Der Prinz der Rache: Roman (German Edition)
musste er in den Tempel. Seine Braut wartete sicher schon.
Die Feier war, den bescheidenen Mitteln der Familie Montes entsprechend, klein gehalten, aber Vil war ohnehin in düsteren Gedanken. Er hätte es beinahe verpasst, an der richtigen Stelle sein Gelübde abzulegen, und mit dem Glück, das seine Braut ausstrahlte, konnte er wenig anfangen.
Sie verbrachten die erste Nacht in seinem Haus. Es war ernüchternd, denn auch wenn ihre junge Leidenschaft ihn überraschte, so fehlte ihm doch dieses besondere Gefühl der Vertrautheit, das er stets mit Skari, manchmal auch bei Tilama gespürt hatte.
Lajara merkte nichts davon. Sie schien glücklich und war voller Pläne, was sie alles aus ihrem neuen Heim machen wollte. Er ließ sie gewähren, denn so war sie wenigstens beschäftigt, während er rasch bemerkte, dass er nicht viel mit ihr anfangen konnte.
Doch diese Ehe öffnete, wie erwartet, weitere Türen für ihn. Er wurde endlich eingeladen, Mitglied der Versammlung der Patrizier der Stadt zu werden, und schon wenige Tage nach seiner Hochzeit erreichte ihn ein Brief von Rat Varos, der im Namen seines Sohnes umständlich um die Erlaubnis nachsuchte, dass jener um die Hand der geschätzten Schwester des ehrenwerten Viltor Gremm anhalten dürfe.
Vil erteilte die Erlaubnis, und dann schickte er Boten aus, die nach Skari suchen sollten, was er, wie er wusste, schon lange vorher hätte tun sollen.
Er sprach auch mit dem Arzt, der Tiuri seinerzeit nach dem Brand behandelt hatte, doch der wusste auch nicht, wie er seine Schwester zu dieser Hochzeit überreden könnte.
Dann erkundigte er sich bei den Zauberern, die vom Festland herübergekommen waren. Er stellte rasch fest, dass es zwei Gruppen gab: Die einen verlangten viel Geld und hielten nicht, was sie versprachen, die anderen versprachen wenig und nahmen kein Geld, da sie nichts erreichten.
» Es ist keine Krankheit des Körpers, Herr « , erklärte ihm einer dieser Männer, ein Zauberer aus Oramar, » es ist etwas in ihrem Geist. Und dort Magie einzusetzen, ist gefährlich, denn wer den Geist auf diesem Weg heilen will, kann ihn stattdessen leicht zerstören. «
» Und gibt es einen anderen Weg? «
» Die Zeit, so sagt man, heilt alle Wunden, Herr. «
Er nickte, denn das hörte er nicht zum ersten Mal. Aber er hatte keine Zeit. Der junge Varos wartete auf eine Antwort.
Vil beschlich das Gefühl, dass der feste, sichere Boden, den er erreicht zu haben glaubte, nun doch wieder in Bewegung geraten war. Würde sich die Erde also doch noch auftun und ihn verschlingen?
Er stand kurz vor dem Erreichen seines letzten Zieles – der Heirat seiner Schwester mit dem Sohn des vielleicht reichsten Mannes der Stadt. Es war nur noch ein winziger Schritt, gemessen an der Strecke, die er seit den finsteren Tagen der Halde zurückgelegt hatte, aber diesen kleinen Schritt wollte Tiuri einfach nicht für ihn gehen. Und er wusste, er konnte es sich nicht leisten, Varos, der bald auch noch Kämmerer der Stadt sein würde, vor den Kopf zu stoßen.
» Vil, da vor der Tür steht eine Bettlerin und fragt nach dir « , sagte Lajara eines Tages, als er in finsterer Stimmung vor sich hin grübelte. » Und sie lässt sich nicht abweisen. «
» Eine Bettlerin? « , fragte er und wagte kaum zu hoffen.
» Eine Gesegnete, ich glaube, die haben es schwer mit dem Betteln, seit so viele andere Zauberer in die Stadt kommen. «
» Skari! « , rief er und war schon an der Pforte.
» Ich habe gehört, dass du nach mir suchst, Vil « , sagte sie.
» Du kennst sie? « , fragte Lajara, die ihm sichtlich verwirrt gefolgt war.
» Eine alte Freundin « , erklärte er knapp.
» Aber – sie ist eine Gesegnete! « , flüsterte sie.
Vil schob seine Frau zur Seite, führte Skari in die Küche und scheuchte die Köchin hinaus. » Du hast vielleicht Hunger « , meinte er, da er nicht wusste, wie er beginnen sollte.
» Ich nehme an, es geht um Tiuri? « , erwiderte Skari.
Der ihr eigene Geruch nach frischem Herbstlaub erfüllte die Küche, aber sie wirkte kühl, distanziert, und das hinderte Vil daran, ihr um den Hals zu fallen, sie zu umarmen und zu küssen, wie es ihn eigentlich verlangte.
Er riss sich zusammen. » Ja, Tiuri, um die geht es. Ich habe alles versucht, aber sie ist wie erstarrt, sitzt in ihrem dunklen Zimmer, spricht kaum, isst noch weniger. «
» Und du glaubst, dass ich ihr helfen kann? Ich hörte, du hast Heiler kommen lassen. «
» Diese Männer wissen nichts. «
» Ich nehme
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