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Der Prinz von Atrithau

Der Prinz von Atrithau

Titel: Der Prinz von Atrithau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R. Scott Bakker
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Scharlachspitzen unter ihren Analogien kauern fand, fuhr er durch ihren Abwehrzauber wie ein Rasiermesser durch ein Leinentuch, ließ Licht auf sie einhämmern und beobachtete ihr verzweifeltes Zappeln wie das hilflose Flattern eines zwischen Daumen und Zeigefinger steckenden Insekts.
    Er spürte sie durch die Flure hetzen und sich verzweifelt bemühen, eine Verteidigungslinie zu errichten. Und ihm war klar, dass ihre panische Angst die Angst der Schuldigen war. Der gleißende Tod war gekommen, um ihre Sünden zu sühnen.
    Im Schutze seines Abwehrzaubers schwebte Achamian durch die mit Teppichen ausgelegten Zimmer und traf auf einen Trupp Javreh. Ihre verzweifelten Blitze konnten gegen seine Lichtorgie nichts ausrichten. Dann heulten sie auf und fassten sich an die Augen, die auf einmal brennende Kohlen waren. Er glitt an ihnen vorbei und ließ nur Leichen zurück. Dann bemerkte er ein Gefälle in der Struktur des Onta und begriff, dass ihn noch mehr erwartete.
    Er ließ das Gebäude einstürzen.
    Und er lachte und lallte und war berauscht von Zerstörungswut. Als feurige Lichter seinen Abwehrzauber umzitterten, drehte er sich zu den beiden Magiern der Scharlachspitzen um, die ihn attackierten, und stieß tödliche Abstraktionen aus, die ihnen den Garaus machten.
    Er beseitigte ihre dünne anagogische Verteidigung, hob die beiden wie kreischende Puppen aus den Ruinen und ließ sie in die Trümmer krachen.
    Seswatha war frei, schritt über die Pfade der Gegenwart und hatte Zeichen alter Verdammnis dabei.
    Er würde ihnen die Gnosis schon zeigen.
     
     
    Als das erste Zittern durch die Fundamente lief, dachte Iyokus: Ich hätte es wissen müssen.
    Sein nächster Gedanke galt unerklärlicherweise Eleäzaras: Ich hab ihm ja gesagt, dies wird böse Folgen haben.
    Für die Erfüllung seiner Aufgabe hatte Eleäzaras ihm nur sechs Ordensmänner und zweihundertfünfzig Javreh gelassen, die zudem im ganzen Gebäude verstreut waren. Früher hatte er gedacht, das sei mehr als genug, um mit einem Ordensmann der Mandati fertig zu werden, aber nach dem Kampf in der Sareotischen Bibliothek war er sich dessen nicht mehr sicher.
    Wir sind erledigt.
    In seinem langen Leben hatte der Chanv seine Empfindungen so farblos wie seine Haut werden lassen. Was er nun spürte, war eher die Erinnerung an eine Empfindung als die Empfindung selbst – die Erinnerung an Angst nämlich.
    Doch es gab noch Hoffnung, denn die Javreh besaßen mindestens zwölf Chorae. Und er selbst, Heramari Iyokus, war schließlich auch noch da.
    Wie seine Brüder beneidete er die Mandati um die Gnosis, hasste sie jedoch nicht, sondern zollte ihnen Respekt. Und er hatte Verständnis dafür, dass Geheimwissen stolz machte.
    Die Hexenkunst war nur ein großes Labyrinth, und seit tausend Jahren hatten die Scharlachspitzen sie aufgezeichnet, sich immer weiter darin vertieft und Wissen zutage gefördert, das so furchtbar wie katastrophal war. Obwohl sie die ruhmreichen Regionen der Gnosis erst noch entdecken mussten, gab es doch gewisse Zweige und Abzweigungen, die nur sie kartografiert hatten. Iyokus war ein großer Kenner dieser verbotenen Abzweigungen, ein Schüler des Daimos.
    Ein daimotischer Hexenmeister.
    Bei ihren düstersten Besprechungen fragten sie sich manchmal, ob sich die Kriegsformeln des Alten Nordens gegen den Daimos behaupten mochten.
    Schreie drangen durch die Gänge, und die Wände hallten von näher kommenden Explosionen wider. Iyokus, der selbst unter Umständen wie diesen ruhig und berechnend blieb, begriff, dass die Zeit gekommen war, diese Frage zu beantworten.
    Er schlug die herrlichen Teppiche beiseite und malte mit geübtem Strich Kreise auf die Fliesen. Licht floss von seinen farblosen Lippen, während er die Daimotischen Zauberformeln murmelte. Als der Sturm nahte, hatte er sein Lied beendet und wagte es, den Namen des Ciphrang auszusprechen.
    »Ankaryotis! Hör auf mich!«
    Aus der Sicherheit seines Symbolkreises blickte er begeistert in das Lichtermeer des Jenseits – und auf eine sich windende Abscheulichkeit, deren Schuppen wie Messer aussahen und deren Glieder an eiserne Säulen denken ließen.
    »Tut es weh?«, fragte er gegen das Heulen des Scheusals an.
    Was hast du getan, Sterblicher?
    Ankaryotis war eine Furie aus der Tiefe, ein aus der Hölle gerufener Ciphrang.
    »Ich habe dich beschworen!«
    Du bist verdammt! Siehst du nicht, wem du nun auf ewig verfallen bist?
    Einem Dämon.
    »Egal«, rief Iyokus. »Das ist nun mal mein

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