„Hältst du es nicht für unangebracht, dich in der Küche herumzutreiben und das Personal mit Vornamen anzureden? Alle beobachten dich um herauszufinden, ob du eine würdige Prinzessin bist.“
„Erstens werde ich nie Prinzessin sein, daher ist mein Benehmen egal, und zweitens finde ich diese Einstellung absurd. Wir leben schließlich im einundzwanzigsten Jahrhundert.“
„So ist es in Montluce nun einmal.“ Er setzte sich auf und begann sein Hemd aufzuknöpfen.
„Was tust du da?“
„Wonach sieht es aus? Ich mache mich fertig fürs Bett“, erklang seine Stimme gedämpft durch das Hemd, das er sich gerade über den Kopf zog.
„Kannst du dich nicht im Bad umkleiden?“
Erstaunt sah er auf. Caro saß mit geröteten Wangen im Bett.
„Du musst ja nicht hinsehen. Komm schon, wir werden die nächsten Wochen miteinander leben, da sollten wir es uns so bequem wie möglich machen.“
„Dazu gehört aber nicht, dass du dich vor mir umziehst! Besitzt du überhaupt einen Pyjama?“
„Keinen so eleganten wie du. Sieh her.“ Er hielt eine dunkle Pyjamahose aus Seide hoch. „Ich schlafe lieber ohne, doch theoretisch könnte jederzeit jemand hereinkommen.“
Erschrocken zog sie die Bettdecke bis unters Kinn hoch. „Aber doch nicht hier!“
„Nur im Fall einer Krise. Gut, ich ziehe mich im Bad um, wenn du darauf bestehst.“
Als er zurückkam, lag Caro auf ihrer Hälfte des Betts, fest in ihre Decke eingehüllt. Neben sich hatte sie ein großes Kissen platziert.
„Ich weiß, du kannst deine Hände bei dir behalten“, erklärte sie, als sie seinen belustigten Blick bemerkte. „Es soll lediglich verhindern, dass ich versehentlich auf deine Seite rolle. Auf diese Weise werden wir beide besser schlafen.“
„Wie du meinst“, antwortete Philippe und stieg auf seiner Seite ins Bett.
An:
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[email protected]Betreff: Re: Ich bin hier … wo bist du?
Ich bin hier, und es ist toll! Danke, dass du dort bist. Ohne dich und Philippe hätte ich nie den Mut aufgebracht, zu gehen. Wo ich bin, verrate ich dir nicht, aber es ist wunderschön. Ich habe bereits einen Job gefunden und mache, was ich nie zuvor getan habe: Kartoffeln schälen, ans Telefon gehen, Einkaufslisten schreiben, Tee kochen … Du glaubst nicht, wie viel Spaß das macht! Abends bin ich völlig erschöpft, also fasse ich mich kurz: Mir geht es gut, das habe ich auch Grandmère mitgeteilt.
Sie ist nicht so schlimm, wie es scheint, und dass Apollo dich mag, hat sie bestimmt schwer beeindruckt. Obwohl sie es nicht zeigt, liebt sie ihn über alles, er ist ihre einzige Schwäche. Normalerweise kann er niemanden leiden und beißt alle, die ihm zu nahe kommen.
Ich bin froh, dass du dich mit Philippe verstehst. Wie gut genau? Muss ich zwischen den Zeilen lesen? Erzähl mir alles!
Liebe Grüße
Lxxx
Caro schmunzelte, als sie die Mail beim Frühstück las: Wer außer Lotty konnte sich fürs Kartoffelschälen begeistern? Doch dann verging ihr das Lachen. Wie kam sie nur auf die Idee, zwischen ihr und Philippe ginge etwas vor? Sie hatte sich solche Mühe gegeben, klarzustellen, dass sie nur Freunde waren.
Davon hatte sie heute Morgen allerdings wenig gemerkt. Philippe war bereits schlecht gelaunt aufgestanden. Er sollte den Premierminister treffen. Als sie ihm von ihrem Plan, Apollo auszuführen, erzählte, hatte er ihr geraten, auf dem Schlossgelände zu bleiben. Als wäre sie so dumm, den Hund der Königinwitwe in die Stadt zu bringen!
Auch ihr ging es nicht besonders, sie hatte kaum geschlafen. Das war kein Wunder, schließlich hatte Philippe halbnackt neben ihr gelegen. Die ganze Nacht lang hatte sie sich beherrschen müssen, um nicht seine breite muskulöse Brust zu streicheln …
Egal, es half nichts, herumzusitzen und sich selbst zu bemitleiden. Sie beendete ihr Frühstück, das man ihr aus der Palastküche heraufgeschickt hatte – auf der Zunge zergehende Schokobrötchen, Croissants, süße Butter, köstliche Marmelade und eine Kanne Kaffee – und stand auf. Vom Küchenfenster aus warf sie einen Blick in den Palasthof. Hinter einer Absperrung warteten Touristen auf den Einlass zu einer Führung durchs Schloss. Sie unterhielten sich angeregt und fotografierten eifrig.
In Wahrheit gehöre ich zu ihnen, dachte sie. Was sie brauchte waren weder Schloss noch Prinz, sondern ein ganz gewöhnlicher Mann. Das durfte sie nicht vergessen.
Aus langjähriger Gewohnheit trug sie ihr Frühstücksgeschirr zur Spüle