur Lagerhäuser und die Masten der Galeeren, die sich im Hafen drängten, denn in den vergangenen Jahrzehnten waren dort weitere Stege, Kräne und Lager aus dem Meer gewachsen. Xelidor platzte aus allen Nähten, und offenbar waren die Herren der Stadt nicht bereit, sich mit den Begrenzungen, die die Lage auf einer Insel nun einmal mit sich brachte, abzufinden.
    Eine Weile betrachtete er das geschäftige Treiben, aber lange konnte er die bedrückenden Gedanken auf diese Art nicht fernhalten. Er wusste immer noch nicht, wie er seiner Schwester helfen konnte.
    In den Tagen nach dem Unglück, während der Unruhen auf der Stahlseite, hatten die Leute nach Blut geschrien, und das hatten sie bekommen, das Blut und den Kopf des armen Mersons, seines Schwagers, der den Sündenbock geben musste. Aber jetzt sah die Lage anders aus, jetzt würden die Leute vielleicht zuhören, gerade jemandem wie Rohana Merson, die aus einem so alten und angesehenen Haus stammte.
    Die ganze Geschichte stank zum Himmel, und viele wichtige Männer hatten etwas zu verlieren, wenn jemand die Angelegenheit noch einmal aufrührte. Diese Männer hatten sicher kein Interesse daran, dass Rohana Merson von den Vergessenen zurückkehrte.
    Gremm sah sich um. Seine Schritte hatten ihn in den ältesten Teil des Seeviertels geführt. Einige der Schänken hier hatte er früher selbst hin und wieder aufgesucht, als er noch jung und abenteuerlustig gewesen war. Was hatte sich geändert? Warum fühlte er sich nun so klein und schwach?
    » Wollt Ihr am Wissen der Toten teilhaben, Menher? « , sprach ihn jemand von hinten an.
    Er drehte sich unwillig um, fuhr dann erschrocken zurück. Der Mann, der ihn angesprochen hatte, war blind – und er hatte schneeweißes Haar.
    Ein Gesegneter!, durchfuhr es Gremm.
    » Nun, Menher? Das Wissen der Toten? Für nur eine Krone könnt Ihr mit einem verstorbenen Freund sprechen – für drei Kronen mit einem Feind. « Der Mann hielt die Hand fordernd ausgestreckt.
    Das fehlte ihm noch, der Schwager wegen Hexerei verurteilt, und er sprach hier in aller Öffentlichkeit mit einem Gesegneten! » Nein, nichts da, ich will nichts von den Toten wissen! « , rief er und wich zurück.
    Der Weißhaarige lächelte: » Oh, das solltet Ihr aber, Menher, sie hätten Euch viel zu erzählen. «
    » Geht weg, lasst mich in Ruhe! « , rief Gremm und ergriff die Flucht. Als er sich noch einmal umdrehte, sah er den Bettler, dessen blinde Augen ihm zu folgen schienen. Er lief weiter, bis er den Mann nicht mehr sehen konnte.

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