Der Prinz der Skorpione: Roman - Der Schattenprinz 3 (German Edition)
seiner Söhne war in Felisan, vielleicht kam ein anderer von Norden herab, und seine Tochter hielt Atgath in der Mitte. Damit gehörte ihm eigentlich schon ganz Oberharetien, auch wenn diese Obristen es noch nicht wussten.
Ein Soldat trat in das Zelt und meldete Aktivität auf dem Köhlerhof, wo noch immer der Gesandte aus Oramar sein Zelt aufgeschlagen hatte.
»E r packt? Endlich!«, rief der Oberst. »I ch habe gute Lust, einen Trupp Pikeniere zu schicken, damit sie ihm auf den Weg helfen.«
»D er Gesandte Lanat steht nach wie vor unter dem Schutz der Unterhändler, Cawas«, warf Gidus ein.
»F einer Schutz für einen, der uns ungeniert ausspioniert. Ich weiß ja, dass Ihr jeden Abend mit ihm redet, aber seid Ihr auch nur einen Fingerbreit weitergekommen in Euren Verhandlungen? Nein. Der Padischah will Krieg, und wir werden auf dem Schlachtfeld dafür sorgen, dass er es bereut.«
Gidus winkte Ured heran. »G eht zu Lanat und fragt ihn, was das zu bedeuten hat.«
»I ch?«
»M ir scheint, er ist offener zu Euch als zu mir– geschweige denn zu einem dieser Schwachköpfe«, flüsterte Gidus.
»U nd was soll ich ihm sagen?«
»S agt ihm, dass es nach wie vor nicht zu spät ist, diesen Krieg zu beenden, bevor er blutiger Ernst wird. Es muss doch etwas geben, was der Padischah mit diesem Unsinn erreichen will.«
Ured nickte. Er verstand die Gedanken des Grafen: Die letzten Kriege waren weit entfernt geschlagen worden, und meist ging es nur um einen Landstrich, eine Stadt oder irgendwelche Handelsrechte. Es gab Scharmützel, gelegentlich eine Schlacht oder eine Belagerung, und bevor es zu verlustreich und zu teuer wurde, stellte man die Kampfhandlungen wieder ein. Doch dieses Mal lag die Sache anders. Es ging nicht darum, dass der Padischah nur die Belagerung von Atgath durch den Seebund brechen wollte. Er kämpfte auch ganz gewiss nicht für seine Tochter Shahila, nein, der Große Skorpion hatte offensichtlich zu einem vernichtenden Schlag gegen den Seebund ausgeholt. Felisan war bereits in seiner Hand, und Atgath würde die nächste Stadt sein. Und wenn der Padischah die Geheimnisse der Mahre in die Finger bekommen sollte, dann war er nicht mehr aufzuhalten. Einen Augenblick dachte Ured darüber nach, Gidus von Felisan zu erzählen und ihm zu sagen, dass dieser Krieg längst viel ernster geworden war, als er ahnte. Aber er ließ es, denn wie sollte er erklären, woher er davon wusste?
Er ging durch die Gräben, die die Belagerer ausgehoben hatten, hinüber zum Köhlerhof. Die Soldaten standen vor ihren Posten und diskutierten. Auch sie schienen die Gefahr aus dem Norden nicht sehr ernst zu nehmen. Die Stimmung war gut, was daran lag, dass die Belagerung bisher so reibungslos verlief. Die Bombarden schossen Löcher in die Mauern der Stadt, und ein- oder zweimal am Tag schossen die kleinen Geschütze zurück, die die Belagerten hatten, ohne bislang viel Schaden anzurichten. »J etzt gibt es endlich etwas Abwechslung«, rief ein übermütiger Fähnrich. »I ch dachte schon, ich würde mich vor dieser Stadt zu Tode langweilen.«
Ured ging weiter. Das Buschland unterhalb der Stadt hatte sich verändert. Die Sträucher und Gehölze hatten binnen weniger Tage ihre letzten Blätter verloren, es war fast, als sei der Schrecken des Krieges in sie gefahren und hätte sie entlaubt. Als Ured den Hof erreichte, sah er tatsächlich, dass das große Zelt schon abgebaut war.
»I hr wollt uns verlassen, Lanat?«, fragte er ohne Umschweife.
»E s ist wohl die Zeit gekommen, in der ich nicht länger auf den Schutz des Unterhändlers bauen kann.«
»E s ist wegen des Heeres, das aus dem Norden kommt, oder?«
»M an weiß also schon davon?«
Natürlich weiß man, dachte Ured, und natürlich weißt du, dass wir es wissen. Aber er sagte: »E s gibt gewisse Gerüchte. Helmonter also? Wie habt Ihr diese Hochländer dazu überredet, sich in diesen Streit einzumischen?«
»S ie sind recht arm, und wir versprachen ihnen reiche Beute.«
»S o wie den Westgarthern?«
Jetzt stutzte Orus Lanat. »A uch das hat man schon erfahren?«
»I ch habe es erfahren, Lanat. Das Heer des Seebundes wird aber wohl frühestens morgen, vielleicht durch reitende Boten oder Flüchtlinge, erfahren, was im Süden vorgeht.« Er fragte sich seinerseits, wie Lanat schon von den Kämpfen in Felisan wissen konnte.
»E s war klug, Eure Freunde im Unklaren zu lassen, Meister Ured.«
»W ären es meine Freunde, hätte ich sie eingeweiht.«
»A h, ich
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