Der Prinz der Skorpione: Roman - Der Schattenprinz 3 (German Edition)
werden ihren Zweck erfüllen.«
Ein Gefühl der Taubheit befiel Sahif, eines, das ihm übel vertraut vorkam aus der Zeit, als er sein Gedächtnis verloren hatte– die Handschellen unterbrachen seine Verbindung zur Magie.
Sie führten ihn auf den Marktplatz, der von verkohlten Leichen übersät war. Die Helmonter lagerten in großer Zahl auf dem Platz und schienen ängstlich darauf bedacht, den Verbrannten nicht zu nahe zu kommen. Dann sah Sahif eine Gruppe gefangener Soldaten, die die Toten mit Hilfe langer Speere zusammenschoben. »W as ist hier geschehen?«, fragte Sahif betroffen, als er das makabre Schauspiel sah.
»D as solltet Ihr Eure Schwester fragen.«
Der Gestank nach verbranntem Fleisch hing über dem Platz, und Sahif fragte sich, ob wirklich Shahila für diese Grausamkeit verantwortlich war. War Bahut Hamoch tatsächlich so stark? Elas Erzählungen zufolge hätte er das nicht für möglich gehalten.
Am anderen Ende des Platzes war bereits ein Zelt errichtet worden, vor neugierigen Blicken abgeschirmt durch einen Ring roter Stoffbahnen, wie sie in der Wüste als Windschutz verwendet wurden. Man führte Sahif hinein, und er war überrascht, dass es auch innerhalb dieser abgeschirmten Welt verbrannte Leichen gab. Was hatte der Totenbeschwörer angerichtet– und wie?
»S ieh an, mein missratener Bruder Sahif«, begrüßte ihn eine unangenehm schneidende Stimme. »K ommst du, um dich unserem Vater zu Füßen zu werfen? Es wird dir nichts nutzen, Verräter!«
Sahif ging nicht auf diese höhnische Begrüßung ein. »W as ist hier geschehen, Algahil?«
»S chwarze Magie, was sonst? Ich rate dir, die Brunnen dieser Stadt zu meiden. Ihr Wasser wurde vergiftet. Aber du wirst ohnehin nicht mehr viele Gelegenheiten haben, etwas zu trinken.«
»W as für ein Gift richtet so etwas an?«
Er bekam keine Antwort, und seine Begleiter führten ihn in das Zelt hinein. Der Sandmeister schob sich an ihm vorbei.
»E s ist uns gelungen, Euren Sohn Sahif gefangen zu nehmen, Erhabener.«
Seit Sahif sich aus Liebe zu Aina von seinem Vater losgesagt hatte, hatte er sich vor diesem Augenblick gefürchtet. Er hatte es vergessen, wie alles, was er gewusst hatte, doch seit er in Felisan das Wappen seines Bruders gesehen hatte und Meister Albar begegnet war, war diese nagende Furcht zurückgekehrt. Denn obwohl er seine Kindheit und Jugend in der Festung der Schatten verbracht hatte und obwohl er seinem Vater nicht mehr als ein Leibwächter gewesen war, hatte er sich doch immer in furchtsamer Liebe diesem Mann sehr verbunden gefühlt. Seit ihrer letzten Begegnung war jedoch viel geschehen, und als er dem Padischah nun gegenüberstand, spürte er nichts mehr von der Macht, die dieser einst über ihn gehabt hatte.
Im Zelt war es beinahe wie früher, als Sahif noch seinen Vater auf seinen Reisen durch Oramar begleitet hatte: Akkabal at Hassat saß, leicht erhöht auf einem hölzernen Podest, auf seinem Sessel im hinteren Drittel des Zeltes. Er aß Weintrauben. Diener umstanden ihn in Demutshaltung, drei Leibwächter beobachteten misstrauisch alle Anwesenden, und ein Magier stand hinter ihm und wartete auf Fragen, die vielleicht niemals kamen. Einst hatte auch Sahif dort gestanden, in den Gesichtern der Anwesenden nach Anzeichen der Gefahr oder des Verrats gesucht. Mancher Mann, der als Günstling des Padischahs sein Zelt besucht hatte, verließ es wieder als todgeweihter Mann, oft, ohne es zu ahnen. Die Magier erkannten die Treue und Wahrhaftigkeit der Besucher, jedenfalls behaupteten sie das. Sahif hatte schon damals den Verdacht gehabt, dass sie den einen oder anderen Mann auch nur beseitigen ließen, weil er ihnen zu mächtig wurde. Es war also stets ein zweischneidiges Schwert, in das Zelt des Padischahs geladen zu werden. Sahif war sich jedoch im Klaren darüber, dass die Klinge in seinem Fall nur eine Schneide hatte.
»S ieh an, Sahif«, sagte sein Vater leichthin. »I ch hatte dich schon fast vergessen.«
Sahif senkte den Blick, ein Reflex, gegen den er machtlos war. Sein Vater erhob sich. Er war eine ehrfurchtgebietende Erscheinung, immer noch drahtig, trotz seiner nun beinahe siebzig Jahre, und sein dichter schwarzer Bart zeigte noch keine Spur von Grau. Der Kopf war kahlrasiert, und das war er schon, solange ihn Sahif kannte. Sein Blick war alles durchdringend, es gab nur wenige Männer, die ihm standhalten konnten. Sahif hatte früher nicht dazugehört. Er wusste natürlich, dass sein Vater ihn keinesfalls fast
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