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Der Prinz von Atrithau

Der Prinz von Atrithau

Titel: Der Prinz von Atrithau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R. Scott Bakker
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gefliesten Böden, ihre heiseren Rufe hallten durch luftige Kuppeln, und wenn sie den marmornen Harem eines toten Granden betraten, schoben sie ihr Schwert in die Scheide und nestelten an ihrer Hose herum.
    Kaum waren die Türen der großen Gotteshäuser eingeschlagen, wateten die Männer des Stoßzahns durch die knienden Fanim und hieben so lange mit Schwertern und Knüppeln auf sie ein, bis der geflieste Boden über und über mit Toten und Sterbenden bedeckt war. Sie traten die Türen der angrenzenden Gebäude ein, gelangten in dämmrige, mit Teppichen ausgelegte Räume und begegneten weichen Kontrasten und seltsamen Düften. Licht sickerte durch winzige Fenster aus Buntglas. Anfangs fürchteten sie sich. Sie waren in den Höhlen der Ungläubigen, wo die schrecklichen Cishaurim an ihren Abscheulichkeiten arbeiteten. Sie gingen leise und wie von ihrer Angst betäubt herum, doch schließlich holte sie der draußen tobende Exzess ein. Irgendwer schubste ein Buch von einem Elfenbeinpult, und als nichts geschah, löste sich das ungute Gefühl in Luft auf, und an seine Stelle rückte die plötzliche Wut der Gerechten. Sie plünderten lachend das Allerheiligste des falschen Propheten und riefen dabei die Namen all ihrer Götter und natürlich den des Inri Sejenus. Sie folterten Priester der Fanim, um ihre Geheimnisse zu erfahren, und ließen herrliche, auf vielen Säulen errichtete Gotteshäuser in Flammen aufgehen.
    Die Männer des Stoßzahns warfen Leichen von den Dächern, durchwühlten die Taschen der Toten, nahmen ihnen die Ringe oder hackten ihnen kurzerhand die grauen Finger ab, um Zeit zu sparen. Die Inrithi waren wie mordtrunkene Bestien. Von Gottes Zorn getrieben, töteten sie alles, was ihnen in der Stadt begegnete – Männer und Frauen, Jung und Alt, aber auch Ochsen, Schafe und Esel.
    Gottes Zorn war lodernd über Caraskand gekommen.
     
     
    Die Bewölkung riss auf, und die Stadt lag in einem gleißenden, aber kalten Licht, während am Horizont dunkle Wolken standen. Mit ausgestreckten Flügeln trieb der Alte Name im warmen Westwind. Caraskand mit seinen vielen Flachdachbauten, die sich die Hügel hinaufzogen und deren Ziegelwirrnis bis in die Ferne reichte und nur da und dort große Marktplätze freiließ oder sich zu Monumentalbauten verdichtete, schien orientierungslos unter ihm zu treiben.
    Im Osten brannten Feuer und verwehrten den Blick auf die weiter entfernten Viertel. Der Alte Name schwebte um gewaltige Rauchwolken.
    Er sah Leute auf den Dachgärten der Kaufmannsgegend stehen und ungläubig schreien, er sah Horden bewaffneter Inrithi durch leere Straßen streifen und sich in Gebäuden verteilen, und er sah erste überkuppelte Gotteshäuser brennen. Von weitem sahen sie aus wie verkehrt herum in die Glut gestellte Schüsseln. Er sah Reiter über Marktplätze galoppieren und Fußsoldaten breite Straßen freikämpfen und auf die bläulichen Mauern der Zitadelle des Hundes zumarschieren, die im Dunst lagen.
    Und er sah den Mann, der sich einen Dûnyain nannte, pfeilschnell über morsche Dächer fliehen, während Gaörta und die anderen ihm wild nachsetzten. Er sah Kellhus mit einer Pirouette in eine zweite Etage hinaufspringen, lossprinten und mit einem riesigen Satz aufs Dach des benachbarten Hauses setzen, wo er inmitten von Fußsoldaten der Kianene landete und blitzschnell vier seiner Gegner tötete, ehe er weiterhetzte. Die Soldaten hatten kaum ihre Schwerter gezogen, da fielen Gaörta und seine Brüder schon über sie her.
    Was war das für ein Mann? Und wer waren die Dûnyain?
    Diese Fragen verlangten nach Antwort. Laut Gaörta verfügte Kellhus über Zigtausende von Zaudunyani, seinen Stamm der Wahrheit. Gaörta hatte nachdrücklich darauf hingewiesen, es werde nur noch wenige Wochen dauern, bis der gesamte Heilige Krieg sich dem Dûnyain beuge. Doch die Fragen, die das aufwarf, wurden durch die Gefahren noch übertroffen. Nichts durfte die Mission des Heiligen Kriegs beeinträchtigen. Shimeh musste eingenommen, die Cishaurim mussten zerstört werden!
    Trotz aller Fragen war die Existenz des Dûnyain nicht länger hinnehmbar. Er musste sterben, und zwar aus Gründen, die über ihren Krieg gegen die Cishaurim hinausgingen. Beunruhigender als seine übernatürlichen Fähigkeiten und seine langsame Eroberung des Heiligen Kriegs war der Name dieses Mannes: Ein Anasûrimbor war zurückgekehrt! Und obwohl Golgotterath die Mandati und ihr Geplapper über die Prophezeiungen des Celmomas lange verspottet

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