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Der Prinz von Atrithau

Der Prinz von Atrithau

Titel: Der Prinz von Atrithau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R. Scott Bakker
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Kellhus.
    »Natürlich«, gab Cnaiür zurück und zog sich die Hose an. »Den Tag verfluche ich in jedem wachen Augenblick.«
    »Der Hexenstein, den du mir damals zugeworfen hast…«
    »Du meinst das Chorum meines Vaters?«
    »Ja. Hast du es noch?«
    Cnaiür musterte ihn durch die Dunkelheit. »Das weißt du doch.«
    »Und woher soll ich das wissen?«
    »Du weißt es eben.«
    Cnaiür zog sich schweigend an, während Kellhus Serwë weckte.
    »Und die Hörner?«, beschwerte sie sich und zog sich die Decke übers Gesicht. »Ich hab die Hörner gar nicht gehört…«
    Cnaiür lachte unvermittelt, tief und aus voller Kehle.
    »Eine gefährliche Arbeit«, sagte er auf Scheyisch.
    »Wovon sprichst du?«, fragte Kellhus Serwë zuliebe, denn er wusste ja, was Cnaiür meinte. Er wusste es immer.
    »Hexenmeister zu töten.«
    Bei diesen Worten erklangen die Hörner.
     
     
    AUF DEN ANDIAMIN-HÖHEN, FRÜHSOMMER 4111
     
    Xerius erhob sich aus dem Bad und stieg die Marmorstufen hinauf zu den Sklaven, die ihn mit Handtüchern und Duftölen erwarteten. Erstmals seit Tagen fühlte er sich inspiriert und spürte Harmonie und das segensreiche Walten ihm gewogener Götter… Als seine Mutter aus einer dunklen Nische hervortrat, blickte der Kaiser leicht überrascht auf.
    »Sag, Mutter«, begann er, ohne ihre extravagante Erscheinung auch nur eines Blickes zu würdigen, »ist es bloßer Zufall, dass du mir stets im unpassendsten Moment begegnest? Oder hast du auch dieses Treffen abgepasst?«, fuhr er fort, während die Sklaven ihn behutsam trockenrieben.
    Die Kaiserinmutter senkte den Kopf ein wenig, als wäre sie der Tempelvorsteher und dürfte ihrem Sohn mithin von Gleich zu Gleich begegnen. »Ich hab dir ein Geschenk gebracht, Xerius«, sagte sie und deutete auf das dunkelhaarige Mädchen an ihrer Seite. Mit Schwung öffnete ihr Eunuch, der Hüne Pisulathas, den Bademantel des Mädchens und zog ihn weg. Ihre Haut war so weiß wie die der Leute aus Galeoth – und sie war nackt wie der Kaiser und beinahe so prächtig wie er.
    Die Geschenke seiner Mutter zeigten stets aufs Neue, dass Gaben von Menschen, die nicht zu Tributzahlungen verpflichtet waren, grundsätzlich als tückisch zu gelten hatten, denn es handelte sich dabei gar nicht um Geschenke, sondern um Aufforderungen zu Gegengaben.
    Xerius konnte sich nicht erinnern, wann Istriya begonnen hatte, ihm diese Frauen und Männer zuzuführen, die doch nichts anderes als kümmerlicher Ersatz waren. Seine Mutter hatte das unfehlbare Auge einer Hure – das musste er ihr lassen. Sie wusste genau, was ihm gefiel. »Du bist ein korruptes Luder, Mutter«, sagte er und musterte das erschrockene Mädchen dabei bewundernd. »Hat sich je ein Sohn so glücklich schätzen können wie ich?«
    Istriya aber sagte nur: »Skeaös ist tot.«
    Xerius sah sie kurz an und wandte seine Aufmerksamkeit dann den Sklaven zu, die begonnen hatten, ihn mit Öl einzureihen. »Etwas ist tot«, antwortete er und konnte nur mühsam ein Schaudern unterdrücken. »Wir wissen allerdings nicht, was.«
    »Und warum habe ich nichts davon erfahren?«
    »Ich wusste, dass du es früh genug mitbekommen würdest.« Er setzte sich auf den Stuhl, der ihm hingeschoben wurde, und seine Leibsklaven ölten ihm die Haare ein und feilten ihm die Nägel. »Wie immer«, fügte er hinzu.
    »Die Cishaurim«, sagte Istriya nach einer Pause.
    »Natürlich.«
    »Dann wissen sie Bescheid. Dann kennen sie deine Pläne.«
    »Das ist nicht wichtig. Die haben sie schon früher gekannt.«
    »Bist du wirklich derart auf den Hund gekommen, Xerius? Ich dachte, jetzt wärst du endlich bereit, diese Sache noch mal zu überdenken.«
    »Welche Sache denn, Mutter?«
    »Den wahnsinnigen Pakt natürlich, den du mit den Heiden geschlossen hast!«
    »Schweig!« Xerius warf dem Mädchen einen ängstlichen Blick zu, doch sie verstand offensichtlich kein Wort Scheyisch. »Das darf nicht ausgesprochen werden. Nie wieder. Verstanden?«
    »Aber bedenke doch, Xerius, dass die Cishaurim all die Jahre in deiner unmittelbaren Nähe waren – in Gestalt von Skeaös, dem einzigen Vertrauten des Kaisers! Diese Schlange hat dir über Jahre hinweg keine Ratschläge, sondern Gift in die Ohren geträufelt. Über viele Jahre hinweg, Xerius! Und du hast diesem Widerling all deine Ambitionen anvertraut!«
    Xerius hatte in den letzten Tagen an kaum etwas anderes denken können. Nachts träumte er von Gesichtern, die sich plötzlich wie Fäuste öffneten. Und von Gaenkelti, der

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