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Der Prinz von Atrithau

Der Prinz von Atrithau

Titel: Der Prinz von Atrithau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R. Scott Bakker
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Kaiserreichs.«
    Erneut musterte Conphas seinen Untergebenen, um nicht so sehr seine Bemerkung als ihn selbst zu entschlüsseln. Seit dem Debakel mit Prinz Kellhus ertappte er sich ständig dabei, den General des Verrats zu verdächtigen. Er nahm Martemus das, was in Shigek geschehen war, übel, hatte aber seltsamerweise nichts gegen seine Gesellschaft.
    »Das Kaiserreich und der Heilige Krieg haben den gleichen Weg, Martemus.« Bald aber, dachte er plötzlich, trennen sich ihre Wege. Das würde tragisch werden.
    Erst Caraskand, dann Prinz Kellhus. Der Heilige Krieg muss warten. Alles musste seine Ordnung haben.
    Martemus hatte nicht mit der Wimper gezuckt. »Und wenn…«
    »Komm«, unterbrach ihn Conphas. »Es ist Zeit, die Löwen zu reizen.«
    Er hatte die Dienerschaft, die seit der Wüste gezwungenermaßen aus Soldaten bestand, die die Arbeit von Sklaven verrichteten, angewiesen, den Adel der Inrithi in eine Reithalle neben den Ställen zu führen. Conphas und Martemus sahen die gut fünfzig Besucher im unwirklichen Halbdunkel verstreut stehen. Sie wärmten sich an der orangefarbenen Glut der Kohlenbecken, murmelten mit den gedämpften Stimmen durchnässter Männer und merkten einen Moment lang nicht, dass ihre Gastgeber gekommen waren. Conphas stand reglos im Eingang und musterte sie von den Augen, die im grauen Licht wüstenhell wirkten, bis zum Stroh an ihren nassen Stiefeln.
    Wie viel, fragte er sich gedankenverloren, würde der Padirajah wohl für die hier versammelten Männer bezahlen?
    Die Besucher bemerkten Conphas allmählich und verstummten.
    »Wo ist der Anasûrimbor?«, rief Pfalzgraf Gaidekki und blickte so scharf und zynisch drein wie stets.
    Conphas lächelte. »Der ist anwesend, Pfalzgraf – zwar nicht in persona, aber als Grund unseres Treffens.«
    »Es fehlt ja nicht nur Prinz Kellhus«, begann Graf Gothyelk, »es fehlen auch Saubon und Athjeäri. Proyas ist natürlich krank, aber ich sehe auch keinen von Kellhus’ Parteigängern.«
    »Ein glücklicher Zufall – dessen bin ich mir sicher.«
    »Ich dachte, es geht um Caraskand«, sagte Pfalzgraf Uranyanka.
    »Aber natürlich! Caraskand leistet Widerstand. Wir sind hier, um nach dem Warum zu fragen.«
    »Warum also der Widerstand?«, fragte Gotian verächtlich.
    Nicht zum ersten Mal merkte Conphas, dass sie ihn fast alle ablehnten. Menschen hassen nun mal die, die in der Hierarchie über ihnen stehen.
    Er öffnete die Arme und trat in ihre Mitte. »Warum?«, rief er und sah sie herausfordernd an. »Das ist die Frage, oder? Warum hört der Regen nicht auf, der unsere Füße, Zelte und Herzen faulen lässt? Warum wütet die Hemoplexie wahllos unter uns?« Er lachte, als wäre er erstaunt. »Und all das, nachdem wir die Wüste durchquert haben! Als wäre die Carathay nicht schrecklich genug gewesen! Also warum? Müssen wir erst den alten Cumor bitten, sein Handbuch der Omen zu befragen?«
    »Nein«, sagte Gotian entschlossen. »Es ist ganz klar: Wir haben Gottes Zorn erregt.«
    Conphas lächelte innerlich. Sarcellus hatte ihm versichert, der so genannte Kriegerprophet werde binnen weniger Tage sterben. Aber ob er nun Erfolg haben würde (was Conphas bezweifelte) oder nicht: Sie brauchten nach dem Mordversuch auf jeden Fall Verbündete. Keiner wusste genau, wie viele Zaudunyani Prinz Kellhus befehligte, doch ihre Zahl dürfte in die Zehntausende gehen. Je mehr die Männer des Stoßzahns litten, desto mehr schienen sie sich diesem Kriegerpropheten zuzuwenden.
    Andererseits aber hieß es doch, kein Hund liebe sein Herrchen so sehr wie ein geprügelter Hund.
    Conphas musterte den versammelten Adel zornig und hielt in bester rhetorischer Manier inne. »Wer könnte dem widersprechen? In der Tat haben wir Gottes Zorn erregt. Und das ist kein Wunder…«
    Er ließ den Blick über sie schweifen.
    »… denn wir beherbergen und unterstützen einen falschen Propheten.«
    Die Männer brachen in Geschrei aus, das eher Protest als Zustimmung ausdrückte, doch Conphas hatte nichts anderes erwartet. Jetzt war es wichtig, diese Narren zum Reden zu bringen. Ihr Fanatismus würde für den Rest sorgen.

21. Kapitel
     
    CARASKAND
     
     
     
    Und wir werden sie alle erschlagen und den Kindern Eännas übergeben. Ihr werdet ihren Pferden die Kniesehnen durchschneiden und ihre Streitwagen verbrennen. Im Blut der Bösen werdet ihr waten.
     
    Die Chronik des Stoßzahns: Stämme, Kap. 21, Vers 13
     
     
     
    CARASKAND, WINTER 4111
     
    Coithus Saubon sprang durch den

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