Der Prinz in meinem Maerchen - Roman
besorgt, dass Sie vielleicht doch nicht der Mistkerl sind, für den ich Sie gehalten habe, weil dies bedeuten würde, dass mein Mistkerl-Detektor neu kalibriert werden müsste.«
Rory sah sie erleichtert an. »Gut«, erwiderte er. »Dann müssen Sie mir jetzt nur noch beweisen, dass Sie nicht der überspannte Kontrollfreak sind, für den ich Sie gehalten habe, indem Sie sich jetzt hinsetzen und Zeitung lesen, ohne dabei die Sofakissen aufzuheben, wenn ich sie vom Sofa runterschmeiße.«
Michelle lächelte angespannt. »Einen Schritt nach dem anderen.«
Nachdem er fort war, blätterte Michelle durch die Wochenendbeilagen, konnte aber nicht zur Ruhe kommen. Ihre Gedanken wanderten immer wieder zu Jilly Cooper und den Kartons oben zurück. Ihre eigene Ausgabe von Reiter befand sich möglicherweise noch darin. Sie könnte schon heute Nachmittag weiterlesen, das war schneller, als darauf zu warten, die Geschichte bei ihrer nächsten Laufrunde weiterzuhören. Doch obwohl ein Teil von ihr die Kartons am liebsten ausgepackt und nachgesehen hätte, was sich darin befand, wünschte sich der größere Teil von ihr inständig, die Kisten würden einfach verschwinden, damit sie mit ihnen nicht noch einmal in Berührung kam.
Michelle knallte das Magazin auf den Tisch, sodass Tarvish neben ihr auf dem Sofa mit einem Ruck wach wurde. Das war doch vollkommen verrückt! Das waren doch nur Bücher. Bücher, Stifte und alter Ramsch. Genau das war der Grund, warum sie sich nie erlaubte, in ihrem Haus Unrat anzusammeln. Das lockte nur Staub, Bedauern und Chaos an.
Bevor sie es sich noch einmal überlegen konnte, zwang sich Michelle, vom Sofa aufzustehen und nach oben ins Gästezimmer zu gehen.
Die Kartons waren neben ihrem Kleiderschrank aufgestapelt, die Seitenlaschen eingedrückt, nachdem sie sie hastig verschlossen hatte. Michelle öffnete den ersten Karton und packte die Bücher aus, die sich darin befanden.
»Überraschung!«, rief sie, als eine mit Eselsohren versehene Ausgabe von Reiter zwischen Die Farbe Lila und Othello zum Vorschein kam.
Es war der Geruch, an den sie sich am stärksten erinnerte, zusammen mit der Reihenfolge, in der die Bücher eingepackt worden waren – exakt von links nach rechts aus ihrem Bücherregal heraus. Ihre Romane rochen nach Kaffee und Anaïs Anaïs, das ihre Studienkollegin Katherine jedes Mal großzügig versprüht hatte, wenn sie eine Zigarette aus dem Badezimmerfenster gehalten hatte.
Die könnten in den Buchladen gehen, dachte Michelle. Anna könnte sie sicherlich als Secondhandromane verkaufen.
Michelle brachte drei Bücher auf einmal zum Vorschein. In der Mitte des Packens befand sich ein stoffgebundenes Notizbuch, um das Lederriemen gewickelt waren. Als sie es berührte, wurde eine weitere Erinnerung wach. Dies war ein Buch, dessen Existenz sie vollkommen vergessen hatte. Dennoch war es ihr gleichzeitig so vertraut, dass sie unmittelbar in frühere Zeiten zurückversetzt wurde, als habe sie diese niemals verlassen.
Sie starrte auf das Buch hinunter. Wie kam es, dass es sich noch in diesem Karton befand? Hatte sie es damals nicht weggeschmissen? Wichtiger noch: Wer hatte es eingepackt? Hatte ihr Dad etwa all die Sachen eingepackt, als er sie damals vom Internat abgeholt hatte? Hatte er darin gelesen? Bei dieser Vorstellung wurde ihr schlecht.
Michelle legte die anderen Bücher beiseite, hielt das Notizbuch mit zitternden Händen fest und erinnerte sich daran, wie sich der Paisleystoff des Einbands angefühlt hatte. Das Notizbuch war ein Geschenk einer Schulfreundin gewesen, die den Sommer über auf Reisen gewesen war. Handgeschöpftes Papier, wie gemacht für die unglücklichen Ergüsse der jugendlichen Angst.
Von allen Büchern in diesem Karton war dies das Einzige, das sie selbst geschrieben hatte. Mein Tagebuch, dachte sie. Sie hatte es zwischen den Büchern in ihrem Regal versteckt, es in einem anderen Buch versteckt, damit niemand es entdecken konnte.
Ihr Magen verkrampfte sich, als sie die Seiten aufschlug und ihre runde Teenagerhandschrift erblickte, die lilafarbene Tinte. Obwohl sie die Einträge nicht lesen wollte, konnte sie nicht anders.
15. September
Mein erster Schultag – und sofort habe ich das Gefühl, in Dollys Internat gelandet zu sein, nur dass hier auch Jungs sind …
25
»Mein Liebesbarometer schnellte geradezu lächerlich in die Höhe, nachdem ich mit zwölf Jahren Die Dornenvögel gelesen hatte. Ich verliebte mich Hals über Kopf in Pater Ralph de
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