Der Prinz der Skorpione: Roman - Der Schattenprinz 3 (German Edition)
bis die Paste angetrocknet war, suchte und fand ein Stück Stoff, das er sehr vorsichtig um den Stab wickelte.
Er hatte bei der Anwendung einmal nicht aufgepasst, was eine äußerst beunruhigende Erfahrung gewesen war. Das Gift verursachte keine Schmerzen, weshalb es für seine Zwecke ideal war, aber es lähmte die Muskeln und am Ende das Herz. Trotz seines Ringes hatte er sich damals eine Stunde nicht rühren können und Todesangst ausgestanden. Ured zerriss ein paar Tücher zu schmalen Streifen, versuchte dabei, den Schmerz des fehlenden Fingers zu ignorieren, verwendete die Streifen, um den Stoff am Stab fest zu verschnüren, und betrachtete sein Werk. Die Verpackung sah nicht aus, als sei sie Jahrhunderte alt, darauf musste er bei seiner Geschichte achten.
Jetzt musste er nur noch dafür sorgen, dass der Padischah ihn schnell in die Hand bekam. Irgendjemand anderes würde ihn zuerst nehmen, vielleicht einer der Schattenleibwächter oder ein Magier. Das Gift brauchte einige Zeit, bis es wirkte, aber dennoch, es musste schnell gehen. Und dann brauchte er noch irgendeine Ablenkung, um zu entkommen.
Er lachte leise über sich selbst und die Lage, in die er geraten war. Entkommen? Aus einem Zelt voller Schatten, Krieger und Zauberer? Und dann über Land und Meer, die Familie retten, bevor das Todesurteil über sie vollstreckt war? Das war unmöglich. Aber was sollte er tun? Das Beil des Henkers schwebte doch schon über seiner Frau und seinen Töchtern. Und es würde fallen, da er dem Padischah nun einmal nicht geben konnte, was er verlangte. Das hatte Prinz Weszen ihm klargemacht. Nein, er würde alles versuchen, weil es keine andere Möglichkeit gab, der Falle, in der er mit seiner Familie saß, zu entkommen. Aber er hatte keine Hoffnung auf Erfolg, nicht, seit er den Ring verloren hatte. Er würde seinen letzten Atemzug zu Füßen des Großen Skorpions machen. Das Leben war eben bedeutend gefährlicher, wenn man nicht mehr unsterblich war.
***
Sahif rief die Schatten und verließ das Hauptgebäude. Schon im Hof kamen ihm viele Krieger entgegen, Helmonter, die in die Gebäude ausschwärmten. Mordlust und Wut standen in ihren Gesichtern geschrieben. Es war nicht leicht, ihnen aus dem Weg zu gehen. Sahif war müde, die Kämpfe hatten ihn viel Kraft gekostet, und auch das Beschwören der Schatten– eine Frage der Konzentration– forderte seinen Tribut. Aber er musste sich beeilen. Shahila war auf dem Weg zur Alten Magie, und er war der Einzige, der sie aufhalten konnte. Er verließ die Burg und hielt sich im Schatten der Häuser. Plötzlich bekam er das Gefühl, dass etwas nicht stimmte. Er blieb stehen und schickte seine Sinne aus, aber er war müde und nicht sicher, ob wirklich etwas war oder er sich täuschte. Er biss sich auf die Lippen. Er konnte umdrehen, einen anderen Weg suchen, aber das würde wieder Zeit kosten. Er beschloss, die Warnungen seiner Instinkte zu ignorieren. Vermutlich war es nur die Nähe der Magier und Schatten, die seinen Vater umgaben. Er hielt wieder inne. Bislang hatte er die Anwesenheit seines Vaters und seiner Brüder verdrängt, aber ihm war klar, was sie mit ihm machen würden, wenn er ihnen in die Hände fiel.
Er hörte etwas rieseln, und obwohl seine Nackenhaare sich aufstellten und ihm das Warnung genug hätte sein sollen, lauschte er. Es klang vertraut. Dann erkannte er das Geräusch wieder: Es war das Rieseln von Sand! Er drehte sich um und rannte, das heißt, er wollte rennen, doch er konnte nicht, er steckte bis zu den Knien in Sand. Mitten auf dem harten Pflaster von Atgath steckte er in einem Treibsandfeld fest. Er kämpfte noch einen Augenblick, versuchte, die Beine aus der zähen Umklammerung zu befreien, doch es gelang ihm nicht. Er gab auf und ließ die Schatten sinken.
»I ch grüße Euch, Prinz Sahif«, sagte eine brüchige Stimme. Sie gehörte einem Mann, den er nur zu gut kannte und der jetzt hinter einem Haus hervortrat. Es war Meister Hesbeq, einer der einflussreichsten Magier seines Vaters. Der Sand war ohne Zweifel sein Werk. Neben ihm tauchte plötzlich ein Mann aus den Schatten auf, ein Leibwächter seines Bruders Algahil, dann erschienen weitere Bewaffnete.
»W erdet Ihr vernünftig sein, Prinz?«, fragte der Magier.
Sahif nickte düster. Der Leibwächter sagte kein Wort, aber er holte ein paar eiserne, mit vielen Symbolen bedeckte Handfesseln hervor. »S ie waren eigentlich gar nicht für Euch bestimmt, Prinz«, meinte Meister Hesbeq, »a ber sie
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