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Der Prinz von Atrithau

Der Prinz von Atrithau

Titel: Der Prinz von Atrithau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R. Scott Bakker
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und in die kaiserlichen Katakomben gebracht. Offenbar hatte man im Gefolge des Xerius einen Kundschafter entdeckt, und der Kaiser war nun überzeugt, es sei Hexerei im Spiel. Aber es gab keinen Hinweis auf Hexerei, und der Mann, den sie mir zeigten, war kein gewöhnlicher Kundschafter…«
    »Inwiefern?«
    »Erstens nannte er mich Chigra, was auf Aghurzoi – also in der verdrehten Sprache der Sranc – der Name Seswathas ist. Irgendwie konnte er die Spur von Seswatha in mir sehen… Zweitens war er…« Achamian schürzte die Lippen und schüttelte den Kopf. »Er hatte kein Gesicht. Er war ein wahres Scheusal, Kellhus! Ein Kundschafter, der das Aussehen eines jeden annehmen kann, ohne Hexerei anwenden und das Hexenmal tragen zu müssen. Der perfekte Kundschafter!
    Die Rathgeber haben den Obersten Berater des Kaisers irgendwie und irgendwo ermordet und ersetzt. Diese seltsamen Wesen können überall sein! Inmitten des Heiligen Kriegs genau wie an den Höfen der Großen Gruppen… Nach allem, was wir wissen, können sie sogar Könige sein!«
    Oder Tempelvorsteher…
    »Aber warum macht mich das zum Vorboten?«
    »Weil es bedeutet, dass die Rathgeber sich des Alten Wissens haben bemächtigen können. Die Sranc, die Bashrags, die Drachen und all die Scheusale der Inchoroi sind Produkte der Tekne, des Alten Wissens, und wurden vor langer Zeit erschaffen, als noch die Nichtmenschen in Eärwa herrschten. Dieses Alte Wissen galt als untergegangen, als die Inchoroi von Cu’jara-Cinmoi vernichtet wurden, zu einem Zeitpunkt also, da das Buch des Stoßzahns noch nicht mal geschrieben war, Kellhus! Doch diese Hautkundschafter sind neu. Neue Schöpfungen des Alten Wissens. Und wenn die Rathgeber das Alte Wissen wieder entdeckt haben, wissen sie womöglich auch, wie sie Mog-Pharau auferstehen lassen können…«
    Dieser Name raubte ihm den Atem wie ein Schlag auf die Brust.
    »Den Nicht-Gott«, sagte Kellhus.
    Achamian nickte und schluckte, als täte ihm die Kehle weh. »Ja, den Nicht-Gott…«
    »Und da nun ein Anasûrimbor zurückgekehrt ist…«
    »… ist diese Möglichkeit fast zur Gewissheit geworden.«
    Kellhus musterte ihn einen Moment lang ernst, und seine Miene war völlig unergründlich. »Was wirst du also tun?«
    »Ich habe den Auftrag«, sagte Achamian, »den Heiligen Krieg zu beobachten. Doch ich muss eine Entscheidung treffen – eine Entscheidung, die mich in jedem wachen Moment verzehrt.«
    »Nämlich?«
    Achamian versuchte mit aller Macht, dem Blick seines Schülers zu widerstehen, doch der schien etwas Unvergleichliches, etwas Furchterregendes sogar in den Augen zu haben. »Ich habe ihnen nicht von dir erzählt, Kellhus. Ich habe meinen Ordensbrüdern nicht berichtet, dass die Prophezeiung des Celmomas sich erfüllt hat. Und solange ich ihnen das nicht erzähle, betrüge ich nicht nur sie, sondern auch Seswatha, mich…« – er lachte erneut seltsam in sich hinein – »… und vielleicht sogar die Welt.«
    »Aber warum?«, fragte Kellhus. »Warum hast du ihnen das nicht erzählt?«
    Achamian atmete tief ein. »Weil sie dir dann ans Leder wollen, Kellhus.«
    »Vielleicht sollten sie das mal versuchen.«
    »Du kennst meine Ordensbrüder nicht.«
     
     
    Cnaiür von Skiötha kauerte nackt im nächtlichen Dunkel des Zelts, das er mit Kellhus teilte, musterte Serwës schlafende Züge und schob ihr mit der Spitze seines Messers die Locken aus dem Gesicht. Dann legte er das Messer beiseite und strich ihr mit zwei schwieligen Fingern über die Wange. Sie zuckte seufzend und kuschelte sich tiefer in ihre Decke. Wie schön sie war! Und wie sehr sie seiner vergessenen Frau ähnelte!
    Cnaiür beobachtete sie reglos und lauschte dabei nach draußen, wo er Kellhus und den Hexenmeister Unsinn reden hörte.
    Es schien ein Wunder: Er hatte nicht nur das Kaiserreich durchquert, sondern auch Xerius vor die Füße gespuckt und Ikurei Conphas vor seinesgleichen erniedrigt und dennoch Rechte und Privilegien eines Prinzen der Inrithi erhalten. Nun ritt er als General im größten Heer, das er je zu Gesicht bekommen hatte – einem Heer, das Städte zerstören, Länder vernichten und ganze Völker ausrotten konnte. Einem Heer, das die Geschichtssänger einst rühmen würden.
    Und dieses Heer wollte Shimeh erstürmen, die Hochburg der Cishaurim!
    Und Anasûrimbor Moënghus war einer dieser Cishaurim.
    So wahnhaft ehrgeizig der Plan des Dûnyain auch war: Er schien zu funktionieren. In seinen Träumen war Cnaiür Moënghus stets

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