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Der Prinz von Atrithau

Der Prinz von Atrithau

Titel: Der Prinz von Atrithau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R. Scott Bakker
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um, sah ihn aber nur noch durch eine Tür im Mittelgrund verschwinden. Ein Ritter aus Galeoth, den er nicht kannte, spießte seinen Gegner regelrecht auf.
    Ganz in der Nähe hieb Saubon auf zwei Kianene ein, wobei er das Schwert wie ein Rohr schwang und dazu wilde Flüche ausstieß. Er hatte den Helm verloren, und Blut verfilzte sein struppiges blondes Haar. Cnaiür stürmte an seine Seite. Mit dem ersten Hieb zertrümmerte er den runden, gelbschwarzen Schild des nächsten Wächters. Der Heide rutschte auf Blut aus, und als seine Arme sich reflexartig öffneten, stach Cnaiür zu.
    »Zieht das Tor hoch!«, rief Saubon.
    Rotgesichtige Galeoth drängten durch die Tür. Mehrere stürzten sich auf den hölzernen Flaschenzug. Das Knirschen von Ketten, die über Steine schrammten, übertönte ihr aufgeregtes Murmeln.
    Saubons Offiziere und Lehnsmänner hatten sich um ihn gesammelt. »Hortha, feuere das Signal ab! Meärji, stürm den zweiten Turm!
    Du musst ihn einnehmen und deine Vorfahren stolz machen!« Seine leuchtenden blauen Augen fanden Cnaiür, und sein Anblick hatte etwas Majestätisches und strahlte eine väterliche Zuversicht aus, die den Scylvendi frösteln ließ. Coithus Saubon war innerlich schon König, und er gehörte zu Kellhus.
    »Sorg dafür, dass das Fallgitter oben bleibt«, sagte der Prinz von Galeoth. »Nimm so viele Männer mit, wie du brauchst.« Er ließ den Blick über seine Leute schweifen. »Caraskand fällt, Brüder! Bei Gott, Caraskand fällt!«
    Jubel hallte durch den Raum. »Sieg oder Tod!«, riefen die Männer.
    Cnaiür schob sich durch einen schmalen Gang und gelangte dorthin, wo das Fallgitter auf seinen Einsatz wartete. Die Dunkelheit war so groß, dass seine Augen etwas Zeit brauchten, um sich daran zu gewöhnen. In einiger Entfernung flackerte eine einzelne Kerze. Er hörte, wie sich das Tor quietschend nach oben bewegte, konnte die feuchte Kälte riechen, die von draußen hereindrang, und spürte einen Luftzug von den Füßen aufwärts streichen. Nun erst merkte er, dass er auf einem großen Gitter über dem Durchgang zwischen beiden Türmen stand. Gegenstände und Oberflächen traten aus dem Dunkel hervor: an den Wänden gestapeltes Holz; Reihen von Amphoren, in denen sich zweifellos Öl befand, das durch das Gitter geschüttet werden sollte; zwei kniehohe Öfen mit Anmachholz, die mit Blasebalgen ausgestattet waren und in deren Eisentöpfen das Öl zum Kochen hätte gebracht werden sollen.
    Dann sah er den Jüngling, den er vorhin entwaffnet hatte, an der gegenüberliegenden Wand kauern. Seine braunen Augen waren groß wie Silbertalente. Cnaiür konnte den Blick kaum abwenden. Schreie und Rufe hallten durch unsichtbare Flure.
    »Pouäda t’fada«, schluchzte der Junge. »Osmah! Pipiri osmah!«
    Cnaiür schluckte.
    Ein Lehnsmann der Galeoth, den er nicht kannte und der aus dem Nichts gekommen schien, stürmte mit gezücktem Schwert an ihm vorbei auf den Jungen zu. In diesem Moment schimmerte aus dem Durchgang Licht herauf, und durch das Gitter unter seinen Füßen sah Cnaiür einen Trupp Fackeln tragender Galeoth rennen. Er blickte auf und sah den Lehnsmann sein Schwert schwingen. Der Junge hatte schützend die Hände gehoben und schrie.
    Unten knallten Türen auf. Jubel drang herauf, dann ein Schwall kalter Luft und Fackelschein. Die ersten von vielen tausend Soldaten, die Saubon auf den zerklüfteten Hängen unterhalb des Tors verborgen hatte, kamen in die Stadt gerannt. Der Lehnsmann hieb auf den Jungen ein – einmal, zweimal.
    Das Schreien des Jungen verstummte.
    Der Lehnsmann beobachtete verwundert das Spektakel unter ihm, warf Cnaiür einen kurzen Blick zu und grinste.
    »Wahrheit leuchtet!«, rief er dann. »Wahrheit leuchtet!«
    Seine Augen gierten nach Ruhm.
    Ohne nachzudenken, ließ Cnaiür sein Schwert fallen, packte ihn und riss ihn fast von den Füßen. Sie kämpften nur kurz. Dann stieß Cnaiür ihm die Stirn ins Gesicht. Dem Lehnsmann fiel das Breitschwert aus den tauben Fingern, und sein Kopf kippte in den Nacken. Der Scylvendi verpasste ihm einen weiteren Kopfstoß und hörte Zähne brechen. Jubel schallte durchs Eisengitter herauf. Jede im Laufschritt getragene Fackel ließ ein Schattengitter über sie gleiten. Wieder stieß Cnaiür mit dem Kopf zu, bis der Mann bewusstlos zu Boden sank.
    Der Scylvendi stand mit wogender Brust da, und Blut floss über seine Rüstung.
    Ja, der Irrsinn lichtete sich.
    Hörner klangen durch die große Stadt. Kriegshörner.
    An diesem

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