Der Prinz von Astrilandis
meinen Bruder gefunden?“, sagte sie, indem sie auf die beiden zuging. Doch beide schüttelten nur den Kopf und Laonira sagte: „Wir werden abreisen. Hier können wir nichts mehr tun.“
Die Suche nach Hero musste sie in diesem Land allein seinem Vater überlassen. Entschiedenheit war in ihrer Stimme und Krotos, der ihre beiden Hände hielt, bekräftigte: „Ich werde mit Dir kommen.“ Laonira sah Krotos dankbar an. Sie konnte es selbst noch nicht glauben, aber aus der alten Freundschaft zwischen ihnen war Liebe geworden. Krotos war ein Astrilandier wie Pantheer, doch sein Werben um ihre Gunst war so zart und behutsam gewesen, dass Laonira es am Anfang nur als Höflichkeit angesehen hatte. Erst als er ihr mit einem Goldreif, den er für sie hatte anfertigen lassen, vor ihr kniete und ihr seine Liebe erklärte, empfand auch Laonira, was sie schon lange mit Krotos verband. Diese Übereinstimmung ihrer Herzen war auch Myadne nicht verborgen geblieben und sie war die erste, die ihrer Mutter zu ihrem neuen Gefährten gratulierte. Gleichzeitig warnte sie sie mit den Worten: „Ihr solltet euch vor Pantheer in Acht nehmen. Er wird es nicht verstehen, denn er hofft noch immer, dass Du zu ihm zurückkehrst.“ Laonira nahm ihre Tochter in den Arm: „Mein liebes Kind“, sagte sie, „Pantheer ist Dein Vater und der von Hero, aber mein Herz hat er schon vor vielen Jahren verloren und zwar für immer, die Götter mögen dafür mein Zeuge sein.“
Die letzten beiden Suchtrupps, die Krotos weggeschickt hatte, waren nicht mehr zurückgekehrt, entweder hatten sie sich den plündernden Horden angeschlossen, oder sie waren selbst umgekommen. Pantheer wanderte mit seinen Geparde unruhig im Palast umher, er verbrachte die Tage und Nächte auf seiner Aussichtsplattform und nahm kaum mehr Essen zu sich. Als Hero auch nach zehn Tagen noch nicht gefunden war, und alle Männer, die auf der Suche nach ihm waren, unverrichteter Dinge wieder zurück gekommen waren, zog er sich in seine Gemächer zurück und verließ nicht mehr. Er schickte alle Diener weg und verbrachte die Tage und Nächte auf seinem Lager. Er trank zu viel Wein. Er gab sich selbst die Schuld an Heros Verschwinden. Seit Laonira und Myadne im Palast waren, hatte Pantheer nur noch darüber nachgedacht, wie er Laonira zurückgewinnen konnte. Seinen Sohn hatte er darüber fast vergessen. Er hatte sich nicht mehr um ihn und seine Ausbildung gekümmert, außerdem war er mit dem der Kriegführen so beschäftigt gewesen, dass ihm keine Zeit mehr geblieben war, nach Hero zu sehen. Er vergrub sich in seinen Selbstvorwürfen und war für niemanden mehr ansprechbar.
Das Kristallorakel, das er nach Heros Verschwinden befragte, hatte so hell aufgeleuchtet, dass die Priester vor Schreck vor ihm auf die Knie fielen. Doch der Kiefer des Schädels bewegte sich nicht, kein Ton war zu hören. Die Priester waren ratlos. Pantheer befahl, ein Opfertier zu schlachten und aus den Gedärmen die Prophezeiung zu lesen. Die Priester folgten seiner Aufforderung, und der Hohe Priester verbrachte eine ganze Nacht damit, die Wahrheit herauszulesen. Schließlich trat er wieder vor Pantheer und erklärte ihm, dass es seinem Sohn gut ging. Doch als er wissen wollte, wo er sich aufhielt, sagte der Priester: „Dein Sohn befindet sich auf einer Reise, die ihm Glück und Unglück bringt, aber er wird das finden, wonach er in seinem Herzen sucht.“ Pantheer sprang auf, als er diese Aussage hörte. „Steh auf!“, rief er dem Priester zu. „Diese Prophezeiung ist ein Hohn der Götter. Dass mein Sohn auf eine Reise gegangen ist, weiß ich selbst. Dazu brauche ich kein Orakel.“ Der hohe Priester zitterte am ganzen Leib und verneigte sich vor Pantheer. Er wagte nicht, seinem Herrn in die Augen zu schauen, denn er fürchtete, dass Pantheer seine Lüge durchschaute. Pantheer hatte zu viel Wein getrunken, seine Augen waren blutunterlaufen, als er seine Peitsche nahm und dem Priester mit hoch erhobenem Arm drohte: „Sage mir die Wahrheit, oder du bekommst das Leder zu spüren.“ Der Priester hatte Pantheer noch nie so außer sich gesehen, deshalb sprach er leise: „Verzeiht mir Herr, ich will Euch berichten, was geschehen ist: Macarus, der Tempeldiener hat sich nach der Schlachtung des Schafes die Leber genommen, wie es üblich ist. Doch nachdem der von der Leber gegessen hatte, war er qualvoll gestorben. In seinem Todeskampf hatte er noch geflüstert: „Astrilandis wird die Sonne nicht mehr sehen, die Zeit
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