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Der Prinzessinnenmörder

Der Prinzessinnenmörder

Titel: Der Prinzessinnenmörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Föhr
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den Becher. Sie wärmte sich die Hände daran, nahm einen kleinen Schluck und steckte den Becher zwischen ihre Beine.
    »Ich hätte das alles nicht mitmachen sollen. Ich hatte immer ein komisches Gefühl.«
    »Bei Pias Freund?«
    Conny blies auf ihren Kakao. »Ich glaube, er war in irgendeiner Sekte. Und deswegen durfte sie nichts sagen.«
    »Hatten Sie den Eindruck, Pia war ihrem Freund … hörig? Dass er sie ausnutzte?«
    »Was meinen Sie?«
    »Dass er Dinge von ihr verlangte, die nicht richtig waren. Sexuelle Dinge. Oder Geld. Oder dass sie Dinge für ihn tun musste, die sie normalerweise nicht getan hätte.«
    »Nein. Den Eindruck machte sie nicht. Sie hat auch nie von so was erzählt.«
    »Was hat sie denn erzählt?«
    »Sie war …«, Conny Polcke stockte, schien noch einmal über das nachzudenken, was sie sagen wollte, als traue sie ihren eigenen Worten nicht. »Sie war unglaublich glücklich mit ihm. Sie haben zusammen Liebesgedichte geschrieben. Sie hat gesagt, sie wären sich in einem früheren Leben schon einmal begegnet. Er sei der Sohn eines Maharadschas gewesen und sie die Tochter eines Bauern. Sie hätten sich aber trotzdem ineinander verliebt. Aber da wäre dann der Maharadscha dahintergekommen, und der hätte seinen Sohn in den Krieg geschickt. Und da ist er dann umgekommen.«
    »Hat sie das ernsthaft geglaubt?«
    »Ja, da war sie absolut überzeugt von. Wenn ich gesagt hab: Hey, denk doch mal nach, das ist doch alles Quatsch, was der dir erzählt. Da ist sie richtig wütend geworden.«
    Conny Polcke trank den Rest ihres Kakaos, zerknüllte den Becher und warf ihn in den Papierkorb, der neben ihr stand. Sie sah Wallner an und kaute auf ihrer Unterlippe.
    »Ich hab Pia oft beneidet. Die Sache mit ihrem Freund, das … das war ein total romantisches Abenteuer. Ich hätte das auch gern gehabt. Manchmal. Einfach nur einen Mann toll finden und mit ihm eins sein.« Sie schluckte. »Hat er sie umgebracht?«
    »Was glauben Sie?«
    Conny Polcke zuckte mit den Schultern. »Diese ganze Heimlichtuerei … mit so einem Typen stimmt doch was nicht.« Sie sah in den Papierkorb, in den sie gerade den Pappbecher befördert hatte. »Ich hätte den ganzen Quatsch nie mitmachen dürfen. Dann wäre sie vielleicht noch am Leben.«
    »Sie hätten nichts ändern können. Bleiben Sie die Nacht noch im Krankenhaus?«
    »Meine Mutter muss arbeiten. Wenn sie fertig ist, ist es zu spät, um mich abzuholen.«

[home]
    10 . Kapitel
    D as Kakadu war eine Kneipe mit holzbetonter Einrichtung, Musik aus den siebziger Jahren bis in die Gegenwart und einem Publikum, das von jung bis über fünfzig mit Ohrring und selbstgedrehten Zigaretten reichte. Kurgäste und Arztkinder in Kaschmirpullovern sah man hier hingegen nicht.
     
    Wallner parkte den Wagen auf der gegenüberliegenden Straßenseite. Der Wind hatte mittlerweile auf West gedreht, und es hatte angefangen zu regnen. Wallner starrte in die Nacht hinaus. Auf den Scheibenwischer, der in halber Höhe stehen geblieben war. Auf die Scheibe, die von tausend kleinen Wassertropfen besprenkelt wurde. Heute Morgen noch hatte die Sonne den nackten Leichnam des Mädchens auf dem zugefrorenen See beschienen. Wallner fiel das Seelenlichtlein ein, das ihn vermeintlich genarrt hatte, aber doch wirklich gewesen war. Eine Windbö warf einen Wasserschwall auf die Windschutzscheibe. Es wurde schnell feucht und klamm, wenn die Wagenheizung aus war. Doch wenn er jetzt ausstieg, würde er noch mehr frieren. Wallner wusste nicht, woher diese Kälte in seinem Körper kam. Aber sie war da. Immer schon. Fast immer schon. Hin und wieder hatte Wallner das Gefühl, die Kälte habe mit dem Tod seiner Mutter zu tun, verwarf diesen Gedanken aber jedes Mal wieder, weil er ihm gar zu einfältig vorkam. Wallner sah zum Kakadu hinüber. Er verspürte Lust auf ein Bier.
     
    Als Wallner vor der Eingangstür der Kneipe stand, war seine Brille nass. Er nahm sie ab und ging hinein. Im Inneren empfing ihn feuchtwarmer Dunst, vermischt mit Zigarettenrauch. Normalerweise wäre seine Brille jetzt beschlagen. Aber es war zu warm draußen. Wallner zog ein Papiertaschentuch aus seiner Daunenjacke und trocknete die regennassen Gläser. Dann sah er sich um und entdeckte ein Fenster, das gekippt war. Die Nähe dieses Fensters galt es unter allen Umständen zu meiden. Es war Montag, das Lokal nur mäßig besucht. Hinter der Bar sah er Conny Polckes Mutter Melanie. Sie unterhielt sich mit einem grauhaarigen Mann mit Ohrring und

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