Erfahrung in solchen Dingen als ich.“
„Ehrlich gesagt ist die Situation auch für mich neu.“
Wie sie dort im alten Jackett ihres Vaters stand, inmitten der barocken Pracht, wirkte Caro seltsam fehl am Platz. Dennoch erschienen Philippe die strengen Räume freundlicher, seit sie sich darin befand. Der Sonnenschein, der durch die großen Fenster ins Zimmer fiel, verlieh ihrem Haar einen goldenen Schimmer, ihre dunkelblauen Augen schienen von innen heraus zu strahlen. Sie trat an eines der Fenster und blickte hinaus, das Jackett eng um den Körper gezogen, sodass sich ihre Hüften darunter reizvoll abzeichneten.
An ihr war nichts Besonderes. Auch andere Mädchen hatten lange Beine, schöne blaue Augen, einen zarten Teint und Haar, das sich wie Seide anfühlte, wenn er es durch die Finger gleiten ließ. Doch sie strahlte eine Wärme aus, die anderen fehlte, war lebhafter und zog ihn stärker an.
Dennoch war sie nicht die Sorte Frau, die er bevorzugte. Der Gedanke, er könnte sie jemals begehren, war ihm absurd erschienen – bis zu dem Kuss.
„Ich fasse dich nicht an, solange du mich nicht dazu aufforderst“, versprach er ihr. „Du kannst dich also entspannen.“
„Nichts leichter als das!“ Sie wandte sich zu ihm um. „Ich bin schließlich nur in ein fremdes Land gereist, lebe in einem Schloss und gehe heute Abend mit einem Prinzen ins Bett – das alles ist wirklich kein Grund zur Nervosität!“
Philippe zog die Augenbrauen hoch. „Wir sind bloß Freunde, hast du das vergessen?“
„Stimmt“, gab sie zu, als ihr einfiel, von wem dieser Vorschlag stammte.
„Freunde vertrauen einander.“
„Ja …“
„Dann glaub mir einfach, dass du nichts zu befürchten hast.“
„Du hast recht. Es tut mir leid.“
„Nachdem dieser Punkt geklärt ist, können wir den Rest des Tages planen“, fuhr er abrupt fort. „Blanche hat uns für vier Uhr zu sich bestellt, Ausreden lässt sie nicht gelten. Außerdem muss ich noch den Oberstallmeister aufsuchen. Vorher bleibt uns allerdings noch etwas Zeit. Was würdest du gern unternehmen?“
„Wie wäre es mit zu Mittag essen?“
An:
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[email protected]Betreff: Ich bin hier … wo bist du?
Liebe Lotty,
erzähl mir besser nicht, wo du dich aufhältst – einer Befragung durch deine Großmutter kann ich vermutlich nicht standhalten. Sie jagt mir Angst ein!
Ehe ich ihr vorgestellt wurde, musste ich lernen, einen Hofknicks zu machen. Philippe hat mir eine regelrechte Etikettestunde erteilt. Für dich ist das ja nichts Neues, aber ich war wie erschlagen von allem, was es zu beachten gilt. Ich war schrecklich aufgeregt, Philippe erging es jedoch nicht besser. Auf dem Weg zu ihr (gefühlte fünf Kilometer, das Schloss ist wirklich riesig!) hat er ununterbrochen an seinen Manschetten und am Kragen herumgezupft. Im Anzug sieht er hervorragend aus. Das habe ich ihm natürlich nicht gesagt, weil er selbst nur zu gut weiß, wie attraktiv er ist.
Caro hielt inne und kontrollierte, was sie geschrieben hatte. Hatte sie Philippe zu häufig erwähnt? Lotty sollte keinen falschen Eindruck gewinnen, andererseits konnte sie ihn nicht unerwähnt lassen.
Wir haben Freundschaft miteinander geschlossen. Das erspart uns ein Übermaß an Höflichkeit, wovon bei ihm ohnehin überhaupt keine Rede sein kann: Für die Audienz bei der Königinwitwe habe ich mein bestes Kleid angezogen (das apfelgrüne Nachmittagskleid, das ich letztes Jahr ersteigert habe), und sein Kommentar dazu fiel ausgesprochen flegelhaft aus. Ich habe natürlich mit gleicher Münze zurückgezahlt!
Das klingt schon besser, ungezwungen und natürlich, dachte sie und tippte weiter:
Noch einmal zur Königinwitwe. Gastfreundschaft ist nicht ihre Stärke, oder? Um zu ihr zu gelangen, mussten wir ein Vorzimmer nach dem anderen durchqueren, eines größer als das andere – natürlich ohne eine einzige Tür selbst zu öffnen. Hier gibt es eine ganze Armee von Lakaien, deren einzige Aufgabe darin besteht, Türen aufzureißen. Verrückt! (Oder empfindest du das als normal?)
Nach einer gefühlten Ewigkeit standen wir deiner Großmutter endlich von Angesicht zu Angesicht gegenüber. Das Parkett, das man auf dem Weg von der Tür zu ihrem Schreibtisch überqueren muss, war frisch gebohnert. Ich trug meine rosa Schuhe mit den Pfennigabsätzen, was sich als großer Fehler herausstellte. Der Boden war so glatt, dass ich nur taumelnd vorankam. Schließlich rutschte ich sogar aus und wäre