Der Prinz von Atrithau
Anfällen abgesehen, bei denen sie wirres Zeug redeten – allen Mut. Nach vier, fünf Tagen wurde ihre Haut da und dort farblos, wies also auf, was die heilkundigen Priester als Striemen zu bezeichnen pflegten, die Gott ihnen geschlagen habe. Das Fieber erreichte nach einer Woche seinen Höhepunkt, wütete aber noch eine Woche weiter und raubte selbst eisenharten Männern alle Kraft. Nach vierzehn Tagen fiel die Temperatur schließlich – oder die Kranken sanken in einen todesähnlichen Schlaf, aus dem kaum einer erwachte.
Im ganzen Lager richteten die heilkundigen Priester Lazarette für diejenigen ein, die weder Gefolge noch hilfreiche Kameraden hatten. Die überlebenden Priesterinnen von Yatwer, Anangke, Onkis und sogar Gierra wie auch andere Kultdiener der Hundert Götter besuchten einen Bettlägerigen nach dem anderen. Doch so viel Duftholz sie auch verbrannten: Der Geruch von Erbrochenem, Kot und Sterben löste bei den Vorbeigehenden Brechreiz aus. Nirgends schien man delirierendem Geschrei oder hemoplektischem Verwesungsgeruch entgehen zu können. Der Gestank war so stark, dass sich viele Männer des Stoßzahns beim Durchqueren des Lagers mit Urin getränkte Lappen vors Gesicht hielten, wie es bei den Ainoni in Pestzeiten seit langem Brauch war.
Die Pest wurde schlimmer und verschonte niemanden, auch nicht die Führungsschicht. Cumor, Proyas, Chepheramunni und Skaiyelt erkrankten innerhalb von Tagen. Zeitweilig schien es mehr Kranke als Gesunde zu geben. Tempelpriester zogen durch die erbärmlichen Gassen des Lagers, stapften durch den Schlamm von Zelt zu Zelt und suchten Tote. Die Scheiterhaufen brannten pausenlos. In einer furchtbaren Nacht starben dreihundert Inrithi, darunter Imrothus, der Pfalzgraf von Aderot.
Und der elende Regen wurde immer stärker und ließ Zelte, Hanfseile und die Hoffnung verfaulen.
Dann kehrte der Graf von Gaenri zurück und brachte noch eine schlimme Nachricht.
Der stets ungeduldige Athjeäri war schon zu Beginn der Belagerung Caraskands weitergezogen und mit seinen Rittern und ein paar tausend Kurigaldern und Agmundrmännern, die Prinz Saubon ihm anvertraut hatte, durch Enathpaneah gestürmt. Bei nur geringen Verlusten hatte er die alte ceneische Festung Bokae an der Westgrenze des Landes erobert und war weiter nach Süden gezogen, wo er alle ansässigen Granden vernichtete, die gegen ihn in die Schlacht zu ziehen wagten, um alsdann die nördlichen Grenzgebiete von Eumarna zu überfallen, wo seine Ritter fruchtbares Land zu finden hofften.
Eine Zeit lang belagerte er die riesige Festung Misarat, zog sich aber zurück, als ruchbar wurde, Cinganjehoi persönlich habe sich aufgemacht, sie zu entsetzen. Athjeäri wandte sich nach Nordosten, wich dem Tiger durch die zedernbewaldeten Schluchten der Betmulla-Berge aus und kam nach Xerash hinunter, wo er die kleine Armee von Utgarangi, dem dortigen Sapatishah, in die Flucht schlug. Der Sapatishah selbst erwies sich als entgegenkommender Gefangener, und gegen fünfhundert Pferde und wertvolle Informationen setzte Athjeäri ihn unverletzt in seiner alten Hauptstadt Gerotha ab, die der Traktat als Hure von Xerash schmäht. Dann ritt er auf schnellstem Wege zurück nach Caraskand.
Was er dort vorfand, bestürzte ihn.
Er berichtete all den Hohen Herren, die gesund genug waren, dem Rat beizuwohnen, von seiner Reise und kam rasch auf die Informationen zu sprechen, die er von Utgarangi erhalten hatte und denen zufolge der Padirajah selbst, der große Kascamandri also, von Nenciphon her anmarschiert kam, und zwar mit den Überlebenden der Schlacht bei Anwurat, den Granden von Chianadyni (dem Stammland der Kianene), den kriegerischen Männern aus Girgash und den Fanim von Nilnamesh.
In jener Nacht starb Prinz Skaiyelt, und die Thunyeri ließen ihre unheimlichen Klagelieder zum regnerischen Himmel schallen. Am nächsten Tag traf die Nachricht ein, auch Cerjulla – der Graf von Warnute also, der sein Lager vor den Mauern des nahen Joktha errichtet hatte – sei gefallen. Bald darauf hauchte auch Sepherathindor, der Pfalzgraf von Hinnant, sein Leben aus. Und den heilkundigen Priestern zufolge würden Chepheramunni und Proyas ihm bald folgen.
Große Angst befiel die überlebenden Anführer des Heiligen Kriegs: Caraskand wollte sich nicht beugen, die Pest brachte Elend und Tod, und der Padirajah selbst marschierte ihnen mit einem neuen heidnischen Heer entgegen.
Sie waren fern der Heimat, in Feindesland und unter bösen Menschen, und Gott
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